• fünfundzwanzig •

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Als ich wieder zu mir kam befand ich mich immer noch auf dem selben Stuhl. Vermutlich ist etwas schief gelaufen. Ich blickte mich um. Die Maschine summte leise und im hinteren Ende des Labors konnte ich ein Plätschern ausmachen.

Plötzlich wurde die Tür aufgerissen. Grelles Licht blendete mich und verhinderte, dass ich erkennen konnte, wer eingetreten war. Nach einigen Sekunden gewöhnten sich meine Augen an das helle Licht und ich erkannte Victor. Hinter ihm standen Marques und Lafayette. Alle drei grinsten mich komisch an. Sie bildeten einen Halbkreis und kamen im Gleichschritt auf mich zu. Ich rutschte auf meinem Stuhl und versuchte den Kabeln, die mich an den Stuhl banden zu entkommen.

„Versuch es gar nicht erst, Scarlett", meinte Victor und lachte. Sein Lachen überschlug sich und ging in ein heftiges Husten über. Marques klopfte ihm sorgfältig auf den Rücken und Victor beruhigte sich wieder.

Er kam weiter auf mich zu. „Du wirst uns nicht entkommen können, Scarlett"

Er bombardierte mich mit Sätzen.

„Du bist zu schwach dafür, Scarlett"

„Scarlett"

„Scarlett"

„Scarlett"

Ich hörte nur noch diesen Namen. Er brannte sich in mein Gehrin und liess mich verrückt werden.

„Hören Sie auf!", murmelte ich und konnte meinen linken Arm aus einer Schlinge befreien.

„Hören Sie auf damit", wiederholte ich meine Worte, diesmal um einiges lauter.

Victor begann wieder zu lachen.

„Was stört es dich daran so sehr, Scarlett?", fragte er, dabei betonte er den Namen Scarlett und liess das ganze besonders dramatisch klingen.

Diese Situation war so absurd, dass mir ein Lachen entwich. Aber keines, welches klang, als wäre ich sonderlich glücklich.

„Was mich stört-", ich setzte an Victor meine Meinung direkt ins Gesicht zu klatschen, jedoch unterbrach er mich, bevor die Situation eskalieren konnte.

„Nicht gleich so gehässig! Immerhin bist du nur eines unserer Projekte", er strich mir mit seiner rauen Hand über die Wange. Ich wand mich und verspürte ein unheimliches Gefühl. Ich schien innerlich zu brodeln und alles an das ich denken konnte war, wie ich Victor am einfachsten gegen die Wand schleudern konnte. Er schien meinen bösen Blick zu erkennen und zog seine Hand zurück.

„Du machst es uns nicht gerade leicht", murmelte Victor.

„Wir hätten sie gleich nach der ersten Prüfung entsorgen sollen", meinte nun Marques.

Empört schnappte ich nach Luft.

„Vielleicht hättet ihr einfach nicht in solche Prozesse eingreifen dürfen, ich bin kein Mensch und ihr solltet nicht versuchen das zu ändern. Aus einem Gänseblümchen wird niemals eine Rose, auch wenn man sie so lange kreuzt und bestrahlt oder was auch immer. Es wird niemals funktionieren", meine Stimme durchschnitt die entstandene Stille. Mit meiner freien Hand tastete ich nach etwas brauchbarem. Ich streckte meine Hand nach dem kleinen Tablett aus, welche sich an der Seite befand. Ich ertastete eine von Lafayette's Glasspritzen. Ich hob sie an und versteckte sie in der Hosentasche meines Anzuges. Niemand schien es bemerkt zu haben, denn meine Aufmerksamkeit galt stets Victor, welcher nun wieder zu sprechen begann.

„Wir tun nichts verbotenes, Scarlett. Das alles, das geschieht im Namen der Wissenschaft"

„Und was bitteschön hat das mit Wissenschaft zu tun?", ich sah ihn herausfordernd an.

„Das nennt man Genforschung, meine Liebe. Das kommt alles den Menschen zu Gute", erklärte er mir.

„Ihr nennt es also Genforschung uns in den Körper von unschuldigen Menschen zu stecken? Das bringt euch überhaupt-"

Er besass tatsächlich die Frechheit mich schon wieder zu unterbrechen.

„Zurück zu deiner Blumentheorie. Mal angenommen du warst ein Gänseblühmchen. Unperfekt, schwach. Das bist du jetzt nicht mehr. Du bist auf dem Weg eine Rose zu werden. Du wirst eine Rose werden, Scarlett", er begann die Kabel zu entfernen. Sobald ich mich wieder frei bewegen konnte, sprang ich auf und stellte mich gegenüber von Victor. Lafayette und Marques standen etwas abseits und diskutierten leise.

Ich kniff meine Augen zusammen und presste meine Lippen aufeinander.

„Mach keinen Fehler, Scarlett. Ein Schuss aus seiner Waffe", mit seiner Hand deutete er auf Marques, „und schon bist du Geschichte. Ich schwöre es dir, ich werde auch bei dir keine Ausnahme machen. Du bist nicht mehr als ein Projekt. Es wäre zwar eine Schande, so ein Prachtexemplar, wie dich einfach wegzupusten, aber wenn es nicht anders geht.."

„Wenn ihr tatsächlich so viele dieser Art habt, wieso gebt ihr euch dann die Mühe mich so zu verbiegen, wie es euren Wünschen entsprechen würde?", fragte ich ihn und zog eine Augenbraue nach oben. Meine Arme hatte ich vor der Brust verschränkt.

Marques' Funkgerät rauschte und er lauschte angeregt den monotonen Gesprächsfetzen. „Ausbruch in Hangar 17, wieder derselbe wie beim letzten Mal, ich gehe nachschauen", erklärte er in Kurzform und verschwand nach Victors nicken.

Victor räusperte sich. „Weil du anders bist".

Der Weg zur MenschlichkeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt