(12) Sich einfach mal treiben lassen. Zum Beispiel in den Wahnsinn.

190 18 5
                                    

Eigentlich war die Undercoveraktion gar nicht mal so schlimm, wie ich gedacht hatte. Nein... Sie war noch viel schlimmer. 

Wie war es möglich, seinem (sexy) Erzfeind, den man über alles hasste, zu entgehen, obwohl man irgendwo am Arsch der Welt im selben Haus mit ihm leben musste? Ganz einfach: garnicht. Im Gegenteil, irgendwie schafften wir es ständig, uns in den unpassendsten Situationen in die Quere zu kommen.

Da Liam und ich aus welchen Grund auch immer die einzig konsequenten Langschläfer waren, fing es schon morgens damit an. Also, „morgens" gegen halb elf, wenn wir versuchten, uns in der Küche einen Kaffee zu machen, ohne dem anderen dabei ein Messer in die Brust zu rammen. Was leichter klang, als es war. Jeden Morgen ging es von vorne los ... und so hatte es auch begonnen, direkt am ersten Tag nach dem Einzug. Das Spiel.

Ich hatte gerade geduscht, meine Haare eindrucksvoll in ein Handtuch gewickelt und nach Stunden endlich verstanden, wie man die Kaffeemaschine bedienen musste, als Liam in die Küche geschlafwandelt kam und ich urplötzlich mehr als wach war. Nein, diese dumme Spannung zwischen uns hatte sich immer noch nicht gegeben. Im Gegenteil, da Liam wegen seiner Rettungsaktion offenbar Stress mit den anderen hatte, hasste er mich sogar noch mehr. Was er mir zu gerne verdeutlichte. Zum Beispiel mit seinem Lächeln, das eher einem Zähnefletschen glich. „Netter Turban. Vielleicht lockst du damit einen reichen Scheich an, was?"

Ich brauchte ungefähr fünf Minuten, um zu kapieren, dass er auf das Handtuch in meinen Haaren anspielte. „Genau, die rennen hier in Irland ja haufenweise rum. Geografie ist wohl nicht so deins, Liam, was? Zum Glück bist du nur Boybandsänger geworden, da braucht man kein Gehirn."

„Ehrlich, versuchst du gerade zu behaupten, dass ich ungebildet bin? Niedlich, ausgerechnet du, Nina." Bevor ich reagieren konnte, hatte sich der Blödmann ganz nah zu mir hinuntergebeugt. Zu nah. Viel zu nah. Sein Atem streifte meine Wange und ich erstarrte urplötzlich, weil meine Magenbewohner mal wieder rebellierten. Die feierten im mir eine Party, während der Mistkerl meine ... Hilflosigkeit offensichtlich ausnutzte und auch noch begann, mir sanft über den Arm zu streicheln. Ich umklammerte meine Kaffeetasse so fest, dass ich fürchtete, sie würde zerspringen und war verdammt kurz davor, etwas Unangebrachtes zu tun. Zum Beispiel sein Shirt zu zerreißen.

Mein Mund wurde zwar trocken, aber ich hatte tatsächlich noch etwas, das man wohl als Selbstbeherrschung bezeichnen konnte. Langsam und bedrohlich sprach ich, während ich in seine hinterlistigen Augen zurückfunkelte. „Wenn du diesen Kaffee nicht über deine Klamotten gekippt bekommen willst, anstatt ihn zu trinken, schlage ich vor, dass du mich loslässt."

Liams Lächeln wurde breiter, als seine Hand weiter meinen Arm streichelte. „Na, wenn das so ist..." Er beugte sich noch ein wenig zu mir herunter, und wenn ich mich nur an diese Situation erinnerte, bekam ich wieder eine Gänsehaut. „... dann würde ich ihn doch lieber Trinken." Mit diesen Worten riss er meinem schockerstarrtem Ich die Kaffeetasse aus der Hand und ging grinsend aus der Küche. Aber nicht, ohne ein fieses „Eins zu Null, Chanum!" in meine Richtung zu flüstern. Diese Aussage war in etwa gleichzusetzen mit „Lasset die Spiele beginnen!" und er sollte das noch bereuen.

Mittlerweile stand es nämlich 5:4. Gut, für ihn, aber nicht mehr lange! Kein schlechtes Resultat für eine Woche, die wir jetzt schon in Südirland gefangen gehalten wurden, Pardon, in der wir untergetaucht waren. Eine Woche, in der sonst nichts weiter passiert war. Ehrlich, ich vermisste aufrichtig die Horden von Wachmännern, und das sollte was heißen. Higgins war fast nie anwesend und die Band schaffte es immer wieder, für totales Chaos zu sorgen. Okay, vielleicht half ich ihnen auch dabei, aber sie waren schlimmer! Schon am ersten Tag weigerte Louis sich, seine Aufgabe zu erledigen. Er sollte nämlich die Schafe auf die Weide treiben, da Deirdres Schäferhund vor kurzem (haha) ins Gras gebissen hatte, und sie keinen geeigneten Ersatz fand. Der Glückspilz kam schließlich drum herum, weil es ohnehin in Strömen regnete. Überhaupt war das Wetter so was von deprimierend! Wer über das britische Wetter schimpfte, der war eindeutig noch nie in Irland gewesen. Der Regen war so penetrant, dass ich vor lauter Luftfeuchtigkeit schon automatisch lockige Haare bekam. Oder, wie Harry es liebevoll nannte: eine als-hätte-ich-in-auf-die-Steckdose-gefasst-Frisur. Da Louis also aufgrund seiner ausgeprägten Schafsphobie nicht in die Nähe der Tiere kommen durfte, mussten Niall und Liam schließlich Futter verteilen, während der Rest wohl nur das Bad reinigen sollte, stattdessen aber eine Klopapierschlacht anzettelte, woraufhin Deirdre ihren ersten Nervenzusammenbruch bekam - und wir kein Klopapier mehr hatten.

(N)One DetectionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt