7. Pure Dunkelheit

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Ich saß auf meinem Bett und lackierte mir die Nägel in einem wunderschönen Weinrot, ich liebte klassische Farben. Aus dem Telefon erklang Denis' Stimme. Wie ich es vorgehabt hatte, hatte ich ihn, nachdem ich mit Kate gegangen war, angerufen. "Hallo?" Erklang seine Stimme durch den Hörer. "Hey Denis, ich bins Amber." Sagte ich und strich nun auch über den letzten Nagel mit dem in Farbe getränkten kleinen Pinsel. "Ah... Amber... Was gibt's?" Er klang nicht sehr begeistert mich zu hören. "Die Frage sollte ich wohl eher dir stellen. Wieso bist du uns aus dem Weg gegangen?" Ich drehte das Nagellack Fläschchen wieder zu und stellte es auf meinen Nachttisch. "Ich... Ähm ich bin euch nicht aus dem Weg gegangen." Stotterte er. Er konnte noch nie gut lügen. "Natürlich bist du das. Also was ist mit dir los? Außerdem bist du ja auch nicht sehr begeistert mit mir zu reden." Meinte ich und lief zum Fenster um den beißenden Nagellack Geruch raus zu lassen. "Du, Amber, ich muss los. Wir sehen uns Morgen in der Schule. Tschau." Bevor ich noch etwas erwidern konnte, hatte er auch schon aufgelegt. Ich wusste doch das irgendwas los war und ich würde definitiv herausfinden was es war.

Nach den Hausaufgaben zog ich mich um, um joggen zu gehen. Das tat ich zwar sehr selten, aber in diesem Moment war mir einfach nach frischer Luft. Also schlüpfte ich in meine hellgraue Nikejogger und in ein schwarzes schlichtes enges Top. Meine Eltern waren heute Abend bei einem wichtigen Abendessen, wie sie es mir erklärt hatten, also war ich mal wieder allein. Ich bund mir meine Haare zu einem hohen Zopf und steckte mir meine Kopfhörer ins Ohr. Hinter mir schloss ich die Haustür und lief los.

Entspannt von der Musik, die in unmenschlicher Lautstärke in mein Ohr hallte, joggte ich durch die Straßen und versuchte meinen Kopf wenigstens etwas frei zu bekommen. So viele Fragen schwirrten darin herum und ich bekam sie einfach nicht abgeschüttelt. Auch wenn ich versuchte mich nur auf die melodischen Worte des Sängers zu konzentrieren, die in meine Ohren drangen, es gelang mir nicht mich abzulenken. Wieso war mein Leben von dem einen auf den anderen Tag nur so kompliziert geworden? Ich meine, seitdem mich Shawn geschlagen hatte, war alles irgendwie komisch. Kate war versessen auf Rache, ich hatte eine mysteriöse Bekanntschaft mit dem Neuen gemacht und Denis kapselte sich unnormal ab. Die einzigen die hier noch etwas normal waren, waren Jonathan und Cara, obwohl... So normal waren die dann auch nicht. Plötzlich hörte ich einen schrillen Schrei, der die Musik aus meinen Kopfhörern deutlich übertönte und mich aus meinen wirren Gedanken riss. Ruckartig blieb ich stehen und nahm die Kopfhörer raus. Ich schaute mich um, doch ich sah niemanden. Hatte ich mir das vielleicht nur eingebildet? Ich wusste doch das ich sie nicht mehr alle hatte... Gerade als ich weiter joggen wollte, hörte ich jemanden in meiner Nähe sehr laut fluchen. "So ein Scheiß, verdammt wieso gibt es hier nur so kleine Autos! Ich hasse dieses Drecksloch jetzt schon!" Ich folgte der Stimme und versteckte mich hinter einer Mülltonne, die mir ins Auge gefallen war und mir perfekt als Versteck diente. Keine Ahnung wieso ich mich hier versteckte, in diesem Moment kam es mir einfach richtig vor. Wer auch immer da geschrien hatte, ich war mir sicher das das nicht aus Freude war. Und ich wollte nicht die Nächste sein. Mir stockte der Atem als ich das Szenario, welches sich vor mir abspielte, genauer erfasste. Ein junger Mann mit dunklen zerzausten Haaren stand fluchend vor einem Auto, doch das war nicht das was mir so eine Angst machte, sondern die sehr tot aussehende, blutverschmierte Frau neben ihm auf dem Boden. Daher auch der Schrei... Die Angst kroch mir den Nacken hoch und ich starrte gebannt auf die einer Leiche ähnelnden zierliche Frau. Der Mann neben ihr drehte sich ganz plötzlich um und damit sah er genau in meine Richtung. Seine Augen waren goldbraun und seine Haare schwarz wie die Nacht. Sein Körper war recht muskulös was durch das schwarze V-Ausschnitt Shirt betont wurde. Um seine Mundwinkel klebte Blut, sehr wahrscheinlich das der Frau, die da immernoch auf dem Boden lag. Sein Blick war starr auf die Mülltonne an die ich mich presste gerichtet. Ich hielt den Atem an, als ich die Schritte hörte, die sich immer mehr in meine Richtung bewegten. Ich betete das er sich umdrehen und gehen würde. Mein Herz hatte sich auf das doppelte beschleunigt und drohte mir aus der Brust zu springen. "Ich weiß das du hier bist Kleine." Hörte ich die raue Stimme sagen, die mir schon ganz nahe war. Erschrocken klammerte ich mich noch fester an die Mülltonne, wenn das überhaupt noch möglich war. Ein Wunder das sie nicht umkippte, so stark wie ich mich gegen sie lehnte. Da will man einmal joggen gehen, mal was für die Gesundheit und den Geist tun, und natürlich begegnete ich einem Serienmörder, oder Einzel-Mörder.. Oder was auch immer! Die Hauptsache war das dieses kranke Schwein wusste das ich da war! "Entweder kommst du von alleine raus, oder ich komme zu dir und das willst du sicher nicht!" Knurrte er und mein Körper fing unkontrolliert an zu zittern. Sollte ich wirklich aufstehen? Oh gott.. er würde mich sicherlich umbringen. Mit Beinen die Wackelpudding Konkurrenz machten, stand ich langsam auf und lief neben die Mülltonne, genau in sein Blickfeld rein. Wieso tat ich das?! Renn doch! Wieso rannte ich nicht! Der Mann nickte zufrieden und ließ seinen Blick über meinen Körper schweifen. Er leckte sich über die Lippen und sah dann in meine Angst erfüllten Augen. "Wie heißt du?" Fragte er mit einem bösen Grinsen auf dem Gesicht. Er war ekelhaft, keine Frage, und am liebsten hätte ich ihm in diesem Moment allein für diesen Blick ins Gesicht gekotzt. Aber nicht nur dafür... Einfach dafür das wir diese Unterhaltung neben einer Leiche führten! Mit zitternder Stimme antwortete ich zögerlich. "Am.. Amber" Meine Stimme war so leise und hoch, das ich selbst überrascht war eine Antwort zustande gebracht zu haben. Er nickte wieder zufrieden. Wieso zum Teufel war ich so dumm und hatte meinen Namen verraten? Jetzt wusste er wer ich war und würde mich im Schlaf umbringen.. Oder einfach jetzt umbringen. Renn Doch verdammt! "Also Amber, was machst du noch so spät auf den Straßen hier, Allein? Haben deine Eltern dich nie vor jemandem wie mir gewarnt?" Das 'allein' betonte er wie eine Frage. Er grinste noch blöder, während ich da stand und mich nicht traute mich zu rühren. "Joggen" Nuschelte ich kaum hörbar, doch er schien mich verstanden zu haben. "Weißt du was? Eigentlich würde ich dich jetzt töten. Aber es wäre doch viel lustiger ein bisschen zu spielen oder?" Er grinste und kam näher auf mich zu. Zitternd stolperte ich zurück, doch konnte mich noch gerade so auf den Beinen halten. Ich fühlte mich wie in einem schlechten Horrorfilm. Wie gelähmt tat ich genau das, was er wollte. Wäre jetzt nicht der perfekte Moment gewesen um zu fliehen? Aber nein, ich blieb ja stehen, als hätte ich richtig Bock auf's Sterben! "Weißt du, ich provoziere John und seine Pläne echt gern." Erklärte er und sah mich wieder böse an. John?
Sollte ich jetzt rennen? Dieses perverse kranke Mörder-Schwein war kurz davor mich umzubringen und ich stand nue da und tat nichts! "Denk gar nicht erst daran weg zu rennen" Geschockt blieb ich stehen, stoppte mein zurück gestolpere, und starrte ihn an. Er hielt direkt vor mir an und nahm mein Hangelenk in beide Hände. Er hielt es in so einem festen Griff das es unmöglich gewesen wäre mich zu befreien. Was hatte er vor? Er würde mich töten, ermorden, umbringen, meine Gedärme rausholen, mich aufschlitzen, mir das Genick brechen, mich zerstückeln, meinen Kopf abhacken.. Ich hatte zu viele Filme gesehen.... Er zog mein Arm zu seinem Gesicht und verteilte federleichte Küsse darauf, was meinen Würgereiz noch um ein Vielfaches verstärkte. Allerdings huschte mir auch eine unangenehme Gänsehaut über den Körper. Er schenkte mir noch einen letzten bösen und triumphierenden Blick bevor er seine Eckzähne, die auf einmal beachtlich lang und scharf geworden waren, in mein Handgelenk bohrte. Schmerzverzerrt schrie ich auf und versuchte mich aus seinem Griff zu lösen. "Hör auf, bitte" Wimmerte ich unter Schmerzen und biss fest die Zähne zusammen. Der stechende Schmerz breitete sich in meinem ganzen Körper aus. Jede Faser meines Körpers windete sich unter seinem Einfluss, doch ich konnte einfach nichts tun um ihn aufzuhalten. Seine Augen waren genüsslich geschlossen und Tropfen meines Blutes liefen meinen Arm herunter. Sag mal waren wie hier in einer traurigen Twilight Nachahme oder was?! Hielt sich dieser kranke Idiot für einen Vampir? Verdammt! Ich schrie wie am spieß in der Hoffnung das mich jemand hörte, doch es half nichts. Ich brauchte nicht lange um zu verstehen was er da tat. Ich hatte Twilight und Vampire Diaries oft genug geschaut um zu wissen, das er mir jeden einzelnen Tropfen Blut aussaugte. Doch Vampire gab es doch gar nicht?! Meine Gedanken waren noch panischer als mein Geschrei, das nun verstummte und zu einem heißeren Krächzen wurde. Was sollte ich tun? Wie eine Bekloppte versuchte ich mich zu befreien, doch vergebens. Wie gern hätte ich jetzt einen Edward der mich rettete, oder einen Damon! Oder Stefan, aber Hauptsache irgendeinen der mich rettete! Ich zappelte trotzdem stur weiter, bis mich irgendwann die erlösende Dunkelheit einsog. Der Mann vor mir verblasste und auch mein Krächzen wurde von der Stille verschluckt. Ich ließ mich einfach fallen, fallen in dieses schwarze Loch bestehend aus purer Dunkelheit. Es schien mir irgendwie erlösend zu sein, an nichts mehr zu denken, und keine Schmerzen mehr zu fühlen. Es war ein befreiendes Gefühl endlich von der Realität loszulassen und mich einfach in die Dunkelheit fallen zu lassen.
Ich war wie tot und ich fand es toll.

*(Fertig Überarbeitet)*

Im Schatten Der Unsterblichkeit *(Wird Überarbeitet)* Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt