Kapitel 12

12 2 0
                                    

Rosalie's P.o.V  (Ro)
Er?
Ich zuckte zurück.
Eine Erinnerung raste durch meinen Kopf.

Wasser meterweit unter mir,
rostiger Metallboden unter meinen abgelaufenen Chucks.
Vor mir, am Geländer der Brücke, ein Junge.
Nah am Abgrund.
Die Fingerknöchel weiß vom Festhalten.
Er wollte sich dem Fluss überlassen.
Der Fluss hatte bereits meinen Vater.
Nicht auch noch ihn.
Ein Schrei von mir.
Seine dünnen Beine unter meinen Händen.
NICHT!!!

Was waren das für Erinnerungen?
Wahrheit?
Einbildung. Träume.
Ich sah hoch zu Sue.
Angst?
Vor mir.
Warum?
Ich war gefährlich. 
Warum?
Sie hatte Angst vor mir.
Warum?
Sie wusste etwas was ich nicht wusste.
Woher?
"Sue. Komm runter. Es ist okay. Bitte.", versuchte ich zu beruhigen.
Doch als ich sah, wie sehr sie zitterte, kletterte ich zu ihr nach oben.
Ein lautes, erschrockenes Einatmen unter mir.
Er?
Ja. Warum?
Höhenangst? Er?
Egal. Ich kannte ihn nicht. Und er hatte        Sue etwas getan.
Was auch immer es war.
Ich kletterte weiter nach oben.
Bis hin zu Sue.
"Hey. Ich weiß nicht was los ist, was er oder was ich getan habe. Aber bitte komm. K..  Komm einfach runter und... Und geh nachhause. Ruh dich aus." , meine Stimme zitterte und klang leise und schwach.
Doch als ich Sue anblickte, war die Angst in ihren Augen geschrumpft und etwas anderes in ihnen aufgetaucht.
Vertrauen?
Ich fing an, den Baum nach unten zu klettern, langsam und mit regelmäßiger Kontrolle ob Sue noch hinter mir war.
Endlich.
Fester Boden unter den Füßen.
Ich sah nach oben.
Ich war über dem Fluss gewesen.
Hätte fallen können.
Doch es war gut gegangen.
Ich atmete ein und aus, doch ein Klos im Hals blockierte mich.

Ich hatte Sue nachhause gebracht.
Vertrauen?
Ich war vorher noch nie bei ihr Zuhause gewesen.
Vertrauen?

Ich konnte nicht in die Schule zurück.
Angst?
Was war dort, was Sue so verängstigt hatte?
Was hatte er getan?
Warum hatte sie Angst vor mir gehabt?
Regen.
Die ersten Tropfen waren klein und leicht, wie die Sorgen eines Kindes.
Doch sie wurden größer, schwerer, härter.
Ich blieb stehen.
Endlich.
Ich konnte wieder frei atmen.
Die Luft war klar und frisch geworden, mit dem leichten Geruch von warmen, nassem Teer.
Ich schloss die Augen.

Masken der WahrheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt