Hupe, wenn du geil bist!

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Unzählige Alchemisten waren über hunderte von Jahren auf der Suche nach dem Stein der Weisen, jener sagenumwobenen Substanz, die unedle Metalle in Gold oder Silber verwandeln sollte. Die Besitzer von Goldzertifikaten werden sich in Anbetracht der gegenwärtigen Lage auf den Finanzmärkten sicherlich darüber freuen, dass das mit der Goldherstellung bisher nicht geklappt hat. Geht es aber darum, Dinge in Geld zu verwandeln, sieht die Sache schon anders aus. Hierzu benötigt man lediglich ein halbwegs attraktives Model, professionelle Bildbearbeitungssoftware nebst einem halbwegs fähigen Fotografen. Diese Zutaten wirft man nun in ein Atelier und lässt sie ein paar Stunden bei mittlerer Hitze arbeiten.

Das Ergebnis dieser magischen Mixtur pappt man nun auf all den minderwertigen Plunder, der sich ohne Sexappeal wesentlich schlechter verkaufen ließe. Bei Produkten zählt das Image mehr als die Qualität. Ob es sich dabei um Fensterkitt oder Autos handelt, spielt keine Rolle. Ein Sportwagen ist sexy, was auch immer das eigentlich bedeutet. Heißt das, man kriegt mit einem Porsche so viele Frauen, dass er sexy wird oder ist das Fahrzeug selbst sexy? Wenn Letzteres zutrifft, versuchen vermutlich nicht wenige Porschefahrer in einsamen Momenten, ihr Gefährt zu begatten. Rein praktisch würde dies die mannigfache Auswahl an Sportauspuffanlagen in verschiedenen Größen erklären. Wie bringt man den Wagen in Stimmung? Hupt man, wenn man geil ist?

Die Werbung hat ja auch Recht!

Wir alle sind wild, offenherzig, durchtrainiert und hochgradig promisk. Da legt die Lehramtsstudentin noch selbst Hand an den Mann, um über die Runden zu kommen, Darsteller von Pornofilmen sind jetzt auch irgendwie Schauspieler und Frauen, die ihre Wäsche bei C&A kaufen, sehen so aus wie die Models auf den Werbeplakaten. Der nächste Höhepunkt ist immer in Reichweite, denn wir sind irgendwie stets unterwegs zum Gipfel der Lust. Wer wagt es noch, von sich das Gegenteil zu behaupten?

Jemand, der an dieser Stelle darüber nachdenkt, warum seine Partnerin nicht so aussieht wie die Frau auf dem Werbeplakat, keine Freundin zum Duschen einlädt und im Nachttisch weder Reitpeitsche, Gerte noch Schlagstock aufbewahrt, sollte freundlich aber bestimmt auf die bestehenden Mängel verweisen. Schließlich kann es nicht falsch sein, wenn man seine Vorstellungen über eine glückliche Beziehung den Boulevardmagazinen entnimmt.

So erhöhen wir untereinander die Erwartungshaltung, dem von Fernsehen und Werbeindustrie propagierten Ideal gerecht zu werden. Der Mensch ist ein Rudeltier, letzten Endes wollen wir alle einfach nur dazugehören. Jedes Produkt birgt auch die Hoffnung auf ein aufregenderes Leben, egal wie langweilig und trist sich der Alltag anfühlt. Die Oberflächlichkeit der glitzernden Medienwelt lässt jeden in dem festen Glauben zurück, dass er ein Star werden kann, wenn er nur willens ist, mit der Kraft der Verzweifelung seinen Träumen hinterher zu jagen.

Also seid fein artig und tut nichts, was die Anderen nicht auch machen würden. Schließlich haben die jenes wilde Privatleben, das ihr nur aus dem Fernsehen kennt. Ihr wisst auch genau, dass das wahr ist, denn ihr habt es ja im Fernsehen gesehen!

 Ihr wisst auch genau, dass das wahr ist, denn ihr habt es ja im Fernsehen gesehen!

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