12 ~ Der Tag danach

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Piper

Als ich gegen Sonntagnachmittag erwachte, schwor ich mir, nie wieder Alkohol zu trinken. Ich hatte von sprechenden Sonnenbrillen geträumt, die ich mit Fröschen futtern musste, nur um danach halbnackt durch die Stadt zu tanzen. Und seltsamerweise hatte ich die ganze Zeit das Gefühl gehabt, Jasons eisblaue Augen hätten mich verfolgt.

Jedenfalls schmerzte mein Kopf und die Sonne war zu grell für mein müdes Hirn. 

"Thals?", rief ich leise, während ich meine Hand auf meine Stirn legte. 

Als keine Antwort kam, rief ich diesmal etwas lauter nach meiner Freundin. 

"Die ist mit Luke Aspirin kaufen", hörte ich Jason gähnen. Seine sonst immer top gestylten Haare lagen verwuschelt auf seinem Kopf und die schwarze Jogginghose hing leicht schief. 

Seufzend kuschelte ich mich wieder in mein Bett zurück. "Kannst du mir Essen machen?"

Er lachte. Ja, Jason lachte wegen mir. Oder über mich, aber er lachte. "Glaubst du ernsthaft, ich stell mich in die Küche um irgendetwas zu kochen? Denn wenn du das tust, kennst du mich ziemlich schlecht."

"Ich kenne dich gar nicht mehr." Jetzt setzte ich mich doch auf und konnte kurz den versteinerten Ausdruck auf seinem Gesicht sehen, ehe er wegsah und seine Wangen eine rötliche Färbung annahmen. Was war das denn jetzt? 

Verwirrt sah ich mit an, wie er anfing in meinem Kleiderschrank und den Kommoden herumzuwühlen. "Hey, was machst du da? Hör auf in meiner Unterwäsche zu schnüffeln!", protestierte ich, als mich ein grau gepunkteter BH und ein schwarzes Top am Kopf traf. "Was soll ich damit?"

"Herrgott Piper, stell dich doch nicht so dumm!", knirschte er mit den Zähnen. "Ich weiß nicht, wie du es geschafft hast, aber du hast wohl in der Nacht dein Oberteil so wie BH ausgezogen. Und ich bin nicht sonderlich scharf darauf, einer vergebenen Frau auf die Brüste zu starren."

"Oh." Dann war das mit dem halbnackt in meinem Traum wohl Realität gewesen. 

"Und jetzt zieh dir gefälligst die Sachen an, da ich deine alten nicht finde." Er stand immer noch mit dem Rücken zu mir.

Schnell zog ich mir etwas über und riskierte einen Blick unter die Decke. Alles noch so, wie es sein soll. 

"Fertig?", fragte er vorsichtig.

"Mhm." 

"Sicher?"

"Ich werde wohl wissen, ob ich etwas gerade angezogen habe oder nicht!"

"Da wäre ich mir nicht so sicher", murmelte er und dreht sich wieder zu mir. Sein Blick schweifte durch mein Zimmer und seine Augenbrauen wanderten immer weiter nach oben. "So viel pink und rosa? Du hast diese Farbe doch immer gehasst?"

Es war klar, dass diese Frage kommen würde. Aber schon seltsam, dass er das noch wusste, wenn er mich nicht mal mehr erkannte oder freiwillig mit mir redete. Dass er jetzt redete, war schon ein Wunder. 

"Meine Mum hat eingerichtet", antwortete ich knapp. "Und ich bin zu faul, das wieder neu zu streichen und neue Möbel zu kaufen."

Er wollte gerade etwas sagen, als es an der Tür klingelte.

"Gleich!", rief ich und legte mich wieder hin, um die Restwärme noch zu genießen. 

Ich hörte, wie Jason murmelnd mein Zimmer verließ und vermutlich die Haustür öffnete. Ein leichtes Lächeln huschte über meine Lippen, als ich realisierte, dass das auch früher seine Reaktion gewesen wäre. 

"Pipes steh auf, wir haben neues Aspirin!", rief Thalia, als sie sich auf mein Bett schmiss. "Geh und trink, außer du willst an Kopfschmerzen sterben."

"Aber dann muss aufstehen."

"Nicht mein Problem. Übrigens, Luke hat deine Autoschlüssel mitgebracht."

"Was läuft zwischen Luke und dir jetzt genau?", bohrte ich nach. Diese Chance musste ich ausnutzen, da sie Luke nur äußerst selten erwähnte.

"Nichts, was sollte zwischen uns laufen?"

"Ich mein ja nur, gestern hast du ihn auf der Heimfahrt wie ein kleines verliebtes Mädchen angestarrt."

"Liebe ist für den Arsch", sagte Thals. "Sie ist wie Karma ne Bitch."

"Wieso?", hakte ich nach. "Ich meine, sie macht dich glücklich."

"Und am Ende zerstört sie dich", erwiderte sie. "Mach dir nichts vor, es ist die Wahrheit. Du magst vielleicht am Anfang glücklich sein, aber was nützt es dir, wenn du danach fast die doppelte Zeit brauchst, dich wieder aufzurappeln und dein Leben normal weiter zu führen? Du wirst deinem Ex aber trotzdem noch nach heulen, weil es eben die Person war, die du geliebt hast. Selbst wenn du denkst, du seist darüber hinweg, bist du es nicht, vor allem wenn es dein erster Freund war."

Ich seufzte. "Du hast keine guten Erfahrungen mit Liebe gemacht, oder?"

"Andere Frage: Wann war in meinem Leben jemals etwas gut?", gähnte sie. "Wie auch immer, ich schlaf jetzt noch ne Runde. Nacht."

Nach ein paar Minuten quälte ich mich aus meinem Bett und begab mich in die Küche, wo Jason und Luke sich anstarrten als wäre der jeweils andere das Interessanteste auf der Welt. 

Als ich hereinkam, fixierten sich ihre Blicke auf mich. Selbst als ich das Wasser mit Aspirin schluckte, starrten sie mich an.

"Okay, was ist hier los?", fragte ich. 

"Jason glaubt aus irgendeinem Grund, dass Thalia und ich perfekt zusammen aussehen würden", meinte Luke.

"Nicht nur Jason", erwiderte ich grinsend. 

"Nicht du auch noch."

"Ich auch noch", bestätigte ich.

"Ich liebe sie noch nicht mal!", sagte Luke.

"Wie süß, er ist noch in der Verleumdungsphase", grinste Jason. "Komm, das muss er allein hinkriegen." An einer Hand zog er mich aus der Küche.

Jetzt standen wir im Flur. 

"Weißt du, Piper", sagte Jason langsam. 

"Ja?", krächzte ich. Sein Blick nahm mich gefangen, sodass ich mich fast nur auf seine Augen konzentrieren konnte und seine folgenden Worte kaum wahr nahm.

"Ich weiß, es war damals meine Idee, den Kontakt abzubrechen, aber... Das heißt nicht, dass ich es nicht bereue."

~~~

Bumm, Kapitel 12. Und vorerst leider auch das letzte, weil jetzt bei mir die Schule wieder anfängt und wir noch sämtliche Klassenarbeiten schreiben (vor allem in den Fächern, die ich hasse/nicht kann. Yay.)

Wie auch immer, wir lesen uns bei Kapitel 13. 


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