Down-Phase

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Pattys Sicht

Es ist ja bewiesen, dass viele Menschen im Winter ein emotionales Tief haben. Ich hab mal wo gehört, dass sowas Winterdepression oder so genannt wird. Bei mir war es keine Depression, eher eine Down-Phase. Nur weil man einmal ein Tief hat ist man nicht gleich depressiv, mir ging es ja sonst gut. Ich fühlte mich schlapp und schwer. Ich konnte mich kaum aus dem Bett bewegen. Jeden Morgen aufzustehen war eine Qual für mich. Jeden Tag in die Schule zu gehen, eine Maske aufzusetzen und sich nichts anmerken zu lassen war unerträglich. Ich wusste gar nicht, dass ich so eine gute Schauspielerin bin. Mir ging es wirklich richtig schlecht und ich wollte nicht mehr leben.

 In dieser Zeit hatte ich auch die schlimmste Phase meiner Krankheit. Ich sage jetzt bewusst Krankheit, weil mir jetzt bewusst ist, dass ich krank war. Dass das nicht nur eine Phase war. Ich aß nur noch ganz wenig. Ich hatte auch das erste Mal gefastet, also richtig 24 Stunden nichts gegessen, nur Orangensaft getrunken. In meiner derzeitigen Gruppe wurde ich blöd angeredet, weil ich nicht nur Wasser getrunken habe und Orangensaft viele Kalorien und Zucker hat. Es war richtig hart zu fasten, aber dann war ich stolz auf mich, trotz Orangensaft. 

In dieser Down-Phase ging es mir so schlecht. Ich hatte öfter Suizidgedanken und habe mir zum ersten Mal den Finger in den Hals gesteckt um mich zu übergeben. Es kam nur ein bisschen, ich hatte Angst davor, aber ich fühlte mich besser nach dem Brechen, auch wenn nicht wirklich was raus kam. Ich habe aber bald wieder aufgehört damit. 

Mir ging es immer schlechter und schlechter. Irgendwann habe ich dann angefangen mich mit einem Cutter- Messer selbst zu verletzen. Nur ganz oberflächlich, man sah kaum etwas und ich bekam davon auch keine Narben. Trotzdem hatte ich eindeutig eine Grenze überschritten. Die Schnitte wurden immer tiefer und ich hab mich immer öfter verletzt, es hat mir in diesem Moment geholfen. Aber ich konnte irgendwann nicht mehr aufhören damit. Es war wie eine Sucht. Jetzt im Nachhinein weiß ich, es mir nicht geholfen. Nichts! Ich hatte ständig Angst, dass jemand die Schnitte sieht. Ich musste mich beim Sportunterricht immer verstecken, als wir uns umgezogen haben. Ich konnte nicht mehr ins Hallenbad oder in die Therme gehen. Ich musste ständig neue Ausreden erfinden, wieso ich das und das nicht machen konnte. Es  hatte nur Nachteile! Ich bereue es sehr, dass ich damit angefangen habe. Denn die Narben bleiben und die Erinnerung wird auch nie verschwinden.

Hier wird zum ersten Mal Patrizias selbstverletzendes Verhalten (SVV), ihre Suizidgedanken und bulimische Phasen angesprochen. Falls jemand von euch Probleme haben sollte, sucht euch bitte Hilfe. Das sind alles ernst zu nehmende Krankheiten und es kann euch geholfen werden.

Skinny LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt