Deeper Stuff 2.0

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Es ist wie in einem Film, ich falle wie in Zeitlupe auf den Betonboden. Doch dieser Boden interessiert mich nicht.

Es ist so, wie man es sagt. Ich sehe in diesen letzten Sekunden noch einmal mein ganzes Leben vor meinem innerem Auge ablaufen.

Wie ich als Neugeborenes in den Armen meiner stolzen Eltern liege und sie mich mit Tränen in den Augen ansehen.

Ich mit sechs Jahren an meinem allerersten Schultag, meine pinke Barbie-Schultüte hoch haltend und mit einem lückenhaften Grinsen zu meinen Eltern hoch sehend.

Ich mit acht Jahren, wie ich zum ersten Mal meine kleinen Brüder, Zwillinge, im Krankenhaus besuche und begeistert verspreche, eine gute große Schwester zu sein.

Ich mit fünfzehn Jahren, wie ich meinen ersten Kuss erlebe, mit dem Jungen, in den ich schon eine halbe Ewigkeit verliebt war.

Ich, wie ich mit neunzehn von meinem besten Freund zum Abschlussball abgeholt werde, wie meine Brüder mich desinteressiert verabschieden, wie meine beste Freundin sich mit ihrem bauschigem Kleid mit mir auf die Rückbank quetscht und wir drei viel Lachen.

Ich mit dreiundzwanzig, wie ich als Trauzeugin auf der Hochzeit meiner meiner zwei besten Freunde stehe und vor Rührung weine.

Ich, wie ich zwei Jahre später betäubt und an einem unbekanntem Ort aufwache, vollkommen entblößt und mit Schmerzen im Intimbereich, vergewaltigt, wie ich dannach regelmäßig zu meinen Therapie Stunden begleitet werde, wie ich mit Medikamenten vollgepumpt werde, wie ich den Männern, die sich an mir vergangen haben, im Gerichtssaal gegenüber sitze, wie ich mit der Zeit unscheinbarer und paranoider werde, Tag für Tag.

Ich, wie ich auf dem Hausdach stehe, nach unten sehe und mir mein Herz fast aus der Brust springt, wie ich meine Augen schließe und mich fallen lasse.

Wie in meinem letzten Atemzug mein Körper auf der Erde aufschlägt.

Wörter: 295

Ich lege die Klinge an meine Haut und schneide vorsichtig hinein. Ein feiner Blutfilm bildet sich und der erste Tropfen fließt mein Handgelenk hinunter. Es brennt an der offenen Wunde, doch ich setze zum nächsten Schnitt an, welcher mir den Schmerz genauso durch den Körper zucken lässt. Doch ich will den Schmerz, ich brauche ihn. Der Schmerz lenkt mich von meinem Leben, meinen Problemen, meinem seelischem Schmerz ab. Ich schneide tiefer ins Fleisch, will nicht mehr nachdenken müssen. Es ist einer der seltenen Tage,an denen ich vollkommen alleine zu Hause bin, an dem es totenstill ist. Mein Vater ist oft betrunken und schreit mich zusammen, wirft mir vor, meine Mutter wäre meinetwegen abgehauen. Vor einigen Jahren waren wir noch eine glückliche Familie, haben uns alle geliebt, doch die Ehe meiner Eltern ging in die Brüche. Sie stritten sich oft, sehr oft, versuchten es vor mir zu verheimlichen, vergebens. Selbst unsere Nachbarn konnten die Auseinandersetzungen mitten in der Nacht hören. Sie ließen sich scheiden, ich blieb bei meinem Vater, welcher seine Zuflucht im Alkohol fand. Jeden Abend kommt er betrunken von der Arbeit nach Hause, wenn er dort überhaupt war. Wenn er mich dann erblickte, kamen all die Vorwürfe, die wüsten Beschimpfungen auf mich nieder geprasselt. Doch geschlagen hat er mich nie, hat mich nur mit seinen Worten verletzt. Und um das alles wenigstens für kurze Zeit vergessen zu können, verletzte ich mich selbst, körperlich. Schon seit einigen Monaten ritzte ich mich schon, sah jedes Mal aufs neue meinem Blut zu, wie es meinen Körper verließ, spürte jedes Mal dieses unerträgliche brennen, welches mich vergessen ließ, wenigstens für diesen kurzen Augenblick.

[Harry Potter] One ShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt