Chapter 11

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Yoongi nahm eine andere Sitzposition ein. Sofort hielt ich den Atem an.
Ich spürte jeder seiner Bewegungen, wenn ich neben ihm saß.
Immer. Ich wusste auch schon wie oft er ein- und ausgeatmet hatte.
67 Mal bis jetzt.
Und 2 Mal hat er sich über die Haare gestrichen.

Ich wusste nicht wie ich mich neben ihm verhalten sollte. Sollte ich ihm sagen, was ich wusste? Was ich erfahren hatte? Oder war es keine gute Idee, die schreckliche Vergangenheit wieder auf zu rollen?
Auf nichts wusste ich eine Antwort. Auf rein gar nichts.

"Ich will diesmal nicht aufs Dach in der Pause. Gehen wir woanders hin", flüsterte mir Yoongi von der Seite zu. Langsam drehte ich meinen Kopf in seine Richtung. Er sah nach vorne. Wenn ich es nicht so deutlich gehört hätte, könnte man meinen ich hätte mir seine Stimme gerade eingebildet. Ich sah auch wieder nach vorn. "Warum?", fragte ich ihn leise. Seine Antwort kam nicht sofort. Das hatte Yoongi so an sich. Er ließ sich immer Zeit mit seinen Antworten. "Die Kirschbäume blühen. Außerdem ist um diese Uhrzeit morgens kein Mensch im Park", kam es von ihm nach einer Weile. Ich zuckte mit den Schultern. Wenn er unbedingt wollte.



Es war still. Und ein wenig kalt. Der Park war groß und die Kirschbäume blühten gerade zu Ende. Ich saß schweigend neben Yoongi auf einer Bank. Er beobachtete vor mir die Schwäne auf dem großen Teich.

"Unschuldige Geschöpfe nicht wahr?", durchbrach er nach einiger Zeit die ruhige Atmosphäre. Ich nickte ihm zu.

Ja. So weiß und rein und unschuldig. Das waren sie wohl.

Yoongi legte langsam seinen Kopf auf meine Schulter und atmete ruhig aus. Sofort versteifte ich mich. Wie sollte ich mich verhalten? Es war sowieso alles total komisch, seit ich von seinem "Vorfall" wusste.

Doch es tat in irgendeiner Weiße gut. Ihn bei mir zu haben. Seine Nähe zu spüren. Obwohl sie gleichzeitig so unerträglich war.

"Schwänen ist nie kalt. Sie frieren irgendwie nicht", sprach Yoongi. Ich sah mir die Schwäne an. Das stimmte. Ruhig schwammen sie im Teich umher. Als wäre ihnen wohlig warm. "Weisst du woran das liegt?", fragte er. Ich schüttelte den Kopf auch wenn er es nicht sehen konnte. "Vielleicht an ihrem Gefieder? Es lässt doch das kalte Wasser abperlen", sagte ich. Yoongi nahm seinen Kopf von meiner Schulter. Sofort fühlte ich mich, als hätte ich 10 Kilo abgelegt. Nicht das Yoongi schwer wäre. Aber es fühlte sich an als wäre eine Last von mir gefallen. Und warm war mir plötzlich auch. Unangenehm warm.

"Und ihre Füße? Wieso frieren sie dort nicht?", fragte er mich. Ich zuckte mit den Schultern. Eine gute Frage über die ich länger nachdenken musste. Vielleicht waren ihre Füße auch Kälteisoliert? Was ich mir aber nicht vorstellen konnte. Die Haut an den Füßen der Schwäne war dünn. Nackt. Verletzlich. So schutzlos das man sie eines leichtes abbrechen konnte.

"Ich glaube zu wissen warum sie dort nicht frieren", sagte Yoongi irgendwann. Ich sah ihn an. Gedankenlos schweifte sein Blick durch die Ferne. "Natürlich frieren sie. Sie sind nur zu stolz es zu zugeben. Es ist wie bei uns. Wenn uns etwas wehtut, überspielen wir es. Wir wollen unsere Verletzlichkeit nicht preisgeben. Wir wollen wie eine Wand sein. Klar und sehbar, doch trotzdem unscheinbahr und voller Geheimnisse.", sprach er.

Irgendwie hatte ich ein Gefühl. Das Gefühl das er gerade von sich sprach. Ein Gefühl das mir sagte, das das was er gerade gesagt hatte, indirekt von ihm handelte.

"Du bist heute so still, Engel", merkte er an. Ich sah immer noch auf den Teich.
Engel. Wie ich es liebte wenn er mich damit ansprach. Ich wünschte er würde es mir Nachts sagen. Wenn wir beiden den Nachthimmel betrachten, nebeneinander liegend. Es war so ein persönliches Wort zwischen uns für mich geworden.

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