Kapitel 12

179 4 0
                                    

Sonntag Morgen. Gestern ist nicht viel passiert. Diese Judith wollte wieder versuchen, mich dumm anzumachen, aber Steffi hat es wieder mitbekommen. Ich frag mich echt, Warum sie mich die ganze Zeit verteidigt. Ja ok. Verteidigen kann man das nicht nennen. Ich glaube sie kann mich trotzdem nicht leiden. Aber zumindest tut sie mir nichts mehr. Und irgendwie redet Rica auch nicht mehr mit mir... Sie sagt zwar Hallo, aber sonst nichts. Ich bin wohl die nächsten Monate auf mich alleine gestellt. Ich stehe gerade im Aufenthaltsraum herum und warte darauf, dass meine Eltern kommen. Eigentlich will ich sie gar nicht sehen, aber was soll's. "Valliiii!", begrüßt mich Mom, als sie reinkommt. Auch Papa und Vivi sind dabei. "Wie geht es dir?", fragt mich Dad, doch bevor ich antworten kann wecken ein paar andere Leute meine Aufmerksamkeit. Durch die Tür kommt ein muskulöser Mann mit Glatze, eine blonde Frau und ein kleiner dicker Junge. Alle in schwarz gekleidet und Springerstiefeln. Meine Mom dreht sich um. "Hier sind Nazis, Schatz? Hier kannst du doch nicht bleiben. Haben die dir etwas getan?". Auf einmal muss ich grinsen. "Hier riecht es immer mehr nach Scheiße", sagt der Mann und sieht zu uns rüber. Ich zeige ihm meinen Mittelfinger. Er sieht mich nur böse an. "Valentina, was tust du?", fragt mich meine Mutter empört. "Ich tue das, was getan werden muss". Irgendwie hab ich keine Angst vor denen. Hier können die mir ja nichts tun. Ich beobachte wie der kleine sich hinkniet und seine weißen Schnürsenkel bindet. Er ist doch gerade mal 10 oder so.... Dann kommt Steffi und umarmt ihre Eltern. "Wollen wir uns in den Speisesaal setzen?", Frage ich und wir gehen dorthin.
"Ach Valli, es tut mir alles so Leid. Bitte komm so schnell wie möglich wieder zurück". "Ich bin grad mal 'ne Woche hier". Ich werde nicht zeigen, wie sehr ich hier leide. Auf einmal kommt die Nazi-Family und setzt sich an den Tisch neben uns. "Hast du jetzt endlich eine neue Mitbewohnerin?". Ich lausche dem Gespräch. Nach einem zögern kommt die Antwort: "Nein". Zum Glück dürfen die Besucher nicht in die Zimmer. "Was ist mit Chrissy?", frage ich. Mom schaut ein bisschen enttäuscht. "Wir haben sie gefragt, aber sie wollte nicht mit". Ich gebe nur ein genervtes Stöhnen von mir. "Tut mir echt leid, Spätzchen". Ich spüre, wie Steffi mich anstarrt. "Die Fotze kann mir gestohlen bleiben. Ist mir ja ne tolle Freundin". Vivien fängt an zu kichern. Ich nehme sie auf den Schoß. "Ge, du bist die einzige, die zu mir hält. Dir ist egal, ob ich Punk, schüchtern oder Spanisch bin". "Spanisch?", fragt Dad. Auch Steffi sieht mich wieder an. Jetzt sehe ich sie auch an. Warum hab ich Spanisch gesagt? Kann mir doch egal sein, was die Bitch von mir denkt... "Wirst du hier doch von den Nazis..". "Nöööööö", unterbreche ich Dad. Die sollten das nicht zu laut sagen,dass ist peinlich. Dad schaut auf die Uhr. "Wir sollten langsam wieder gehen". Das war gerade mal eine Viertelstunde. "War mir klar...", antworte ich, "Für 'ne Viertelstunde braucht ihr nächstes Mal auch gar nicht kommen", sage ich, stehe auf und gehe. "Vielleicht hat die kleine erkannt, dass sie lieber deutsche Eltern hätte", höre Papa Nazi noch scherzen.

"Du hast auch kein leichtes Leben oder?". Steffi kommt zu mir und setzt sich neben mich. Ich sitze gerade unter einem Baum im Garten. "Pfff", antworte ich. "Wir müssen ja keine Freunde werden. Das will ich ehrlich gesagt auch gar nicht. Aber wir müssen uns immerhin noch ein halbes Jahr ein 40qm großes Zimmer teilen. Ich versuche zumindest, dich als Mensch zu sehen". "Ich bin ein Mensch... Ich kann auch nichts für meine Nationalität", sage ich und lege meinen Kopf auf meine Knie. "Ich weiß, dass du ein Mensch bist, doch was nicht gehen will, muss man wohl anders beseitigen. Du gehörst hier nicht her". "Ich bin hier geboren und spreche nur Deutsch. Meine Eltern können gerne wieder gehen. Doch meine Sis bleibt hier". "Was ist mit deiner Freundin?". "Nichts. Ich habe keine Freunde". Natürlich bin ich sauer. "Haben Punks nicht tausende?" "Ich nicht. Ich bin zu schüchtern um welche zu finden". Sie lacht. "Sag mal, auf welche Schule warst du eigentlich?", Frage ich. Sie grinst. "Auf deine". Erschrocken sehe ich sie an. "Ja. Ich kann mich noch an dich erinnern. Du warst die eine aus der Parallelklasse, die immer alleine rumstand". Jetzt erinnere ich mich. "Du warst die jenige, über die die Schule die ganze Zeit sprach....". Sie sieht mich an. Sie hat so schöne Augen. Blau. Und so eine schöne Haut.. die ist bestimmt voll weich. "Foto?", fragt sie. Ich erschrecke. Ups. "Ne, ich seh dich doch jeden Tag. Ich finde nur deine Haare so toll". "Is' klar. Deswegen guckst du mir in die Augen. Ich warne dich. Wenn du irgendwelche widerlichen Gedanken bekommst... Nehme ich alles was ich gerade eben gesagt habe zurück". Wtf? "Spinnst du jetzt? Nie im Leben würde ich dich anfassen". Wie kommt die denn da drauf??! Auf einmal hat sie wieder diesen Gesichtsausdruck... Er hat irgendwas trauriges.... "Steffi?". "Ja?". "Erzähl mir von dir. Ich will dich kennenlernen. Ich hatte noch nie jemand Rechtes kennengelernt".

KnastschwesternWo Geschichten leben. Entdecke jetzt