Kapitel 7

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Ich lief in den Wald. Noch war ich in Menschengestalt, aber das würde sich jetzt ändern. Im Sprung über einen Baumstamm verwandelte ich mich und rannte weiter. Jegliche Geräusche und Eindrücke ignorierend. Ich konzentrierte mich nur auf die Gerüche, drückte meine Nase ab und an fest auf den Boden nur um seinen Geruch zu finden.

Was war, wenn er tatsächlich schon angeschossen oder gar erschossen wurde und deshalb nicht zurückgekommen war?! Panik stieg in mir auf und die ersten Tränen in meine Augen. Ally! Gib jetzt nicht auf! Du bist noch nicht mal aus dem Reservat raus... Du bist erst 5 Minuten unterwegs...

Ein Knacken hinter mir riss mich aus meinen Gedanken. Ich fuhr herum. 'Man Jake! Erschreck mich nicht so!'

'Sorry...'

Jake stand, ebenfalls in Wolfsgestalt  vor mir.

'Du weißt ganz genau, dass das eine ganz dumme Idee ist, oder?!'

'Was?', ich drehte mich um und ging langsam weiter. Jake ging hinter mir her.

'Na was wohl?! Seth suchen natürlich!'

'Soll ich ihm da draußen seinem Schicksal überlassen oder was?!? MAN JAKE! Ich bin verdammt nochmal genauso auf ihn geprägt wie er auf mich! Ich setze dem Ganzen jetzt ein Ende und finde ihn!'

'Ist ja gut Kleine... dann begleite ich dich aber.'

'Was?'

'Ich weiß genau, dass ich dich nicht aufhalten kann... aber ich kann dich wenigstens begleiten...'

'Bis zur Grenze', dachte ich. Ich wollte nicht, das ihm was passierte. Er war wie mein großer Bruder, würde ihm was passieren, würde ich mir das nie verzeihen.

'Äh ne...', widersprach er.

'Entweder bis zur Grenze oder gar nicht...', mit diesen Worten ließ ich ihn stehen und sprintete weiter.

Ich hörte wie Jake begann zu fluchen, mir aber letzendlich hinterher rannte. Er verlor kein Wort mehr darüber und lief einfach nur neben mir her, während ich meine Nase fest auf den Boden drückte. Plötzlich blieb ich stehen. Ich hob ruckartig den Kopf an. Ich hatte Seths Spur aufgenommen! Jake sah mich an. Er wusste, jetzt würde er mich erst recht nicht mehr aufhalten können. Ich sprintete los. Meine Beine schienen fast von selbst seiner Spur zu folgen. Sie war nur ganz leicht, aber mich erfüllte sofort ein Gefühl von Geborgenheit, als ich ihn roch.

'Bye Jake, wir sehen uns!', damit verabschiedete ich mich und sprang mit einem Satz über die Grenze des Reservates. Jake blieb an der Grenze zurück und schaute mir hinterher.

Mittlerweile war ich schon eine Ewigkeit unterwegs. Die Grenze hatte ich bestimmt schon vor 2 oder 3 Stunden hinter mir gelassen. Ich lief immernoch Seths Spur hinterher. Ich würde ewig brauchen, bis ich ihn finde. Er ist jetzt schließlich schon fast einen kompletten Tag lang weg. Er hatte viel Zeit einfach nur zu laufen.

Laut knackte es über mir. Ich hielt an und verwandelte mich zurück. Ich wusste was bzw. eher wer es war. "Was willst du hier?!", fragte ich, drehte mich um und schaute in den Baum schräg über mir.

"Ich lasse doch nicht meine beste Freundin erschießen!"

"Hat Jake dich geschickt?!"

"Nein..."

"Ness?"

"Dazu sage ich nichts! Hör auf!"

"Nathan lass mich doch einfach meinen Verlobten finden und fertig!"

"Nein... Ich will dich wenigstens beschützen dürfen! Du bist meine beste Freundin... meine einzige Freundin! Die erste, die ich je hatte!", Nathan blickte mir mit einem Ausdruck in den Augen entgegen, den ich noch nie zuvor gesehen hatte. In ihnen sah ich die bedingungslose Liebe, die man nur einem Freund entgegenbringen konnte. Ich begann zu Lächeln auch wenn es mich zur selben Zeit irgendwie wunderte, dass ich Nathan so viel bedeutete.

"Tut mir leid Nathe... aber ich muss ihn einfach finden... sonst verliert mein Kind vielleicht seinen Vater..."

"WAS?! Du bist schwanger?!", er sprang vom Baum, riss dabei noch einen Ast mit sich und landete vor mir.

"Ja und?!"

"S*****!", fluchte er und schleuderte den Ast gegen einen Baum. "Hättet ihr nicht aufpassen können?!"

"Was geht dich das an?!"

"Viel, wenn meine beste Freundin dabei draufgehen könnte!!"

"Warum sollte ich dabei draufgehen?", ich runzelte die Stirn.

"Hast du schon mal darüber nach gedacht, das das Gift in deinem Blut nicht mehr für dich reicht, aber vielleicht für dein Kind?!"

"Was?! Wie meinst du das?!"

Nathan sagte nichts mehr und es war klar für mich, wie er es meinte: Es bestand die Möglichkeit, dass mein Kind ein Vampir sein würde. So wie ich es schon in Esmes Gedanken gesehen hatte.

Nachdem ich den Schock verdaut hatte, hatte ich Nathan erlaubt mich zu begleiten. Ich hatte mich wieder in einen Wolf verwandelt und folgte weiter Seths Geruch. Plötzlich konnte ich ihn wieder spüren. Tief in meiner Brust spürte ich wo er war. Wie ein innerer Kompass. Nur das die Nadel nicht nach Norden zeigte, sondern zu ihm. Ich wurde noch schneller.

Ally POV und Seth POV

Ich konnte sie spüren. Ally. Sie war nicht weit von mir entfernt. Ich musste mich beeilen. Ich wollte nicht zu ihr zurück. Ich hasste mich zu sehr dafür, dass ich einfach abgehauen war... also rannte ich.

Ich konnte ihn spüren. Er musste in der Nähe sein. Laut jaulte ich los. 'Seth?! Wo bist du?!', fragte ich per Gedanken immer und immer wieder. Nie bekam ich eine Antwort.

Ich lief, lief, lief, lief und lief. Immer der Nase nach und weg von Ally.

Ich lief, lief, lief, lief und lief. Immer dem Gefühl in meiner Brust hinterher. Dem Hämmern meines Herzens nach, zu Seth hin. Irgendwann würde ich ihn schon einholen.

Sie wird mich niemals einholen... uuund Hopp! Über einen Baumstamm herüber.

Uuund Hopp! Über einen Baumstamm herüber.

Mist! Ich höre sie schon!

Ja! Weit ist er nicht mehr! Ich kann ihn schon hören!

Schnell machte ich einen scharfe Rechtskurve. Auf die Meerenge zu. Diese war hier besonders eng, das wusste ich. Ich wusste auch, dass wir weit von zu Hause weg waren. Sehr weit...

Wo ist er?!? RECHTS!

Und Anlauf und...

Gleich hab ich dich endlich wieder!

SPRUNG! Gerade eben drüben angekommen... schnell weiter!

Stopp! Ich wollte nicht nocheinmal eine Klippe herunter stürzen! Hier würde er nicht herüber springen. Also andere Richtung.

Ja! Abgeschüttelt!

Ich spürte ein Ziehen in meiner Brust als ich mich tatsächlich wieder von ihm entfernte. Er war über die Meerenge gesprungen. Ich stoppte abprubt, drehte um und rannte den eben gelaufenen Weg zurück. Was er konnte, konnte ich auch. Nur so konnte ich ihn einholen...

Doch plötzlich hörte ich einen Knall. Ich fuhr herum. Ein stechender Schmerz durchfuhr mein rechtes Hinterbein. Ich stürzte. Machte eine Rolle auf dem Boden und spürte, wie ich mich wieder in einen Menschen verwandelte. Schlussendlich blieb ich auf dem Rücken liegen und atmete schnell. Mein Herz hämmerte nur so gegen meine Rippen und ich hatte das Gefühl, das sie gleich brechen würden.

"ALLY!", ich hörte wie Nathan meinen Namen rief und sich neben mich auf den Boden setzte bzw. schmiss.

Langsam hob ich meinen Kopf an und schaute auf mein schmerzendes Bein:

Es war blutüberströmt.

Wolves - Familie bedeutet LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt