Kapitel 7 - Dunkelblau

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„Mohan, ich dachte, du wolltest Maya das Quartier zeigen", sagte Kamali mit einem strengen Unterton.

„Von wollen war hier nie die Rede", sagte dieser und breitete in gespielter Unschuld die Hände aus. Trotzdem stand er auf, doch Elian kam ihm zuvor.

„Ich mach das schon", sagte er, sah dabei aber mich an. „Komm, Maya, ich zeig dir dein Zimmer." Ich folgte Elian eine schmale Wendeltreppe in das erste Stockwerk. Kaum zu glauben, dass eine Holzhütte eine Wendeltreppe besaß. Elian öffnete, die zweite Tür von links.

„Das ist von nun an dein Zimmer. Von den Räumen, die noch frei waren, ist das das schönste und größte", sagte er, als ich eintrat.

„Du willst doch nicht sagen, dass dir mein Wohlbefinden wichtig ist?", fragte ich versucht frech, aber ich klang eigentlich nur neugierig. Elian zuckte mit den Schultern.

„Du bist jetzt eine von uns." Ich drehte mich einmal im Kreis. Das Zimmer war ein wenig kleiner, als meins zu Hause. Es besaß zwei große Fenster, die das Licht besonders gut hereinließen. Unter einem Fenster stand ein Bettgestell aus Holz – wie konnte es auch anders sein. Ich setzte mich auf die Matratze und sank tief darin ein. Fast musste ich mir ein Kichern unterdrücken. Die Matratze war ausgelegen, aber bequem. Ein wenig auf dem Bett wippend schaute ich mich weiter um. Über dem Kopf meines Bettes waren zwei Regalbretter befestigt. Sie standen leer, aber sicher nicht lange. Sie wären perfekt für meine Lieblingsbücher. Dann fiel mein Blick auf den Schrank gegenüber. Eine Tür stand offen und gab den Blick auf ein paar sauber gefaltete Klamotten frei. Ich schätzte, die waren, wie die Sachen, die Elian mir heute morgen gegeben hatte, zu groß, aber immerhin hatte ich genügend Wechselkleidung und ich musste nicht tagelang in einem Sommerkleid rumlaufen.

„Gefällt es dir?", erkundigte sich Elian. Irgendwie klang er ein wenig verhalten. Das passte so gar nicht zu ihm.

„Es ist schön. Sehr pragmatisch und ein wenig spärlich eingerichtet, aber schön", sagte ich wahrheitsgemäß.

„Ja, die ganzen Quartiere sind sehr spärlich möbliert, für den Fall, dass wir verschwinden müssen, erklärte er

„Wie meinst du das? Warum müsst ihr verschwinden?"

„Ach, das ist jetzt nicht so wichtig. Hast du die Kleidung in dem Schrank gesehen?" Ich nickte langsam. Zwar wollte ich wissen, was Elian eben meinte, allerdings wollte ich mir seine neu gewonnene Nettigkeit und Hilfsbereitschaft nicht nehmen lassen.

„Sie werden dir ein wenig zu groß sein", fuhr er fort, „aber fürs erste sollten sie reichen. Cassandra wird in den nächsten Tagen vorbeikommen und ein paar deiner Sachen vorbeibringen." Es entstand eine kleine Pause, in der ich einfach nur vor mich hinstarrte und Elian unschlüssig im Türrahmen stehen blieb.

„Versteh mich jetzt bitte nicht falsch", begann ich, um die Stille zu brechen, „das Zimmer ist wirklich schön, nur.. ähm... also naja... wie lange muss ich denn hier bleiben?"

„So lange, wie du brauchst, um zu lernen, deinen inneren Wolf zu kontrollieren."

„Was meinst du, wie lange das dauert?"

„Schwer zu sagen. Es könnte Jahre dauern -"

„Was?", fuhr ich dazwischen, „Jahre? Wie soll ich denn meinen Schulabschluss machen? Soll ich so lange auf meine Freunde verzichten? Auf meine Mutter? Was -" Ein beißender Geruch stieg mir in die Nase und brachte mich aus dem Konzept. Ich blickte nach unten auf meine Hände, die auf die Matratze gestützt waren. Schnell riss ich sie weg. Links und rechts neben mir stieg Rauch aus der Matratze. Genauer gesagt aus zwei rußgeschwärzten Abdrücken meiner Hände.

Die Chroniken der Feuerwölfe - Die Verstoßenen (#Wattys2016)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt