Kapitel 1

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Mit geschlossenen Augen ging ich langsam einige Schritte ins Wasser und atmete die salzige Meeresluft ein.
Mit der einen Hand strich ich mir eine meiner langen braunen Locken aus dem Gesicht, welche jedoch kurz darauf wieder dorthin geweht wurde.
Der Sand flog gegen meine Waden, wodurch ich eine Gänsehaut bekam.

"Willst du auch was essen?"
Ich drehte mich um und öffnete meine Augen.
Es war Maria, die gerufen hatte. Sie war meine Adoptivmutter. Ihr Mann Jacob saß neben ihr und aß ein Sandwich.

Ich nickte und ging langsam zu ihnen.
"Falls du etwas trinken willst, die Flaschen sind in der Tasche"

Ich lächelte kurz und nahm mir ein Sandwich.

Maria und Jacob fanden mich damals durch Zufall als sie im Urlaub waren, ein paar Meter von hier entfernt um genau zu sein. Ich war zehn Jahre alt. Mittlerweile ist das schon sieben Jahre her. Sie haben sich mittlerweile hier am Strand ein Haus gekauft.

"Wollen wir dann bald wieder ins Haus gehen? Es wird langsam etwas kalt"
Ich schüttelte den Kopf und gab ihr meine Jacke, welche ich im Rucksack hatte.

"Danke, aber ich glaube, du brauchst sie mehr", sagte sie und drückte sie ein wenig zurück. Ich jedoch legte sie kurz danach auf ihren Schoß und lächelte ein bisschen. Sie erwiderte es und zog sich die Jacke über.
Nach zwei Minuten hatte ich das Sandwich aufgegessen und stand auf.

Ich ging zurück zum Meer und band mir meine Haare währenddessen zu einem hohen Zopf zusammen.
Ich setzte mich in den Sand und legte meine Hände auf meine Beine.
Der Wind pfiff an meinen Ohren und einige Sandkörner wirbelten durch die Luft. Oft nur wenige Zentimeter hoch. Um mich herum lagen zahlreiche Muscheln und Steine.

In den nächsten fünfzehn oder zwanzig Minuten bewegte ich mich kaum. Ich beobachtete einfach nur das Meer, als würde ich auf etwas warten, was aber nicht der Fall war.

"Mute, es fängt gleich an zu regnen. Komm bitte mit"

Ich seufzte und stand auf.
Nachdem ich den Sand von meiner kurzen braunen lockeren Hose abgeklopft hatte ging ich langsam auf Maria und Jacob zu, die bereits zum Haus gingen.

Im Wohnzimmer angekommen setzte ich mich auf den Balkon und betrachtete den Strand. Ein paar Minuten später regnete es tatsächlich.
Maria setzte sich zu Jacob auf die Couch und sah mit ihm fern.

Ich hingegen blieb draußen. Am liebsten würde ich jetzt wieder nach unten zum Strand gehen, doch Maria hätte sicher etwas dagegen.
Langsam ging die Sonne unter und der Himmel färbte sich leicht orange. Es waren keine Schiffe zu sehen und die Wellen wurden immer stärker.
Der Regen hatte jedoch wieder aufgehört.
Ich lehnte mich auf das Geländer und betrachtete die Sonne, wie sie langsam unterging.
Ganz kurz nachdem sie untergegangen war erschien ein grüner Blitz.

Ich sah stirnrunzelnd zum Horizont.
Nach ein paar Sekunden ging ich nach drinnen in mein Zimmer.
Dort ging ich zu einem der Regale und kramte zwischen meinen Sachen herum bis ich das fand, was ich suchte.
Mit einem Buch in der Hand setzte ich mich auf die Couch im Wohnzimmer und öffnete es.

"Was machst du da?", fragte Maria und sah über meine Schulter während ich herumblätterte.
Sehr lange musste ich nicht suchen.

Ich zeigte ihr die Seite. "Der grüne Blitz.. Wieso suchst du das?"

Ich zeigte aus dem Fenster. "Du hast ihn gesehen?"
Als Antwort nickte ich nur und las mir die Seite nochmal durch.

Ein grünes Aufleuchten des Horizonts nach Sonnenuntergang ist ein Zeichen dafür, dass eine tote Seele aus der Unterwelt zurückkehrt.

Ich sah nach draußen zum Meer und danach wieder ins Buch.

Eine Stunde später gingen Maria und Jacob ins Bett. Ich blieb noch auf der Couch und las mir einige Sachen über Piraten und Schiffe durch.
Ich interessierte mich schon seit langem für die Seefahrt.

Nach einer Weile stand ich auf und packte das Buch zurück ins Regal. Ich sah kurz ins Zimmer nebenan um mich zu vergewissern, dass sie schliefen und schnappte mir danach meine Lederschuhe. Diese zog ich mir schnell an und ging nach unten zum Strand.

Dort setzte ich mich erneut in den Sand und sah zum Horizont.
Nach ein paar Sekunden stand ich auf und ging zum Wasser.

Das kalte Wasser um meine Füße herum vertrieb die Müdigkeit.
Ich vergrub meine Füße im nassen Sand und sah dabei aufs offene Meer.

Es war so wunderschön.

Kurz danach viel mir etwas glänzendes im Wasser auf, ein paar Meter von mir entfernt. Langsam ging ich darauf zu.

Mittlerweile stand ich knietief im Wasser. Dieses glänzende Etwas schien eine Kette zu sein. Ich bückte mich und versuchte, sie aufzuheben. Jedoch war ich nicht schnell genug. Die Kette wurde ein wenig weiter ins Meer getrieben, ziemlich schnell sogar, was mich etwas verwunderte.
Ich ging der Kette nach und versuchte erneut sie zu fassen.

Das Wasser reichte mir nun bis zur Hüfte. Erst jetzt bemerkte ich wie kalt es überhaupt war.

Ich griff nach dem glänzenden Schmuckstück, wodurch mein weißes Hemd nun komplett nass wurde.

Als ich den Anhänger der Kette berührte wurde mir etwas schwindelig.
Ich stellte mich wieder hin und rieb mir die Arme. Ich sah nach unten zur Kette und ohne langes Überlegen ergriff ich sie und ging so schnell es mir noch möglich war zurück zum Strand. Dort legte ich mich in den Sand und schloss die Augen während ich tief ein und aus atmete.

Mute's CaribbeanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt