4 - Für eine Einbildung war diese hier echt gut. Gute Arbeit, Hirn.

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Mein Herz hämmert wie eine Dampflook. Meinen Atem habe ich angehalten, ich stehe unter Schock. In meinem Kopf ist es furchtbar laut, ich kann nicht mehr klar denken.

Das ist unmöglich. Es ist einfach unmöglich! Das kann nicht der Junge aus meinem Traum sein!

Vielleicht ... womöglich ist er es auch nicht. Ich meine, dieser Junge steht an die fünfzig Meter von mir entfernt. Und ich bin müde. Träume ich? Oder halluziniere ich schon?! Ich schlucke. Dann atme ich tief ein. Es tut schon fast weh, als sich meine Lunge wieder mit Luft füllt.

Langsam bewege ich meine Hände. Ich reibe meine Augen und lasse meine Finger vorerst dort ruhen. Bitte, bitte mach, dass er weg ist. Mach, dass es nur ein Traum ist.

Lieber erkläre ich mich offiziell für verrückt, als dass da immer noch dieser unheimliche Typ steht, sobald ich meine Hände wegnehme.

Du packst das, Mary! Das war nur eine Einbildung, du gehst nach Hause und schläfst erstmal,  sage ich mir in Gedanken. Ja, das ist ein guter Plan.

Mehrere Sekunden bleibe ich in dieser Position, versuche die Angst zu verstauen. Ich weiß nur nicht wohin mit ihr. Sie ist zu groß.

Bitte lass es ein Traum sein, genau wie der Erste.

Ich atme erneut tief ein, dann halte ich die Luft an. Eins ... Zwei ... Drei.

Ich nehme die Hände von meinen Augen.

Und dann falle ich vor Schreck nach hinten, während ein lauter Schrei aus meiner Kehle dringt. Ich fange am ganzen Körper an zu zittern und schreie immer weiter.

Ich habe so Angst, dass mir ein dutzend Tränen über das Gesicht laufen. Schockiert starre ich den Jungen an, der jetzt nicht mal zwei Meter von mir entfernt ist.

Erneut wird mir eiskalt und ich kann kaum noch atmen. Ich schreie. Das ist er.

Die Haare, der Mund, seine wunderschönen braunen Augen, die abschätzend auf mich herunterblicken. Er kommt immer näher.

In meinem Magen herrscht Gefühlschaos, die Angst ist so intensiv, dass ich mich auf dem steinigen Asphaltboden winde. Die Tränen strömen ungehindert über mein Gesicht. Ich bin ihm schutzlos ausgeliefert.

Und ich weiß, was als nächstes passiert. Ich wimmere. Ich will nicht sterben! Was habe ich denn getan?! Ich kenne diesen Jungen nicht einmal! Ich schluchze heftig, dann wage ich einen Blick in seine Augen. Ich muss es wissen.

Und als sich unsere Blicke treffen, überkommt es mich erneut wie eine Wucht. Mein Mund fällt auf und ich höre auf zu schluchzen.

Ich stütze mich zwar immer noch mit meinen Händen auf dem Boden ab, aber ich bewege mich nicht mehr. Das Atmen vergesse ich auch wieder. Nur die Tränen fließen immer weiter.

Er ist wunderschön. Noch schöner, als in meinem Traum. Aber das ist es nicht, was mich zum Verstummen bringt.

Seine Augen. Ich sehe direkt in seine Augen und er sieht in meine.

Falls die Welt sich wieder zu drehen begonnen hatte, so bleibt sie ein zweites Mal stehen. Alles um mich herum verschwindet, meine gesamte Konzentration liegt in seinen Augen.

Und es ist der merkwürdigste, aber intensivste Moment, den ich je in meinem Leben erlebt habe. Ich schaue immer noch direkt in seine Augen, immer tiefer und tiefer. In seinem Blick liegt Verachtung, wilde Entschlossenheit. Ich zucke zurück.

Was dann passiert, weiß ich nicht.

Ich sehe gerade noch in seine braunen Augen und dann wird alles dunkelbraun.

The second PartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt