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Seit einer halben Stunde suchen wir jetzt. Mir ist inzwischen arschkalt, meine Füße wollen nicht mehr, es wird immer dunkler, ich bin heißer vom ganzen Schreien und mit meinen Nerven so ziemlich am Ende. Aber trotzdem ist er wie vom Erdboden verschluckt. Was werden meine Nachbarn sagen?

Wo habe ich ihn das letzte mal gesehen? Wo ist er da hingelaufen?

Fragen über Fragen.

Plötzlich hören wir ein lautes Jaulen, gefolgt von einem Schrei und einem Knall.

Sofort fange ich an zu zittern. War das ein Schuss? Ist Aiko jetzt tot, nur weil ich nicht gut genug auf ihn aufgepasst habe?

Lucas zeigt auf den Waldrand und wir rennen los.

Ich habe Seitenstechen und brauche kurz um mich zu beruhigen.

Als ich sehe was hier gerade passiert, zieht sich mein Magen zusammen und ich atme schneller. Meine Fäuste ballen sich automatisch und ich habe eine unbändige Wut.

Ich schnaufe noch einmal tief durch und räuspere mich leise.

Keine Reaktion! Ich frage ziemlich leise:

"Hallo?" Verdammt. Wieso bin ich eigentlich höflich und leise?

"LASST DAS!!!", schreie ich jetzt.

Beide idiotisch dummen Köpfe fahren zu mir herum. Der eine starrt mich entgeistert mit halb offenem Mund an. Macht auf mich nicht so wirklich einen intelligenten Eindruck.

"Klappe zu! Es zieht."

Der Andere hat sich wieder einigermaßen gefangen und frägt mich jetzt schnippisch:

"Ach ja? Warum sollten wir?"

"Weil der Hund meinem Nachbarn gehört und man das Tierquälerei nennt?", frage ich genauso schnippisch zurück und deute auf den Stock den der eine in der Hand hat.

"Und wenn es uns aber Spaß macht?"

"Ich spiele gern die Spaßverderberin. Vor allem bei Arschlöchern wie euch!" Plötzlich höre ich ein leises Winseln hinter mir. Es ist Aiko. Er humpelt leicht, scheint aber sonst nicht weiter verletzt zu sein.

"Ach wie süß. Der kleine Drecksköter sucht hinter seiner Mama Schutz. Hast du schon genug?"

Beide lachen hässlich. Und da ist sie wieder. Diese riesen Wut. Ich streichle Aiko noch einmal beruhigend über die Schnauze, gebe ihn Lucas und gehe einen Schritt auf den Fettsack hier vor mir zu. Ich frage leise mit einem scharfen Unterton:

"Und du hast nicht genug?"

"Von dir niemals, Baby."

Zum zweiten Mal höre ich heute einen Knall.

Aber keine Angst durchhströmt mich, sondern pure Zufriedenheit als ich seine feuerrote Wange und Tränen in seinen Augen sehe. Und ich habe noch nicht einmal vollkommen duchgezogen!

Plötzlich meldet sich der Unintelligente wieder. Ach den gibt's ja auch noch.

"Hey Baby, mess dich mit mir.", meint er plötzlich und zieht mich zu sich heran. Er hält meine Hände unten hart fest damit ich nicht wieder auf Abstand gehen kann. Ich schaue kurz zu Lucas und sehe sein entsetztes Gesicht. Als er gerade einschreiten möchte, schüttel ich nur leicht meinen Kopf. Er hält inne und sieht mich fragend an. Ich lächle nur kurz und drehe mich wieder um. Dem sein Gesicht kommt immer näher! Er hat Mundgeruch und stinkt.

"Komm her Baby, du willst es doch auch. Mhh bei dir wird echt jeder Mann schwach."

Jetzt trennt mein Gesicht nur noch ein einziger Centimeter die Berührung zu seinem. Er spitzt die Lippen.

Jetzt oder es ist zu spät!

Ich kneife meine Augen zu und ziehe mein Knie ruckartig an.

Ich habe einmal irgendwo gelesen, dass wenn man drückt und nicht stößt, der Schmerz länger anhält.

So wie es sich anfühlt, habe ich getroffen. Und so, wie er sich stöhnend auf dem Boden wälzt auch.

Ich beuge mich ein bisschen zu ihm herunter und sage grinsend:

"Anscheinend hab ich's drauf, aber ganz so schwach wäre auch nicht notwendig gewesen! Schönen Tag noch."

Ich gehe zu Lucas, nehme Lucas' Hand und Aiko an die Leine.

Ich drehe mich noch einmal um. Jetzt glotzt mich der Andere unintelligent an. Ich sehe, dass der Eine inzwischen wieder stehen kann, sich aber noch ziemlich nach vorne beugt. Ich lächle ihn liebenswürdig an und ziehe meine zwei Lieblinge mit mir fort.

Wir sind inzwischen so weit gelaufen, dass sie uns nicht mehr sehen können, als ich in Tränen ausbreche.

eisblauer WinterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt