2. Es liegt nicht an dir

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Es ist niemand zu sehen, als ich den ersten Fuß in den Raum setze und auch nach dem Zweiten ändert sich nichts.
"Und was soll ich hier nun?", murmle ich zu mir selbst.
Ich gehe ein paar Schritte weiter und werfe einen Blick auf den großen Tisch in der Mitte des Zimmers, um den sich bestimmt alle Lehrer bei den Konferenzen sammeln. An Platz dürfte es jedenfalls nicht mangeln. Jedoch erkenne ich weit und breit nichts, was auch nur im entferntesten mit Mrs. Delaney zutun haben könnte. Wenn ich mich recht erinnere, sollte ich hier auch nur vorbeischauen. Das habe ich getan, also kann ich mich wieder auf den Weg zurück machen und ihr Bericht erstatten.
"Lisa ... ?"
Eine Zwischentür, die zu einem Nebenraum führt, öffnet sich. Nathaniel kommt dahinter langsam zum Vorschein und sieht mich fragend an. Ich setze ein leichtes Lächeln auf und mache eine winkende Handbewegung, bevor ich diese wieder an die Türklinke lege, um sie runterzudrücken.
"W-Was hast du hier gewollt?", fragt er stotternd weiter nach. Es ist eine Weile her, dass er das tut.
"Ich wurde von Mrs. Delaney geschickt", gebe ich etwas stumpf zurück, ehe ich durch die Tür gehen will.
"Warte!"
Ich stehe bereits im Türrahmen, doch reagiere ohne zu Zögern und drehe mich wieder zu ihm um. Er sieht zur Seite, streicht sich dabei über den Hinterkopf. "Bestimmt solltest du nach mir sehen, wo ich bleibe. Sie hat mich schon vor knapp einer viertel Stunde hier runter geschickt, damit ich eine Bestellung für neue Chemikalien aufgeben kann."
Ein unsicheres Lachen kommt aus seiner Kehle raus, worauf ich aber nicht reagiere. Ich vermisse ihn tagtäglich aber sobald er mit mir redet oder vor mir steht, zieht sich mein Magen zusammen und mir wird beinahe schlecht. Ich bin immer noch verletzt und wütend darüber, dass er uns einfach so von Heute auf Morgen aufgegeben hat.
"Achso."
"Ja ..."
Ich beschließe nichts weiter zu sagen und gehe somit wieder zurück in den Chemieraum.
So zu tun, als wäre er mir egal geworden, ist wirklich hart.

In der Mittagspause sitze ich zur Abwechslung mal bei Lysander und Castiel, in der Mensa. Ein paar Tische weiter sitzen Melody und Nathaniel. Wie sie ihn die ganze Zeit anhimmelt, wenn er mal nicht hinsieht ... Zum kotzen. Ich will mir das nicht länger antun und schaue weg. Lysander hat seine Aufmerksamkeit auf mich gerichtet, doch seine Mimik verändert sich nicht und bleibt ausdruckslos. Der stille Beobachter eben.
"Castiel", beginne ich ein Gespräch, "wie verbringst du Weihnachten?"
"Weihnachten?"
"Ja!"
"Ich denke meine Eltern werden mal wieder bei mir vorbeischauen, für ein oder zwei Tage. Warum?"
"Nur so. Und du, Lysander?"
"Leigh und ich werden zu unseren Eltern fahren und da die Weihnachtstage verbringen. Rosalia wird wahrscheinlich auch am zweiten Weihnachtstag kommen."
"Das hört sich schön an!"
Er lächelt und nickt. "Ja, ich freue mich schon darauf."
"Gibt es dann Kaninchenbraten?", lacht Castiel seinen besten Freund an, doch dieser findet das nicht so witzig und verdreht nur die Augen.
Ich lobe Castiel ironisch: "Sehr feinfühlig mal wieder."
"Ich habe gehört, dass Mr. Faraize mit uns Wichteln will", gibt Lysander preis.
"WAS?!", reagiert der Rotschopf geschockt. "Das ist nicht sein scheiß Ernst, oder?"
Lysander zuckt mit den Schultern.
"Boah, nein! Ich habe keinen Bock für irgendwen Geld auszugeben!"
"Was muss, das muss. Mir persönlich gefällt die Idee."
"Du bist auch manchmal echt eigenartig. Nichts gegen dich, Kumpel."
"Wie siehst du das, Lisa?" Der Geheimnisvolle lächelt, als er mich das fragt.
"Ich finde Wichteln auch nicht schlecht."
Castiel lehnt sich zurück in seinen Stuhl und legt beide Arme hinter seinen Kopf. Zunächst sieht er noch genervt drein, doch dann grinst er wieder, als würde er etwas aushecken.
"Woran denkst du?", kichere ich.
"Wenn du meinen Namen ziehst, kann ich mit der Wichtelsache leben."
Ich sehe ihn prüferisch an, da ich mir nicht sicher bin, ob er das ernst meint, wobei Lysander nur weiterhin mich anschaut.
"Du willst also ein Geschenk von mir?"
"Natürlich. Entweder von dir oder Lysander, der Rest ist mir egal. Von denen brauche ich nichts."
Ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen. Es ist schon schmeichelhaft für mich, wenn er sowas sagt.
"Da freut sich die Kleine aber drüber", neckt er mich und zwinkert mir zu.
Blödmann!
Ich spüre wie ich ein wenig erröte.

So zu tun, als ob | Sweet Amoris - Nathaniel FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt