Die Begegnung

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,,Geld her hab ich gesagt!" Da stand er nun mit gezogener Waffe. War mal wieder typisch, das ausgerechnet mir sowas passiert. Naja. Hatte außer dem bisschen Kleingeld eh nichts zu verlieren. Ich ging auf den Mann zu, um ihn zu beruhigen. ,,Immer mit der Ruhe, alles wird gut. Leg die Waffe weg und wir können reden." Das Gerede hatte ich von meinen vorletzten "Eltern". Ich ging weiter. Der Mann zitterte am ganzen Körper. Stünde ich weiter weg, wäre meine Chance, nicht getroffen zu werden, größer. Doch ich ging weiter. ,,Schnauze halten und schön stehen bleiben!!!!" Ich blieb stehen. Ich wusste, dass, wenn er schießen würde, die Situation nicht gut ausgehen würde. Der Mann ging langsam nach hinten. Er zitterte immer weiter. ,,Und jetzt schön das Geld......." Zum Ende des Satzes kam er nicht mehr. Er stand nun wieder auf der Straße. Ein Mädchen mit braunen Haaren, einem grünen Mantel und rotem Schal und einer Umhängetasche rannte mit voller Wucht gegen den Mann. Die beiden fielen auf den ungemütlichen Bordstein, wobei der Mann die Waffen verlor. ,,Entschuldigung, Entschuldigung, Entschuldigung!!!!!! Es tut mir leid!" Das Mädchen packte ihre Sachen zusammen und entschuldigte sich tausend mal. ,,SAG MAL GEHTS NOCH DU BLÖDE ...??!!
Der Mann schnappte sich seine Waffe und richtete diese nun auf das Mädchen, statt auf mich. Sie schaute mit verstörtem Blick in den Lauf der Pistole. Ne Colt 1911 um genau zu sein. Eine meiner Pflegefamilien hatte ein etwas "ausgefalleneres" Hobby. Hatten nen ganzen Keller voller Waffen. Das Mädchen wich nach hinten und versuchte zu entkommen. Der Mann ging natürlich direkt hinterher. Sie hatte Angst. Todesangst. Sie wollte einfach nur weg. Und da kam ich ins Spiel. Das Schicksal spielte mir direkt in die Hände. Dachte ich zumindest. Erst kam das Mädchen an dem Spalt, der in die Gasse führte, dann der Mann. Ich nahm meinen Mut zusammen und rannte los. Ich rannte auf ihn zu, holte mit meinem Fuß aus und trat mit voller Wucht zu. Der Mann flog gut einen Meter zurück auf die Straße. ,,LAUF!!!!", rief ich dem Mädchen zu. Sie schaute mich mit verwirrtem Blick an. ,,LAUF VERDAMMT NOCH MAL, LAUF!!!!" Sie verstand nichts vor Aufregung. Und dann passierte es. Ich hörte einen lauten Knall und spürte einen stechenden Schmerz in meiner Brust. Ich drehte meinen Kopf und sah den Mann an. Diesen Gesichtsausdruck werde ich niemals vergessen. Verzweiflung, Angst, Schrecken, seine eigene Tat bereuend. Und wieder zu dem Mädchen. Und wieder derselbe Gesichtsausdruck. Ich schaute auf den Boden, um zu sehen, wo der Schmerz herkam. Und da war es. Blut.......... Überall Blut.......... Ich torkelte, stolperte und viel auf den Boden. Das Mädchen lief auf mich zu. ,,Hey. Alles okay mit dir? Jetzt bloß nicht ohnmächtig werden. Alles wird gut." Ihre Stimme war beruhigend. So sanft und klar, trotz der Aufregung, die darin steckte.. Irgendwie erinnerte sie mich an jemanden. An meine..............Mutter. Meine Augen begannen sich zu schließen. ,,HEY! WACH BLEIBEN!!" So sanft...........Meine Augen schlossen sich. Das letzte, was ich sah, war das Gesicht des Mädchens, verzweifelt und ihre blauen Augen mit Tränen übersäht. Ich verlor das Bewusstsein.

Don't Leave meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt