5. Unvergängliche Liebe

974 43 21
                                    

"Ich bin zum Abendessen wieder da, Mama!"
"Wo willst du denn hin?!"
"Keine Zeit für Erklärungen!"
Hektisch knalle ich die Tür hinter mir zu und laufe los. Ich kann mich jetzt nicht in normalem Schritttempo zum Park begeben. Während ich die Straße rauf renne, lege ich mir meinen Schal um, den ich noch in letzter Sekunde schnappen konnte, bevor ich das Haus verließ, und ziehe die Mütze auf, die sich glücklicherweise in meiner Tasche befand. Schützend halte ich mir die linke Hand vor die Stirn, damit mir der Schnee, der vom Himmel herabfällt, nicht in die Augen fliegt.
Die blaue Blume stammt von Nathaniel ... Es muss so sein! Ich kann mich nicht irren ...
Das pure Gefühlschaos herrscht bereits in mir. Ich freue mich, könnte die Welt umarmen, denn wenn es nach der Interpretation geht, hat er Sehnsucht nach mir - nach uns! Dennoch herrschen auch Zweifel in mir. Dass es doch nur ein blöder Zufall ist, dass der Anhänger an mein Armband passt. Er sich in Wirklichkeit gar keine Gedanken mehr um mich und das, was war, macht. Ersteres erscheint mir einfach zu schön, um wahr zu sein ...
Das Empfinden, dass mein Kopf jeden Moment platzen kann, lässt mir das Wasser in die Augen steigen.
Fang jetzt nicht an zu weinen, Lisa ... Du bist gleich da ...
Ich halte kurz an, um noch einmal tief ein- und auszuatmen. Nur noch wenige Schritte trennen mich vom Eingangstor des Parks und somit auch Nathaniel. Das heißt solange er auf meinen, mehr oder weniger, Befehl eingegangen ist. Ich gehe weiter, versuche die Nerven nicht zu verlieren. Das Klimpern meines Armbandes erleichtert es mir allerdings nicht und trotzdem bereue ich nicht, es angezogen zu haben. Er soll es an mir sehen.
In der Ferne entdecke ich den Blondschopf, wie er sich auf einer Bank niedergelassen hat. Im selben Augenblick fängt es an stärker zu schneien. Auf etwas wackeligen Beinen nähere ich mich ihm an. Eine Gänsehaut hat bereits meinen ganzen Körper überzeugen, obwohl mir nicht mal wirklich kalt ist. Mir ist viel mehr schlecht. Trotz aller Umstände nehme ich noch eine gerade Haltung ein, um ihm selbstbewusst entgegen zu kommen.
Ich will hier und jetzt Antworten, das soll auch mein Körper ausstrahlen!
Unerwartet dreht er seinen Kopf in meine Richtung. Er erhebt sich und wendet sich auch mit dem Rest seines Körpers zu mir.
Verdammt, wie fange ich überhaupt an?!
Ich beiße mir sachte auf die Unterlippe, verlangsame meine Geschwindigkeit in den letzten Schritten und mache schließlich kurz vor ihm Halt. Seine Gesichtsmuskeln bleiben regungslos, seine Augen auf mir verfestigt. Ich halte seinem Blickkontakt stand. Mein Herzschlag beschleunigt sich.
"Guten Abend", beginnt er das Gespräch mit leiser Stimmlage.
"Gut, dass du gekommen bist."
"Du klangst aufgebracht, da konnte ich gar nicht anders." Er lächelt leicht.
"Das bin ich auch!"
"Verrätst du mir warum?"
Entweder hat er wirklich keine Ahnung, weshalb wir hier sind oder aber er ist ein verdammt guter Schauspieler.
"Ja."
Er schluckt einmal heftig, was ich an der Bewegung seines Adamsapfels erkennen kann, und hebt dann die Augenbrauen an. Ohne weiteres kremple ich meinen rechten Jackenärmel hoch und erhebe das Handgelenk, sodass es bei ihm auf Augenhöhe ist. Seine Pupillen weiten sich, als er das Armband entdeckt und starrt erstmal nur drauf.
"Deswegen", füge ich hinzu.
Ich nehme den Arm wieder runter und er sieht mir erneut schnurstracks in die Augen.
Ich will nicht um den heißen Brei reden, ich will Klarheit!
"Du hast mir das zweite Geschenk gemacht!"
Er sagt nichts.
"Du hast mir diesen Anhänger geschenkt, der genau an mein Armband passt, das du mir zum Geburtstag geschenkt hast!"
Er schweigt weiter.
"Du hast mich nicht beim Wichteln gezogen aber mir trotzdem etwas schenken wollen?!"
Er steckt die Hände in die Taschen seines Mantels, versteckt die Nasenspitze weiter hinter seinem Schal. Die Anzahl der Schneeflocken, in seinem blonden Haar, nehmen zu.
"Warum machst du das?!"
Langsam kommt die alte Wut wieder in mir rauf. Der Schmerz, den ich empfand, nachdem er einfach so am Telefon mit mir Schluss gemacht hat, weil er es für das Beste, oder das einzigst Logische, hielt. Meine Stimme beginnt zu zittern, ebenso wie mein gesamter Körper.
"W-Warum verlässt du mich und tust mir weh, um mir anschließend aber immer noch Geschenke zu machen?! Hast ... Hast du ein schlechtes Gewissen? Ist es das?"
Alles spielt verrückt in mir. Ich sage das, was ich denke und fühle. Ich überlege nicht mehr, wie mein Gegenüber auf bestimmte Wortanreihungen von mir reagieren könnte.
"Hast du Mitleid mit mir?"
Meine Sicht wird wieder ganz verschwommen.
"Oder m-magst du mich und willst befreundet mit mir bleiben?"
Ich versuche es rückgängig zu machen, doch sobald es einmal in Gang getreten ist, ist es nicht mehr aufzuhalten.
"Was zur Hölle geht in dir vor, Nathaniel?!"
Tränen bilden sich.
"Warum tust du mir das alles an?!"
Ich werde lauter, schreie schon fast. Meine Hände ballen sich zu Fäusten.
"Sag endlich was!"
Ich lasse meinen Blick senken.
Hat er vergessen wie man spricht oder warum starrt er mich stumm an?
Ein Gefühl von Reue macht sich in mir breit. Der Wunsch, all das Gesagte, von gerade, wieder zurückzunehmen. Parallel aber fühle ich mich befreit und bin froh, meinen Emotionen freien Lauf gelassen zu haben. Es ist alles so verdreht. Entschlossen sehe ich ihm wieder in die Augen. Anstatt mir endlich Antworten zu liefern, kommt er wieder etwas hinter seinem dunkelblauen Schal hervor, legt beide Hände an meine Wangen und zieht mich an sich ran. Bevor ich überhaupt realisieren kann, was er macht, hat er auch schon seine warmen, samten Lippen auf meine gepresst. Alles passiert innerhalb von Millisekunden und ich stehe dermaßen unter Schock, dass meine bereits angesammelten Tränen nur noch runterlaufen, bis sie von seinen Daumen und Zeigefingern gestoppt werden.
Was passiert hier?!
Träume ich?
Nein ...
Nein, das ist echt.
Die Augen noch immer offen, spüre ich wie er mit seiner rechten Hand in meinen Nacken wandert und sie dort ablegt. Zeitgleich öffnet er seinen Mund und lässt seine Zungenspitze meine Lippen antasten. Ich komme ihm entgegen, lasse ihn auf meine treffen und setze die Dunkelheit ein, indem ich die Augen schließe. Während unsere Zungen sich zärtlich beginnen zu umspielen, nehme ich seinen Geruch war.
Ich dachte ich werde ihm nie wieder so nahe sein können, dass sich dieser nochmal in meine Nase verirrt ...
Meine Wangen glühen und ich blende komplett aus, wie die Temperaturen von Minute zu Minute unangenehmer werden und das Tageslicht ein Ende nimmt. Das Einzige, was ich gerade noch wahrnehme, ist Nathaniel. Er und seine lieblichen sowie intensiven Küsse. Das Chaos in mir, von vorhin, beruhigt sich wieder und wird eingetauscht, gegen Schmetterlinge im Bauch. Millionen kleiner Schmetterlinge, die mich Glück fühlen lassen. Glück und Erleichterung. Mein Herz rennt gerade den Marathon seines Lebens.
Unsere Lippen lösen sich zögernd wieder voneinander und ich schaue rauf, zu ihm, direkt in seine honiggelben Augen. Sie sind ganz glasig. Fraglich, ob von der Kälte oder dem, was sich gerade alles unter seiner Haut abspielen muss. Dank der Laternen, die überall im Park verteilt sind, kann ich noch sein Gesicht erkennen, denn die Abenddämmerung ist mittlerweile angebrochen. Dezent streicht er mir die Überreste meiner Tränen von den Wangen, lässt seine rechte Hand aber in meinem Nacken verweilen.
Sanft und etappenweise bringt er heraus: "Lisa ... Ich ... Ja, ich habe dir die blaue Blume geschenkt ... Ich wusste einfach nicht wie ich dir anders sagen sollte, was für einen riesengroßen Fehler ich gemacht habe ... Und wie sehr ich dich vermisse. Ich habe es versucht, wirklich. Zuletzt als wir uns hier zufällig begegnet sind aber ... Du musst mich für den größten Versager, der dir je untergekommen ist, halten."
Ich schüttle leicht mit dem Kopf. Ich will ihn nicht unterbrechen, indem ich etwas zu seinem bereits Gesagten beitrage.
"Ich hatte Angst vor deiner Reaktion, also habe ich mich dazu entschieden, dir diesen Anhänger zu schenken. Ich war mir nicht sicher, ob du darauf kommst, dass er von mir stammt aber es war mir auch nicht dermaßen wichtig. Ich wollte bloß irgendwie loswerden, dass ich dich noch immer liebe. Sei es auch nur symbolisch und du unwissend."
Dass ich dich noch immer liebe ...
Mir klappt die Kinnlade ein wenig runter.
"Bitte glaub mir, dass ich nicht einen Tag damit aufgehört habe und es mir mehr als schwer gefallen ist so zu tun, als wärst du ein abgeschlossenes Kapitel für mich ... Ich wollte dich nicht verletzen oder dich zum weinen bringen. Ich wollte dich nur beschützen ... Kannst du das verstehen? Meine Familie ist wirklich nicht leicht und es reicht schon, wenn ich ihr alleine ausgesetzt bin. Ich kann mir das schließlich nicht aussuchen. Du schon. Ich wollte dich da nicht mit reinziehen ... Dein trauriges Gesicht immer wieder sehen, sobald meine Eltern dich mal wieder auf irgendeine Art und Weise abgelehnt haben, obwohl es nicht das Geringste an dir auszusetzen gibt."
Inzwischen beginnen einzelne seiner Haarsträhnen, die sich mit dem Wasser der Schneeflocken aufgesaugt haben, an ihm herab zu hängen.
"Ich dachte wirklich dass es das Beste für dich ist, wenn wir nicht mehr zusammen sind aber in Wirklichkeit hat es nicht nur mir auf Dauer geschadet, sondern auch dir ... Das hast du mir eben klar und deutlich vermittelt ... Meine Eltern haben sich nicht auf wundersame Weise geändert und ich weiß, dass es aufgrund dessen alles andere als leicht ist, mit mir eine Beziehung zu führen ... Vor allem wenn ich überstürzte Entscheidungen treffe ..."
Er löst seine beiden Hände von meinem Kopf und greift stattdessen mit diesen nach meinen. Mit leichtem Druck hält er sie fest.
"Aber ich weiß auch ... Ich weiß auch, dass ich dich ernsthaft liebe, Lisa. Ich kann mir denken, dass das schwer zu glauben ist, nachdem ich eigentlich nur mit dir gesprochen habe, sobald wir alleine waren. Ich lüge dich aber nicht an. Ich liebe dich und ich will mit dir zusammen sein. Nach wie vor. Solange es dich gibt, kommt für mich kein anderes Mädchen - keine andere Frau - in Frage."
Seine Wangen erröten sich mit jedem Wort mehr, mir ergeht es nicht anders. Auch wenn weder das Szenario, noch seine Sätze, mit meinem Traum von vor mehr als einem Monat übereinstimmen, kommt es mir so vor, als wäre ich in einem. Zu Beginn dieses Treffens war ich noch von jeglichem Gefühl geleitet, jetzt fallen mir die einfachsten Dinge, wie Atmen, Schlucken und Blinzeln, schwer.
"N-Nathaniel ..."
"Gibst du mir noch eine Chance?"
"Ich ... Al-"
"Eine allerletzte. M-Mehr brauche ich nicht."
Ich entferne meine Hände aus seinen. Sein Gesichtsausdruck spricht Bände, sobald ich das getan habe. Meine Handlung macht scheinbar den Eindruck, ihn abweisen zu wollen. Zu seiner Überraschung habe ich das bloß getan, um mich auf Zehenspitzen zu stellen und nun meine Arme um seinen Hals zu schlingen. Ich gebe ihm einen zärtlichen Kuss auf den Mund, der nicht lange anhält, da ich ihm mehr als das zurückgeben will. Er lächelt breit, als ich ihn wieder anschaue.
"Verlass mich nie wieder", bitte ich ihn, ebenfalls lächelnd.
"Nie wieder!"
Er lacht, ehe er mich feste umarmt. Plötzlich fühlt es sich so an, als wäre mein Herz, das gebrochen war, in seinen Einzelteilen wieder zusammengesetzt und es hätte nie die letzten beiden Monate gegeben.
Verrückt ...
Er gibt mir einen Kuss auf die Stirn, sofern er aufgrund meiner Mütze dran kommt, und legt sein Kinn auf meinem Kopf ab.
"Danke, Lisa ..."
"Ich habe zu danken."
"W-Wofür? Ich habe nichts getan, was dich zum Dank verpflichtet ..."
Verwundert sieht er mich an. Ich zeige ihm ein zweites Mal mein Handgelenk und erkläre grinsend: "Für die blaue Blume."
Sein warmes Lächeln macht sich wieder auf seinen Lippen breit. Er hat wohl etwas gemacht, wofür es angebracht ist, mich zu bedanken.
"Weißt du eigentlich, was die für eine Bedeutung hat?"
"Ja", antworte ich grinsend. "Ich musste zwar dafür im Internet nachschauen aber ohne dieses Wissen, wäre ich nie darauf kommen, dass dieses Schmuckstück für mein Armband gedacht ist."
Er gibt ein zufriedenes Lachen von sich.
"Es ist wirklich schwer zu glauben, dass du mich noch immer liebst", gebe ich zu. Meine Miene wird wieder ernster.
"W-Was? Wie?"
"Es gab Tage, da war ich mir sicher, dass ich dir gleichgültig geworden bin ..."
"Ich ... Ich dachte es würde einfacher werden, wenn ich so tue, als würde ich dich nicht mehr lieben. Auch wegen Amber ... Meine Eltern haben manchmal nachgefragt, ob ich noch etwas mit dir zutun habe. Ich wollte nicht, dass meine Schwester etwas gegen mich in der Hand hat, falls sie mal wieder eine ihrer Launen kriegt ... Solange ich noch Zuhause wohne will ich möglichst keinen Ärger ..."
Ich nicke verständnisvoll, während er mir die Sachlage erklärt. Er sieht bedrückt zur Seite, wuschelt sich durch die Haare, um sich wahrscheinlich von den Überbleibseln des Wetters zu befreien, und schaut mir dann wieder in die Augen.
"Lisa, da gibt es noch was ..."
"Okay ... ?"
"Was ich dir gerade gesagt habe ..."
Oh nein ... Ich ahne es ...
"... Ich will diesen schönen Moment nicht zerstören aber ... W-Wir können nicht öffentlich zusammen sein. Zumindest noch nicht."
Hab ich es mir doch gedacht ... Irgendwo ist immer ein Haken.
Ich sehe zu Boden.
"Ehrlich, ich stehe nach wie vor zu dir und ich mache nur ungern ein Geheimnis daraus. Aber solange niemand davon weiß, außer uns, kann ich auch nicht in Schwierigkeiten geraten ..."
Ich verstehe ihn aber es macht mich alles andere als glücklich, unter diesen Umständen mit ihm zusammen sein zu können. Ständig auf der Hut sein zu müssen, wenn ich ihn mal küssen will.
"Könntest du damit zurecht kommen? Du hältst mich jetzt bestimmt für einen Egoisten aber ... Wenn du das nicht kannst ..."
Aber für ihn nehme ich das in Kauf. Ich liebe diesen Jungen viel zu sehr und habe darauf gewartet, ihn endlich wieder bei mir zu haben. Da kann mich eine geheime Liebe auch nicht aufhalten.
"Ja. Solange du mich liebst und ich dich, kann ich damit leben."
Seine Augen weiten sich und fangen an zu leuchten. Er strahlt.
"Das sehe ich genauso. Ich hoffe du kannst mir verzeihen, dass ich das nicht von Anfang an getan habe."
"Einsicht ist der erste Weg zur Besserung?", lache ich und er stimmt mit ein.
Ja, Nathaniel hat mich verletzt aber er schien das Ganze nicht so durchdacht zu haben, wie er zunächst annahm. Ich bin nur noch froh, dass er endlich mit der Sprache rausgerückt hat und ich nun weiß, dass er mich noch immer liebt und es auch die ganze Zeit über weiterhin getan hat.
Er drückt seine Stirn leicht gegen meine, während wir lachen, und legt seine Hände auf meiner Taille ab, wobei ich mit meinen Armen wieder seinen Hals umschließe.
Ich muss gerade der glücklichste Mensch weit und breit sein.
"Auch wenn erst morgen Heiligabend ist: Frohe Weihnachten."
"Frohe Weihnachten, Nath."
Unsere Köpfe neigen sich gleichzeitig etwas nach rechts und ein sanfter Kuss folgt. Eine kalte Briese streift an meinem Gesicht vorbei, doch selbst die kann mich nun nicht zum Zittern bringen. Ich fühle mich standhaft sowie von Wärme umgeben, dank Nathaniels Lippen. Dank seiner Liebe. Mein Herz klopft noch immer stark. Ich löse mich gemächlich von ihm und flüstere: "Du hast mir meinen Wunsch erfüllt."
"Meiner ist auch wahr geworden."
Mit seinen Fingern streichelt er sanft über meine linke Wange, lächelt selig.
"Aber", beginne ich, "jetzt sind Ferien. Kann ich dich dann überhaupt mal sehen, wenn deine Eltern nicht wissen dürfen, wo und mit wem du in Wirklichkeit unterwegs bist?"
Er gerät ins Grübeln, was mir seine schiefen Gesichtszüge vermitteln.
"Das gestaltet sich nun alles viel schwieriger ..."
"Ja, definitiv ..."
Sichtlich gestresst streicht er sich über die Stirn, dann durchs Haar. Es hört langsam auf zu schneien.
Ich will ihn auch nicht unter Druck setzen ...
"Ich bin mir noch nicht ganz sicher, wie das funktionieren wird aber ich will dich auf jeden Fall auch außerhalb der Schule sehen."
Ich beginne zu lächeln.
"Und in der Schule selbst auch nicht länger nur mit dir sprechen, sobald wir alleine sind. Das halte ich nicht länger aus. Erst recht nicht wenn wir nach Arlberg fahren."
Achja, die Skifahrt ... Eine Woche nach den Ferien steht die bereits an.
Ich gebe ihm einen kleinen Kuss auf die Nasenspitze, ehe ich ihn versuche zu beruhigen: "Wir kriegen das schon irgendwie hin."
"Eine Beziehung zu verheimlichen ist nicht gerade das Erwachsenste, was?"
"Joa", antworte ich und zucke mit den Schultern. "Es ist nicht gerade das Schönste, sagen wir es so."
"Kannst du damit überhaupt glücklich sein?"
Ich verdrehe die Augen. "Hör auf! Komm jetzt nicht wieder auf dumme Gedanken, okay? Ich bin glücklich, solange du da bist." Ich umarme ihn, drücke seinen Körper fester an meinen und lege den Kopf dabei auf seiner Brust ab.
"Tut mir leid ..."
"Gut", kichere ich.
"Weise mich ruhig zurecht, wenn ich wieder mit sowas anfange." Er schmunzelt ebenfalls. "Wir werden uns auf jeden Fall die Tage wiedersehen."
"Du kannst ja auch zu mir kommen?"
Obwohl ich mir nicht sicher bin, wie meine Eltern reagieren werden, wenn sie ihn Wiedersehen ... Besonders mein Vater ... Meine Exfreunde hinterlassen nicht gerade das beste Bild bei ihm. Doch Nathaniel ist anders. Meine Mutter wird sich bestimmt schon eher für mich freuen, dass wir wieder zusammen sind und meinen Vater zur Vernunft bringen. Immerhin hat Nathaniel mich nicht verlassen, weil er sich neu verliebt oder ich ihm zu langweilig geworden bin. Er hat es für mich getan, auch wenn er sich damit selbst ins Bein geschossen und mir überhaupt nicht das Leben erleichtert hat.
Ich sehe Nathaniels bestätigendes Nicken, auf meine Frage. Plötzlich wendet er seinen Blick wieder von mir ab.
"Und du kannst mir wirklich verzeihen?"
"Ja. Sei dir da sicher."
"Es fällt mir schwer, um ehrlich zu sein ..."
Ich drehe seinen Kopf wieder zu mir, sodass er gezwungen ist den Augenkontakt mit mir wieder aufzunehmen.
"Du hast mir ausführlich erklärt, warum du dich wie verhalten hast. Das reicht mir."
"Okay", gibt er kaum vernehmbar zurück.
"Ich bin einfach nur froh, dass du mich zurück liebst und mit mir zusammen sein willst."
"Auf jeden Fall. Egal, wie die Verhältnisse sind, in denen wir uns befinden ..."
Ich greife nach seiner Hand und verschränke meine Finger mit seinen. Aufmunternd lächle ich ihn an. Er zögert erst noch, lächelt dann aber ebenfalls. Langsam gehe ich ein paar Schritte und ziehe ihn mit mir.
"Ich habe meiner Mutter gesagt, dass ich zum Abendessen wieder zuhause bin. Der Dunkelheit nach zu urteilen dürfte das schon gleich stattfinden."
"In Ordnung, ich sollte mich auch wieder auf den Weg nachhause machen."
"Was hast du deinen Eltern überhaupt gesagt, wohin du gehst?"
"Zurück zur Schule, weil ich vergessen habe die Schülervertretung abzuschließen."
"Das mit den Ausreden scheinst du ja drauf zu haben", lache ich leicht.
Ich bin wirklich gespannt, ob das auch in Zukunft problemlos funktioniert.
Ich lehne mich ein wenig an seinen Oberarm Arm an, während wir den Park verlassen.
"Übrigens", fängt er lächelnd an zu erzählen, "habe ich mich selbst beim Wichteln gezogen. Dadurch bin ich erst auf die Idee gekommen, dir stattdessen etwas zu schenken."
"Was, echt? Aber Mr. Faraize hat doch nachgefragt, ob jemand kein Geschenk bekommen hat?"
"Zum Glück hat Melody mir eins gemacht, obwohl sie eigentlich Viola gezogen hat."
Melody ... Nathaniel ist nun zwar wieder mein Freund aber ich könnte keine Szene machen, wenn Melody ihm, meiner Ansicht nach, zu nahe kommt. Offiziell sind wir schließlich immer noch getrennt ...
Nathaniel scheint zu merken, worüber ich mir da Gedanken mache und gibt mir einen Kuss auf den Kopf.
Gleichwohl kann nicht nur ich nichts machen, sondern auch er nicht, wenn Castiel sich mir mal wieder annähert. Es ist dahingestellt, ob Nathaniel oder ich damit ein größeres Problem haben wird.
Da kommt noch einiges auf uns zu, das spüre ich ...

So zu tun, als ob | Sweet Amoris - Nathaniel FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt