Entführt

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Andreas und Jessica hüpften ins Auto und fuhren geradewegs zum Krankenhaus. Michi flog mit Tobias und Toni in die Berge um sie dort abzusetzen. „Danke Michi! Wir melden uns sobald es etwas Neues gibt!", rief Tobias. Michi reckte seinen Daumen nach oben und hob wieder ab. Andreas und Jessica waren gerade beim Krankenhaus angelangt, als Michi sie über Funk rief. „Was gibt's denn?", fragte Andreas. „Ich weiß ja nicht, ob du deinen Plan so gut durchdacht hast, aber wie sollen wir das Mädchen aus dem Krankenhaus holen, ohne dass das irgendjemand bemerkt? Auf dem Hubschrauberlandeplatz vom Krankenaus kann ich jedenfalls nicht landen, das würde ein bisschen auffallen.", meinte Michi. „Du hast recht. Flieg zurück zum Heliport. Wir werden das Mädchen dann herbringen!" „Alles klar. Viel Glück. Wenn ihr nicht mehr kommt, nehme ich an, dass Verena euch erwischt hat", sagte Michi. „Haha! Sehr witzig!", rief Andreas. Andreas wandte sich an seine Freundin: „Du weißt gar nicht wie blöd ich mir gerade vorkomme. Ich komme mir vor wie ein Kindesentführer." Jessica grinste: „Naja, im Grunde bist du das ja auch. Aber ein ziemlich netter. Der Unterschied ist, dass du die Kleine wieder freiwillig zurückbringst." Andreas nickte. Er stellte den Motor ab und fragte: „Wie alt wird sie wohl sein?" Jessica zuckte mit den Schultern: „Keine Ahnung. 12 oder 13 vielleicht. Ich schätze sie so alt wie Hanna. Wieso?" „Noch so jung und dann schon so ein tragisches Unglück haben", überlegte Andreas. Jessica nickte und wollte aussteigen. Andreas hielt sie zurück. „Zieh deine Jacke aus. Ohne unsere Uniform fallen wir nicht so auf." Jessica zog die Jacke aus und grinste: „Also die richtigen Sprüche hast du schon drauf!" Andreas schaute sie fragend an: „Was meinst du denn jetzt damit?" „Na, als Kindesentführer." Andreas schüttelte den Kopf und stieg aus. Jessica folgte ihm. Sie gingen in die große Eingangshalle. Von Verena war keine Spur. „Hoffentlich hat sie gerade eine OP", murmelte Jessica. Sie fuhren hinauf auf die Kinderstation. Vor dem Eingangsbereich der Kinderstation blieb Jessica plötzlich stehen. „Halt!", rief sie. Andreas bleib sofort stehen und schaute sie fragend an: „Was ist denn?" „Was machen wir mit den Schwestern? Die werden uns bestimmt nicht erlauben sie einfach so mitzunehmen", sagte Jessica. Andreas überlegt. „Ich glaube wir müssen sie umbringen." Jessica starrte ihn an. Andreas lachte: „Na und? Wie war das? Ich wäre doch der perfekte Entführer." Jessica atmete auf. Sie verpasste ihm einen Stoß: „Du Spinner. Aber jetzt im Ernst. Was machen wir mit ihnen?" Andreas überlegte. Er wusste es selber nicht. Plötzlich fiel Jessica etwas ein. „Ich glaube ich hab eine Idee, aber dann müsstest du alleine mit Michael und dem Mädchen fliegen. Bevor sie sich überanstrengt kommt ihr zurück, klar?", befahlt Jessica. Andreas nickte brav: „Okay, und was wirst du machen?" „Ich geh als erstes rein und wenn ich dir das Zeichen gebe, dann holst du sie, okay?", sagte Jessica bestimmt. „Und was ist das Zeichen?", fragte Andreas. Jessica zwinkerte ihm zu: „Das wirst du dann schon sehen." Sie machte langsam die Tür zur Kinderstation auf und stütze sich geschwächt an der Wand ab. Mit vorsichtigen Schritten ging sie immer weiter auf den Empfangsbereich zu. Zwei Schwestern saßen hinter der Theke und unterhielten sich. Als die eine Schwester Jessica bemerkte, verstummte sie und fragte: „Entschuldigung? Geht es Ihnen nicht gut? Können wir etwas für Sie tun?" Jessica winkte nur ab und setzte einen gequälten Gesichtsausdruck auf. Sie fasste sich mit der Hand auf ihren Bauch. Plötzlich begann sie zu Schreien und ließ langsam auf den Boden fallen. „Aaaaah!", rief sie gequält und presste beide Hände auf ihren Bauch. Die eine Schwester sprang auf und lief sofort zu ihr hin. „Was ist denn los?", fragte sie besorgt. „Mein Bauch!", presste Jessica hervor. „Karin! Schnell! Ruf einen Arzt!", rief die eine Schwester der anderen zu. Die andere Schwester lief zum Telefon. Als sie sich mit einem Arzt in Verbindung gesetzt hatte, lief sie schnell zu Jessica hin und sagte: „Es kommt gleich ein Arzt. Keine Sorge." Jessica nickte dankend. Andreas beobachtete das Ganze aus der Ferne. Jetzt war der ideale Zeitpunkt. Beide Schwestern kümmerten sich um Jessica. So unauffällig wie es ging, betrat er die Kinderstation und verschwand Schnurstraks im Zimmer des Mädchens. Sie las gerade eine Zeitschrift, als Andreas das Zimmer betrat. Als sie die Zeitschrift weglegte und ihn ansah, war sie ganz verwundert. „Herr Marthaler", sagte sie freundlich. „Hi. Wie geht's dir?", fragte er schnell. „Ganz gut so weit. Meine Rippen tun noch immer weh, aber das geht schon", sagte sie. „Gut, seht gut. Sag mal, kannst du aufstehen?", fragte Andreas. Das Mädchen nickte: „Ja, aber ich brauche Hilfe. Wieso?" „Was hältst du von einem kleinen Ausflug?", fragte Andreas. Das Mädchen schaute ihn skeptisch an und fragte: „Weiß Doktor Auerbach davon?" Andreas schüttelte den Kopf. Das Mädchen strahlte: „Super! Ich liebe Spontanideen, vor allem dann, wenn sie nicht erlaubt sind." Andreas lachte: „Da haben wir ja was gemeinsam." „Ich schätze mal es geht in die Berge oder?", fragte sie. Andreas nickte. Er hing sie von der Infusion ab und gab ihr die Nadel aus der Haut. Er half ihr aus dem Bett. Er öffnete die Tür um zu sehen, wie die Lage aussah. Jessica zog noch immer ihre Show ab und die Schwestern waren noch immer bei ihr. „Komm!", sagte Andreas und stütze das Mädchen. Sie humpelte ihm hinterher. Als sie im Aufzug waren atmeten beide erst einmal durch. „Das war cool!", rief das Mädchen. „Das bleibt aber unser Geheimnis", sagte Andreas. Sie nickte. Als die beiden aus dem Krankenhaus draußen waren, setzten sie sich ins Auto. „Also gut. Wir werden jetzt an die Stelle fliegen, an der du abgestürzt bist. Wenn es dir zu viel wird oder dir nicht gut ist, dann musst du das sofort sagen, okay?", trichterte Andreas ihr ein. Das Mädchen nickte und schnallte sich an. Andreas fuhr los zum Heliport.

Jessica saß am Boden der Kinderstation und presste ihre Hände auf ihren Bauch. „Ganz ruhig. Die Ärztin kommt gleich", sagte eine Schwester. Jessica nickte gequält. Sie senkte ihren Kopf. Sie hörte wie die Tür aufging und jemand auf sie zugerannt ist. „Was ist passiert?", rief eine Stimme. Jessica zuckte zusammen. „Sie ist plötzlich zusammengesackt!", rief die Schwester. Die Ärztin kniete sich nieder und sagte: „Guten Tag, mein Name ist Doktor Auerbach. Verstehen Sie mich?" „Verdammt!", zischte Jessica leise. Sie schaute auf und direkt in das Gesicht von Verena. „Jessica?", rief Verena sofort. Jessica durfte ihre Tarnung nicht auffliegen lassen und setzte wieder ihren gequälten Gesichtsausdruck auf. Sie hasste es andere Leute anzulügen. Vor allem, wenn diese Leute ihre Freunde sind. „Wie geht es dir? Was fehlt dir?", fragte Verena sofort. „Mein Bauch!", presste Jessica wieder hervor. Verena schob ihr T-Shirt nach oben um ihren Bauch frei zu machen. Sie tastete ihn ab und sagte: „Gut, verhärtet ist er nicht. Wo tut es denn genau weh?" Jessica fasste sich mit der Hand an die Stelle, wo sie simulierte, dass es weh tat. Verena nickte: „Okay, kannst du aufstehen. Ich würde gerne einen Ultraschall mit dir machen." Jessica nickte und lies sich von Verena hochhelfen. Eine Schwester kam mit einem Rollstuhl und setzte sie hinein. Sie wurde in ein Behandlungszimmer geschoben. „Es geht schon wieder", sagte sie plötzlich. Ihr fiel ein, warum sie das Ganze nicht machen wollte. Verena lächelte: „Ich möchte mir das trotzdem ansehen. Sowas ist doch nicht normal. Tut auch gar nicht weh." Jessica nickte: „Ja, ich weiß. Ich hatte schon einmal eine Ultraschalluntersuchung." „Gut, Leg dich bitte auf die Liege. Schaffst du's oder soll ich dir helfen?", fragte Verena besorgt. „Geht schon", sagte Jessica und legte sich auf die Liege.

Als Andreas und das Mädchen beim Heliport ankamen, saß Michi schon im Heli. „Da seid ihr ja!", rief er ihnen zu. Andreas ignorierte ihn einfach und half dem Mädchen aus dem Wagen. „Alles okay?", fragte er. Das Mädchen nickte. „Wo ist denn Jessica?", rief Michi. „Die ist noch im Krankenhaus. Ihr geht's nicht so gut!", rief Andreas. Michi nickte: „Alles klar. Ich verstehe schon. Aber wenn Verena das herausfindet, dann möchte ich da nicht mit reingezogen werden, klar?" Andreas half dem Mädchen in den Heli und sagte dann: „Aber ohne dich könnte das doch gar nicht stattfinden. Du bist also automatisch dabei." Michi seufzte. Er setzte seinen Helm auf und startete den Heli. Andreas setzte dem Mädchen ein Headset auf und erklärte ihr wie das funktionierte. Anschließend setzte er sich neben sie und setzte sich einen Helm auf. Michi hob ab und sagte: „Verena hat ausdrücklich gesagt, dass das Mädchen nicht mitfliegen darf. Ich will dann einfach nicht der Sündenbock sein!" Andreas grinste: „Ach was, du mit deinem Charme. Du kannst sie schon bändigen!" „Wie meinst du das?", fragte Michi neugierig. „Naja, sieh sie dir doch an. Die ist doch total verknallt in dich." „Also, wenn du mich jetzt verscheißern willst, ist das echt nicht das richtige Gesprächsthema." Andreas lachte und sagte: „Du bist einfach so leicht zu ärgern." „Vielleicht will Sie Herr Marthaler gar nicht veräppeln", meldete sich plötzlich das Mädchen zu Wort. „Was meinst du denn damit?", fragte Michael. „Nach Ihrem Besuch gestern war Doktor Auerbach ganz schön durcheinander und ich glaube nicht, dass das daran gelegen hat, dass Sie mich mitnehmen wollten." Andreas lächelte und sagte: „Na siehst du." Michi musste grinsen. „So wir sind gleich da!", rief er.

„Also auf dem Ultraschall sehe ich nichts", sagte Verena. „Wird auch gar nicht so schlimm sein", sagte Jessica. „Ist deine Menstruation regelmäßig?", fragte sie. Jessica nickte. Verena tippte irgendetwas auf ihrer Tastatur. Plötzlich hörte sie auf und schluckte. Sie schaute Jessica geschockt an und sagte: „Ich habe gerade in deiner Krankenakte nachgesehen, ob es irgendwelche Auffälligkeiten gibt. Du hattest eine Fehlgeburt?"

Die Bergretter - Verschollen und VergessenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt