Kapitel 7

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Müde schüttete ich einen weiteren Teelöffel Zucker in meinen bereits viel zu süßen Kaffee und rührte die dunkle Flüssigkeit anschließen gedankenverloren um. "Du solltest etwas essen." hörte ich Hotch, in dessen Stimme ein väterlicher Unterton mitschwang, sagen. Ohne von meiner Tasse auszusehen, schüttelte ich den Kopf. "Dad lässt mich erst vom Tisch aufstehen, wenn ich gefrühstückt habe." meldete Jack sich ebenfalls zu Wort, ehe er sich wieder seinen Cornflakes zuwandte und diese alles andere als leise verschlang. Es war ein beinahe ohrenbetäubendes Geräusch, welches durch die totenstille Wohnung dröhnte und von dem Sohn meines ehemaligen Bosses verursacht wurde. Ich wusste, dass weder Jack noch Hotch dieses als solches wahrnahmen, weshalb ich gar nicht erst versuchte ihnen zu erklären was in diesem Augenblick in mir vorging. Stattdessen griff ich nach meiner Kaffeetasse und verließ schweigend das Wohnzimmer, in welchem sich der Esstisch befand. Abwesend lief ich an der Haustür vorbei und den kleinen Flur entlang, bis ich vor einer geschlossenen Tür am Ende des Ganges zum Stehen kam. Ich klopfte nicht, sondern öffnete diese kaum hörbar und warf einen vorsichtigen Blick in den Raum. Lächelnd beobachtete ich Spencer dabei, wie er unseren Sohn anzog und anschließend liebevoll in seinen Armen wiegte. Mit meinen Fingerspitzen trommelte ich zaghaft gegen die bereits geöffnete Tür, woraufhin ich die Aufmerksamkeit meines Freundes, dessen Kopf in meine Richtung schnellte, erlangte. "Morgen." begrüßte ich ihn an diesem Tag zum zweiten mal und schenkte ihm ein schwaches Lächeln. "Für dich." fügte ich hinzu, während ich auf die nicht mehr allzu heiße Kaffeetasse in meiner Hand deutete. Spencer nahm diese, nachdem er mir einen sanften Kuss gegeben hatte, dankend entgegen. "Ist alles in Ordnung?" wollte er von mir wissen, während ich Aiden an mich nahm und mich mit ihm auf dem Bett niederließ. "Ich bin okay." erwiderte ich leise, wobei ich den Augenkontakt zu Spencer vermied. Ich war nicht okay und das war uns beiden bewusst. "Hast du geschlafen?" fragte Spencer, ehe ich die Gelegenheit dazu bekommen hatte, meinen Gedanken nachzugeben. "Ich habe es versucht." erklärte ich, wobei meine Stimme eine Spur der Verzweiflung trug. "Warum hast du mich nicht geweckt?" hakte Spencer ohne vorwurfsvoll zu klingen nach und stellte die Tasse, nachdem er einen weiteren Schluck genommen hatte, auf einem der beiden Nachttische ab. Ich schwieg, da ich den Grund, aus welchem ich ihn nicht geweckt hatte, nicht kannte. "Ich bin für dich da Case." brach Spencer die entstandene Stille, nahm neben mir Platz und legte seinen Arm schützend um mich und Aiden. "Ich liebe dich." flüsterte ich, bevor er seine Lippen behutsam auf meine legte und mich zärtlich küsste. In diesem Moment kam es mir vor als würde meine Welt, die mit Keith's Ausbruch aus dem Gefängnis, ein weiteres mal zerbrochen wurde, wieder zusammengesetzt werden. Es war als wäre die Zeit für einen kurzen Augenblick stehen geblieben und als hätte alles um mich herum aufgehört zu existieren. Alles bis auf Spencer. "Wie lange war es her seitdem ich dieses Gefühl hatte und ihm auf eine so unbeschwerte Art und Weise nah sein konnte?" fragte ich mich und wurde nach diesem Gedanken sogleich aus meiner heilen Welt geworfen, da mein Sohn mir grob an den Haaren zog und mich damit zusammenzucken ließ. "Au." murmelte ich schmerzerfüllt, während ich mir mit einer Hand meinen Kopf hielt. Spencer, der neben mir saß und Aiden an sich nahm, lachte leise auf. "Idiot." flüsterte ich beleidigt, wobei ich sachte gegen seinen Arm boxte. Gekonnt ignorierte er dies und zog mich stattdessen näher zu sich, woraufhin ich meinen Kopf auf seiner Schulter ablegte. "War es Keith, der dich nicht schlafen lassen hat?" fragte Spencer leise. "Er und..." ich stoppte mit Blick auf meinen Sohn, welcher freudig mit Spencer's Krawatte spielte. "Seine Berührungen, der Lauf seiner Waffe und die Schmerzen, die er mir zugefügt hat, all das spüre ich, wenn ich meine Augen schließe." fuhr ich fort, nachdem ich meinem Sohn behutsam die Ohren zu gehalten hatte. "Ich kann noch immer den rauen Stoff seiner Jeans auf meiner Haut fühlen. Nie werde ich vergessen wie grob er mir die Klamotten ausgezogen hat." fügte ich kaum hörbar hinzu und sah voller Scham zu Spencer. Ich konnte seinen Blick, bei dem es mir vorkam als würde er durch mich hindurchgehen, nicht deuten. Dafür verriet mir seine Körpersprache, was für eine Wut er in sich tragen musste. "Spence?" hauchte ich und nahm seine Hand, welche er wie den Rest seines Körpers angespannt hatte, vorsichtig in meine. "Du hast schlecht geträumt, hab ich recht?" fragte ich ihn mitfühlend, obwohl ich die Antwort kannte. Gleichzeitig war ich mir sicher, dass er sich zumindest nicht an das Aufwachen nach seinem Alptraum erinnern konnte. "Konzentrieren wir uns nicht auf mich..." weiter kam er nicht, da ich ihn unterbrach. "Keith ist nicht bloß in meinem Kopf. Der Fall geht uns beiden nah." "Es gibt keinen Fall Casey." entgegnete Spencer mit einem gereizten Unterton in seiner Stimme und wandte sich von mir ab, indem er mit Aiden zusammen aufstand und begann im Raum herumzulaufen. "Spencer." sagte ich sanft. "Selbst, wenn die BAU hinzugezogen wird, um bei den Ermittlungen zu helfen." er machte eine Pause, da Aiden unruhig in seinen Armen zappelte. "Hotch wird keinen von uns mit ermitteln lassen. Dafür sind wir zu sehr in die ganze Sache involviert, was bedeutet, dass unsere Fähigkeit objektiv zu handeln stark eingeschränkt ist." sprach er weiter. "Wurde Hotch vom Reaper-Fall abgezogen?" warf ich mit hochgezogenen Augenbrauen ein. "Wir beide wissen, wie es ausgegangen ist." sagte Spencer und klang dabei nicht als würde er weiter über das Thema diskutieren wollen. Bevor sich meine Vermutung allerdings hätte bewahrheiten können, dröhnte das schrille Geräusch der Türklingel, welches Aiden zum Schreien brachte, durch die Wohnung. "Hey." flüsterte ich und stellte mich vor meinen Freund, der unseren unruhigen Sohn behutsam festhielt. "Alles ist gut mein Engel." fügte ich leise hinzu, wobei ich immer wieder zaghaft über Aiden's Wange streichelte. "Versprich mir etwas." bat Spencer mich plötzlich und hob mein Kinn an, sodass wir nicht daran vorbeikamen, einander in die Augen zu schauen. "Halte dich raus." wies er mich bittend, doch gleichzeitig bestimmend an. "Spencer ich..." weiter kam ich nicht, da er mich unterbrach. "Der Gedanke, dass dir etwas zustoßen könnte und Keith dich..." nach Worten suchend brach er ab. "Dass Keith was?" wollte ich wissen und nahm ihm Aiden, der sich wieder beruhigt hatte, ab. "Du kannst dir nicht vorstellen, wie es sich für mich anfühlt zu hören, was dieser Kerl dir angetan hat." brachte Spencer unter sichtbaren Schwierigkeiten hervor. "Es tut mir leid." flüsterte ich den Tränen nahe. "Ich bin der Grund für deine Alpträume." fügte ich hinzu, während meine Wangen langsam feucht wurden. Spencer schüttelte den Kopf und schloss mich samt Aiden vorsichtig in seine Arme. "Es tut mir leid." schluchzte ich in den grauen Stoff seiner Weste. "Shh." versuchte er mich zu beruhigen und strich zärtlich über meine Haare. Mein Körper zitterte unter dem Einfluss der Tränen, welche nicht mehr aufzuhören schienen und gnadenlos über meine Wangen rollten. "Case, nichts von dem ist deine Schuld." flüsterte Spencer, der seinen einen Arm fest um meine Taille gelegt hatte und mir somit den nötigen Halt gab, um mich davor zu bewahren Bekanntschaft mit dem Boden zu machen. Währenddessen hielt er mit dem anderen unseren Sohn, welchen er mir abgenommen hatte, nachdem ich in seinen Armen aufgelöst zusammengebrochen war. Dieser meldete sich plötzlich mit einigen unverständlichen Lauten zu Wort, weshalb ich schnell über mein Gesicht wischte und den Großteil der bis dahin vergossenen Tränen verschwinden ließ. "Ma." quiekte Aiden weinerlich und streckte seine Ärmchen nach mir aus. "Mummy ist bei dir." erklärte ich ihm, während ich seine kleinen Hände in meine nahm. "Und wir sind bei dir Case." entgegnete Spencer, der mir ein schwaches Lächeln schenkte. "Keith ist der Grund für meine Alpträume, genau wie bei dir." fügte er leise hinzu, ehe jemand gegen die Tür klopfte und so dafür sorgte, dass wir uns ein wenig voneinander entfernten. "Ich hoffe, dass ich nicht ungelegen komme." mit diesen Worten trat Dave in den Raum und kam mit einem Lächeln auf mich zu. "Wie geht es euch?" fragte der ältere Italiener als er mich in eine vorsichtige Umarmung schloss. "Den Umständen entsprechend, denke ich." gab ich kleinlaut wieder und löste mich von ihm. "Was machst du hier?" fragte Spencer überrascht. "Hotch hat mich hergebeten." erklärte Dave, während wir ihm ins Wohnzimmer folgten. Dort räumte mein ehemaliger Boss gerade den Frühstückstisch, an dem wir vor kurzem noch gesessen hatten, ab. "Du hast noch nicht mit ihnen gesprochen." stellte Dave fest und nahm auf einem der Stühle Platz. "Hat er nicht." bestätigte Spencer mit einer gewissen Skepsis in der Stimme. "Setzt euch." wies Hotch uns an. "Wie geht es jetzt weiter?" wollte ich anschließend wissen. "Wir werden Jack zur seiner Tante bringen und dann mit Aiden weiter zur BAU fahren." fing Hotch an Spencer gewandt an. "Was ist mit mir?" hakte ich nach. "Du fährst in eure Wohnung zurück und packst das nötigste zusammen, Rossi wird dich begleiten."

Crave you// criminal mindsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt