Eine ungleiche Freundschaft

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Der Rückweg erwies sich als deutlich langwieriger als noch am Morgen – Madalenas Fuß bereitete ihr offensichtlich Schmerzen, obwohl sie sich Mühe gab, dies zu verbergen. Regelmäßig musste die Gruppe anhalten und auf sie warten, wenn sie auch nur kurze Pausen einlegte, ihres Stolzes wegen. Sophie und Fino hielten sich immer etwas weiter vorne und bekamen nur wenig von den Gesprächen zwischen ihr und Titus mit, Sophie ging aber davon aus, dass es sich dabei wohl um Themen handelte, wie: Gibt es noch andere MAD-Agenten, die überlebt haben oder sollten wir den doofen Guten vertrauen oder werden wir sie hinterrücks verraten.

Die Dämmerung brach bereits herein und da sie schätzungsweise noch nicht die Hälfte des Weges geschafft hatten, beschloss die Gruppe, am Wegesrand in einer Umgebung, die nicht so verseucht aussah wie die, in der sie die Tümpel mit verseuchtem Wasser vorgefunden hatten, ihr provisorisches Zelt aufzuschlagen – einige Eisenstangen, auf die sie die Plastikplane spannten, die Sophie in ihrem Rucksack mitgenommen hatte. Sie hatte von ihrer letzten Nutzung einige kleine Löcher davongetragen, aber die Gruppe störte das nicht weiter, solange sie sie vor dem Wind schützte, der gerade nachts in dieser Gegend ziemlich stark war. Erschöpft ließen sie sich auf den sandigen Boden fallen und schon bald war der Großteil der Gruppe eingeschlafen, nur Sophie und Fino hatten sich freiwillig zum Wachehalten gemeldet und saßen etwas abseits des Schlafplatzes.

Sophie musste die erste Hälfte der Nacht wach bleiben, bis Titus sie ablöste, konnte aber schon nach Kurzem die Augen kaum noch offen halten. Auch Fino lag neben ihr und döste bereits vor sich hin – der akute Schlafentzug seit der Katastrophe ließ nicht zu, dass man besonders lange wach blieb, wenn man nicht gerade etwas zu tun hatte.

Während einer Phase des Halbschlafens hörte sie Schritte – schon vom dumpfen Klang der Schuhe auf dem Sand konnte man ihre Eleganz erkennen, wenn auch eine leichte Unregelmäßigkeit in dem Gang herrschte. Die Geheimagentin, zu der sie ausgebildet wurde, in ihr scheuchte sie sofort auf und plötzlich war sie wieder hellwach. Die Schritte hatten direkt neben ihr Haltgemacht.

Leicht verwirrt und noch verschlafen schaute sie auf und erblickte Madalena, die gerade im Begriff war, sich wie die ungeliebte Stiefmutter neben sie zu hocken und zu trösten, wie in einem typischen Film, den sie vor ein paar Tagen noch gerne geschaut hatte. Nur, dass sie sie nicht tröstete. Einige Zeit lang saßen sie nur nebeneinander und Sophie wusste nicht, ob sie ein Gespräch anfangen oder weiterschlafen sollte. Nach einigen Minuten des Schweigens – lange genug, dass Sophie trotz der Warnung ihres Unterbewusstseins, sich neben einer MAD-Agentin nicht sicher fühlen zu dürfen, fast schon eingeschlafen war – brach Madalena die Stille.

„Ich weiß nicht, wie du in so einer Situation schlafen kannst."

Ihre Stimme war deutlich, trotz des hübschen Akzents, den Sophie nicht ganz einordnen konnte, und man konnte etwas Neidisches darin erkennen. Sophie sah sie sich noch einmal genauer an; Tiefe Augenringe waren in ihrem Gesicht zu erkennen und Sophie fragte sich, warum sie sie nicht schon früher bemerkt hatte. Auch, dass ihr Gesicht vor Hunger eingefallen war, war ihr bisher entgangen. Als sie bemerkte, dass sie förmlich auf das Gesicht der Frau starrte, blickte sie errötet zu Boden.

Madalena lachte nur – ebenfalls wie eine Stiefmutter, die gerade versucht, sich die Gunst des Kindes zu sichern – und berichtete, wie schwer der Schlaf ihr fiele, auch, weil sie sich ständig vor herumstromernden Wölfen fürchten musste.

„Gibt es denn noch mehr Wölfe dort?", fragte Sophie interessiert. Mit „Dort" meinte sie den Ort, in den sie heute eingedrungen waren. Madalena schien von tiefer aus der kargen Wüste zu ihnen gekommen zu sein.

„Viele. Aber eigentlich sind es Schakale. Sehr große, das muss ich zugeben...", wieder dieses aufgesetzte Lachen, „Sie leben in den Ruinen der alten MAD-Quartiere.", ein theatralischer Seufzer, „Leider sind das die einzigen Orte, wo man Vorräte kriegt."

Sophie machte sich im Kopf eine Karte; Hier vielleicht essbare Beeren, verpestete Wüste und Schakale. In Richtung Flugzeug ein Labyrinth aus Metallschrott und verwertbare Materialien, wenn man noch weiter geht eine Wüste... ohne Alles. Schöne Aussichten insgesamt.

„Nun, jetzt wo wir alle zusammenarbeiten müssen...", Sophie schreckte aus ihren Gedanken. Sie konnte nicht eindeutig bestimmen, ob die Frau nicht schon die ganze Zeit über geredet hatte.

„... sollten wir auf jeden Fall unsere früheren Auseinandersetzungen vergessen."

Ein aufgesetztes Lächeln. „Ab jetzt sind wir Freunde?"

Sie streckte Sophie die Hand entgegen. Die kleine Stimme, die prinzipiell allen MAD-Agenten misstraute, protestierte, doch Sophie nahm an, obwohl sie ihr noch nicht ganz vertraute, einfach, um sich keinen Feind zu machen.

Sie war dankbar dafür, dass Madalena mit ihr plauderte, über total belanglose Dinge, Schuhe, Make-up, über die man mitten in der Einöde eigentlich nicht spricht. Sie tratschten so lange über Leute, die vielleicht überhaupt nicht mehr am Leben waren, bis Titus und Madkatze herüberkamen und ihnen bedeuteten, dass sie nun schlafen können.

Sophie und Madalena standen träge auf und wankten zurück zu ihrem Zelt. Auch Fino tapste verschlafen hinterher.

Als Sophie jedoch schon fast am provisorischen Zelt angelangt war und sich noch einmal zu ihrer neugewonnenen Freundin umschaute, sah sie, dass diese sich zu Titus herunterbeugte – Sie war schließlich relativ großgewachsen – und ihm etwas ins Ohr flüsterte. Sophie hätte schwören können, er habe dabei unauffällig zu ihr gelinst. Beide lachten und gingen wieder ihres Weges, aber sie schienen doch etwas zu verheimlichen.


Was glaubt ihr - worüber haben die "Bösen" geredet? :D Schreibt es bitte in die Kommentare und schreibt auch, was ihr denkt, was als nächstes passiert^^

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 17, 2016 ⏰

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