Ich sitze mal wieder auf dem Beifahrersitz von Ryans Dienstwagen. Doch diesmal sind wir auf dem Weg zu dem genannten Restaurant von Daniel. Ryan pfeift die Melodie des derzeitigen Songs, welcher im Radio läuft. Ich beobachte ihn dabei, in der Hoffnung er merkt es nicht. Doch er schmunzelt und wirft mir einen vorwurfsvollen Blick zu. Schnell Blicke ich weg und schaue aus dem Fenster. Ich merke wie mir die Röte ins Gesicht gestiegen ist. Ryan parkt vor dem Restaurant und die Digitaluhr seines Autos springt auf 20 Uhr um. Mir ist es ein wenig unangenehm, nur in Sportleggings in ein Restaurant zu gehen. Natürlich habe ich noch den Pulli von Ryan an, aber in dem fühle ich mich nicht unangenehm, sondern ganz im Gegenteil. Bevor ich weiter über mein Outfit nachdenken kann unterbricht Ryan meine Gedanken und sagt verlegen:
"Keine Sorge du siehst gut aus. Sogar mehr als das!"
Erschrocken antworte ich rasch:
"Woher weißt du das ich darüber nachgedacht habe?"
Er schmunzelt und guckt geradeaus zum Eingang während wir die Stufen hoch gehen.
"War so ein Gefühl", antwortet er selbstsicher.
Im Restaurant sitzen schon Daniel und Susanne. Sowohl neben Daniel als auch Susanne sitzt eine Begleitung. Sie stellen sich mir als Thorsten aus dem Einsatzteam 2 und Rita die Verlobte von Daniel vor. Im laufe des Abends bin ich mir aber schließlich sicher das Thorsten was mit Susanne am laufen hat. Ich sitze gegenüber von Ryan am Tisch und links von mir der Thorsten. s ist sehr lustig mit all denen, doch irgendwie lässt mich das Schuldgefühl nicht los und so wiederhole ich noch einmal ziemlich leise zu Ryan:
"Entschuldigung Ryan"
Er blickt von seinem Dosen BECKs auf und guckt mir tief in die Augen. Nicht wie normale Menschen sich in die Augen gucken, Nein. Er guckt mir so tief in die Augen, als würde er versuchen meine Gedanken zu lesen, oder gar als ob er das könnte. Es ist so ein inniger und tiefer Blick, etwas magisches beinhaltet dieser, etwas geheimnisvolles, etwas, was nur wir haben, was kein anderer hat. Bevor er mir antwortet sitzen wir so noch eine Weile. Plötzlich ist alles so egal um mich herum. Ich vergesse alles was geschehen ist. Nur noch er sitzt vor mir und guckt mir so tief in die Augen.
"Grace, entschuldige dich dafür bitte nicht. Ich möchte das du weißt, dass du dich dafür bei mir nicht entschuldigen musst. Und wenn sowas noch mal passiert möchte ich nicht das du dich dafür entschuldigst. Du hast doch nichts falsch gemacht."
Eigentlich ist es einleuchtend was er dort sagt. Trotzdem fühle ich mich so schuldig, das ich seine Nacht so auf den Kopf gestellt habe. Ich setzte noch einmal an:
"Aber..."
"Kein Aber. Du hast dich nicht zu entschuldigen. Der Mann hat sich zu entschuldigen oder unsere Chefin, dass dir sowas gleich am Anfang deines Jobs passiert ist, aber bloß nicht du!", unterbricht er mich und greift nach meinen Händen auf den Tisch. Eine unglaubliche Energie fließt durch seine Hände zu mir. Diese Berührung scheint so wunderbar, so einzigartig, so verbindend, eine Bann zwischen uns. Ich blicke etwas verunsichert auf unsere Hände. Dabei fällt mir auf, das er deutlich größere Hände hat als ich es habe. Zu dem sind sie gepflegt und leicht braun gebrannt, sowie seine restliche Haut auch.
"Versprich mir Grace, das du dich dafür bei mir nicht mehr entschuldigen wirst, okay?", sagt Ryan und guckt mich dabei fragend an. Ich bekomme nur noch ein gehauchtes:
"Okay , versprochen!"
Danach muss ich erstmal den dicken Kloß im meinen Hals herunter schlucken. Mein Herz rast und meine Gefühle spielen völlig verrückt. Moment verliebe ich mich grade? Bzw stehe ich es mir grade ein, das ich mich von Anfang an in diesen wunderbaren Mann verliebt habe? Nach dem ich ihm geschworen habe, mich nicht mehr dafür zu entschuldigen löst er wieder sein Hände. Meine liegen wieder wie unberührt und nackt auf dem Tisch. Mir schaudert es den Rücken hinunter. Ich kann keinen klaren Gedanken diesbezüglich fassen und muss etwas geschockt oder verwirrt gucken, denn Daniel fragt ob bei mir alles okay ist. Ich nicke und versuche mit einem Lächeln mich aus der starre zu lösen, was auch Gott sei dank klappt. Um kurz nach zehn verabschieden sich Susanne und Thorsten , sie meinen sie seien beide schon sehr müde und das wir uns morgen wieder sehen. Daniel erzählt mir munter Geschichten aus seiner Berufslaufsbahn, wie er Ryan kennengelernt hat und wie er Rita kennen gelernt hat. Ich versuche aufmerksam zuzuhören, doch die Müdigkeit überfällt mich. Gott sei Dank unterbricht Ryan ihn irgendwann und sagt zu meiner Rettung:"Genug Daniel, Grace weiß ja jetzt dein Leben in und auswendig. Ich denke ich fahr jetzt auch und bringe dich nach Hause, Grace."
Dankbar nicke ich ihm zu. Daniel und Rita stehen auch auf, verabschieden sich und fahren Heim.
Ryan hält vor meiner Wohnung. Die fahrt über haben wir nicht viel gesprochen. Doch nun sind wir hier. Hier vor meiner Wohnung. Im dunkeln wirkt sie irgendwie unheimlich. Eigentlich sollte ich jetzt aussteigen und in meine Wohnung gehen, doch ich kann sie nur anstarren. Hier ist es passiert. Zwar ist es vorbei, doch wie verhext starre ich die Wohnung an, als ob ein Fluch auf ihr liegt. Grade als ich mir einen Ruck gebe, meine Tür öffne packt mir Ryan auf die Schulter und flüstert:
"Hey, ich habe ne bessere Idee"
Ich halte inne und warte bis er fortfährt.
"Du kannst einfach noch eine Nacht bei mir schlafen, so musst du nicht alleine in deiner Wohnung schlafen....Ich kann auf dem Sofa schlafen. "
Eigentlich bin ich sehr begeistert von der Idee, aber A kann er nicht auf dem Sofa schlafen und B muss ich irgendwann wieder meine Wohnung betreten und.... Doch schneller als ich gucken kann lehnt er sich über mich, schließt die Tür wieder und fährt los. So hat er mir die Entscheidung abgenommen und aus der Seele gesprochen.
"Danke", bringe ich leise hervor.
Doch er nickt nur und betrachtet mich kurz von der Seite. In seiner Wohnung kocht er einen Tee für mich und legt mir eine Boxershorts und einen weiteren Pulli in grau milliert hin. Der Pulli ist der Abschlusspulli von seiner Polizeiausbildung. Dort stehen alle Namen der mit Auszubildenden und am Ärmel steht groß sein Name. Vorne steht groß das Logo der Ausbildungstätte. Als ich lächle fährt er sich schnell durch die Haare und sagt verlegen:
"Wir haben vergessen von dir Sachen mit zu nehmen. Aber keine Sorge, ich habe noch ne Reisezahnbürste."
"Oh Mist stimmt, Gott bin ich dämlich , daran hätte ich doch denken können", erwidere ich peinlich berührt. Doch er lächelt nur und raunt mir leise zu:
"Du bist nicht dämlich , ganz im Gegenteil."
So kitschig das auch ist, aber ich finde es Todes süß wie er das gesagt hat. Wir sitzen eine Weile auf seinem Bett, trinken Tee und erzählen ein wenig von einander. Eigentlich sprechen wir über alles, über die Ausbildung, über Daniel und Susanne und vor allem über Susanne und Thorsten, dann bringe ich plötzlich hervor , das ich glaube das Rita schwanger ist, denn ich hatte das so im Gefühl im Restaurant. Da war Ryan natürlich ein wenig aus dem Häuschen, und ist jetzt gespannt, ob sich dies bewahrheitet. Dann erzählt er mir ein wenig aus seiner Kindheit und von seiner Ausbildung. Ich bin schon ziemlich müde und schlage vor, das wir schon einmal Zähne putzen. Und schneller als ich gucken kann stehen wir beide im Bad und haben Zahnpaster volle Münder und lachen gegenseitig über den anderen. Es reicht so weit, das wir Bauchkrämpfe vom lachen kriegen. Ich weiß dabei gar nicht was daran so lustig ist, trotzdem muss ich mich Kugel rund lachen. Nach dieser Lach-Orgie setzten wir uns wieder aufs Bett und reden tatsächlich noch weiter, gefühlt geht uns der Gesprächsstoff gar nicht aus. Bis plötzlich Ryan vom Bett aufspringt und in die Küche läuft. Er kommt mit zwei Kühlpack's wieder und einem nassem Lappen. Dann setzt er sich vor mich und fängt an mein Gesicht ab zu tupfen und zu kühlen. Es tut unheimlich gut. Mit dem nassen Lappen löst er das getrocknete Blut um meine Naht und bestimmt sieht es jetzt besser aus als vorher und mich starren nicht mehr so viele Leute auf der Straße an. Ich beobachte ihn dabei ganz genau. Ich liebe einfach seine markanten Wangenknochen, sein drei Tage Bart und seine tief tief blauen Augen sie sind eher ICE-blau. Er hat eine leichte Narbe auf der einen Wange, doch der drei Tage Bart verdeckt diese gut. Ich merke gar nicht wie er auf hört mein Gesicht zu kühlen. Doch plötzlich sieht er mich genau so an, wie ich ihn. Unsere Gesichter sind so nahe beieinander und ich merke diese Spannung zwischen uns in der Luft. Lange passiert nichts, bis ich mein Gesicht abwärts neige und mir eine Strähne aus den locker gebundenen Dutt hinaus fällt. Diese streicht er mir ganz vorsichtig wieder hinters Ohr. Wieder gucken wir uns nur einfach nur in die Augen. Ein Moment voller Energie, voller Erwartung in der Ungewissheit was jetzt passiert, so erwartungsvoll und hoffnungslos zu gleich. Doch dann fängt er an mein Gesicht weiter zu kühlen. Das Chaos der Gefühle kann sich jetzt noch weniger sortieren. Wie soll ich das verstehen, deuten oder interpretieren, was bedeutet das, spürt er das auch, ist es real oder ist es nur ein Moment voller nichtsnutziger Blicke. Wir sitzen so lange dort, bis die Packs warm sind. Ich lehne mich leicht an der Bettlehne an und lausche seinem Atem, auch er lehnt sich an und betrachtet mich immer mal wieder. Atemzug für Atemzug, immer wieder und total kontinuierlich im gleichem Abstand. Sein Atem ist so beruhigend, das ich langsam aber sicher eingeschlafen bin.
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Behind the facade of the other!
RomansaSeine Fassade ist nach außen so stumpf und beständig. Doch nach dem was heute Nacht geschehen ist weiß ich ganz genau, dass hinter dieser Mauer etwas liebesvolle, zärtliches und geborgenes liegt. Ich muss jetzt alles wieder in den Griff bekommen. Ic...