Ohne Titel Teil7

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Amelie hatte ein ganz komisches Gefühl, als sie heute das Unigelände betrat.

Irgendwie war sie aufgeregt! Aber warum? Sie hatte keine Ahnung! Es war eine freudige Aufgeregtheit, die sie wirklich erst erfasste, als sie das Gelände mit einem Fuß betreten hatte.

Erst dachte sie, sie würde wieder beobachtet werden. Aber heute war dem nicht so. Dennoch...es war wirklich seltsam.

Sie ging zu ihrem Schließfach und holte die Bücher heraus, die sie zur nächsten Vorlesung benötigte. Sie schloss die Tür, drehte sich um und stieß beinahe mit einem riesigen Kerl zusammen, der genau hinter ihr stand.

Und genau jetzt verstärkte sich das Gefühl.

„Entschuldigung!", murmelte sie und senkte ihren Kopf.

„Nichts passiert!", erwiderte er und ging weiter.

Amelie sah ihn nachdenklich hinterher.

Sie hatte den Kerl noch nie hier gesehen. Trotzdem kam es ihr so vor, als ob sie ihn schon kennen würde. Sie schüttelte kurz den Kopf und nahm ihre Tasche wieder auf. Schnell stopfte sie die Bücher hinein und ging dann zur Cafeteria, um sich einen Kaffee zu kaufen. Sie brauchte das Koffein am Morgen, denn auch wenn sie es ihr nie sagen würde, ihre Mum machte einen schrecklichen Kaffee. Das lag aber auch daran, dass sie ihn nie probieren konnte. Ava schnüffelte nur immer das Aroma ein und schloss verzückt die Augen. Ihr Dad lachte dann immer, denn ihm war Kaffee gänzlich unbekannt. Als er noch ein Mensch war, gab es noch keinen Kaffee in seinem Heimatland.

Amelie bezahlte den Kaffee und ging dann in den Hörsaal.

Eine Anatomiestunde stand an.

Amelie liebte sie, denn sie hatte durch Flynn schon sehr viel über die Anatomie des Menschen gelernt. Also brauchte sie am frühen Morgen nicht zu sehr aufpassen und konnte ihren Gedanken nachhängen.

Sie setzte sich in eine der hinteren Reihen, öffnete ihren Laptop und nahm einen Schluck des Kaffees. Gut, er schmeckte auch nicht gerade toll, aber immerhin besser als das Zeugs, dass sie von ihrer Mutter bekam.

Sie wollte sich gerade auf den Professor konzentrieren, als sie wieder das komische Gefühl überkam. Unauffällig blickte sie sich um.

Da saß er wieder. Einige Reihen hinter ihr. Aber im Gegensatz zu den anderen Studenten hörte er nicht dem Professor zu. Er starrte sie an.

Amelie wandte sich wieder ihrem Laptop zu und stellte unauffällig ihre Kamera so ein, dass sie ihn beobachten konnte.

Er war groß. Sehr groß! Ihr Dad war schon riesig, aber der Kerl überragte ihn noch. Amelie schluckte leicht. Er sah sehr attraktiv aus. Dunkelblonde, kurze Haare, einen leichten Bartschatten in seinem kantigen Gesicht. Hellblaue Augen, die alt wirkten. Wie bei einem Vampir. Aber das war er nicht. Sonst könnte er nicht hier sitzen. Mitten in der Sonne.

Sein T-Shirt spannte sich über seinen mächtigen Brustkorb und den muskulösen Armen.

Amelie kannte viele Menschen, die auch so hochgeschossen waren, aber meist sahen sie tollpatschig und dünn aus. Doch er...er war anders. Bei ihm war alles stimmig.

Sie versuchte sich wieder auf die Vorlesung zu konzentrieren, doch immer wieder ging ihr Blick auf den Bildschirm. Der Kerl ließ sie wirklich nicht aus den Augen. Komischerweise schien er aber der Vorlesung zu folgen. Kaum stellte ihm der Professor eine Frage, beantwortete er sie. Dann sah er wieder zu Amelie.

Irgendwann gab es der Professor auf, ihn herausfordern zu wollen.

Amelie tat so, als bemerkte sie seine Blicke nicht. Mittlerweile hatte sie auch den Laptop abgeschaltet. Sie konzentrierte sich lieber auf die Anatomie der Wirbelsäule.

Kinder der HalbgötterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt