13. Kapitel - Ein Neuanfang oder so

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Kurz schaut mich Manuel noch mit diesem gruseligen Blick, einer Mischung aus Entsetzen und Ratlosigkeit, an, dann scheint er sich wieder zu fassen und versucht es mit einem Lächeln- was daneben geht. Ich verstehe Manuel's Reaktion nicht und weiß auch nicht, wie ich das deuten soll.

"Ja. Ja, ich mache YouTube.", sage ich irritiert.

Manuel reißt sich ganz sicher zusammen, er schluckt und zeigt dann auf die Kamera. "MelliBright. Das bist du. Ich wusste doch, dass du mir irgendwo her bekannt vorkamst."

Jetzt bin ich die, die erstaunt ist. Das ist zwar keine Rechtfertigung für Manuel's Tun, aber vielleicht kommt es nah daran.

"Du kennst mich?"

"Ja. Du hast bald die 400.000, ich hätte es doch wissen müssen."

"Woher?"

Manuel lacht auf. "Woher? Melissa, du bist nicht gerade unbekannt auf YouTube. Da kann es durchaus sein, dass dich jemand kennt."

Beeindruckt nicke ich. Na gut, es ist wahrscheinlich sehr naiv von mir, dass ich nicht glauben kann, dass jemand mich von YouTube kennt. Dazu muss man aber auch sagen, dass ich fast noch nie Kontakt zu anderen, größeren YouTubern hatte, weil das wegen der Schule so gut wie unmöglich ist.

Trotzdem weiß ich nicht, was ich antworten soll. Und ich verstehe immer noch nicht, warum Manuel so übertrieben reagiert hat. Als Fanboy kann ich mir ihn nämlich nicht vorstellen, zumal er ein Junge ist und meine Zuschauerschaft zu bestimmt fünfundneunzig Prozent aus Mädchen besteht.

Ich räuspere mich verlegen und kratze mich am Kopf, die Kamera in meiner Hand kommt mir immer schwerer vor. Manuel und ich stehen uns immer noch gegenüber, aber die Stille, die zwischen und herrscht, gehört verdammt. Es ist mir einfach unangenehm, ich weiß nicht, was ich machen soll, doch der hoffnungsvolle Blick zu meinem Gegenüber, lässt es auch nicht reden. Manuel schweigt und ich bin mir nicht sicher, ob das gut ist.

Warum verhält er sich auch so komisch? Ich kann das überhaupt nicht nachvollziehen, im ersten Moment kann ich mich super mit ihm unterhalten und dann passiert irgendetwas, was uns wieder gefühlte zehn Kilometer voneinander entfernt.

Ich hebe die Kamera ein paar Zentimeter hoch und meine: "Tja, wenn du mich kennst, wie wäre es mit einem kleinen Video?"

Einen Versuch ist es doch wert. Manuel sieht das offensichtlich nicht so, denn er geht. Er geht. Er lässt mich im Flur stehen und geht in die Küche, um sich dort hinzusetzen. Und ich bleibe mit der verfluchten Vloggingkamera alleine, weil ich nicht weiß, ob ich ihm jetzt folgen soll, oder stehen bleiben, oder was auch immer.

Joshua fragen wäre wohl besser gewesen, bei dem Eindruck, den ich von ihm habe, hätte er das gerne gemacht. Ein echter Gentlemen. Wie Lukas. Nicht an Lukas denken, ganz falscher Moment!, warne ich mich. Ja, die Aktion ist völlig nach hinten losgegangen, das muss ich zugeben.

"Nein. Melissa, es tut mir leid, aber ich kann das nicht." Ich schaue zu Manuel, werfe ihm einen nahezu verächtlichen Blick zu. Der immer mit seinem 'Tut mir leid, aber das-und-das'. Das ist keine Begründung, sondern eine lahme Ausrede!

"Ich würde gerne ein Video mit dir machen, du bist echt nett und alles, aber das ist eben nicht möglich."

"Geht es auch genauer?"

"Melli, ich kenne dich nicht mal richtig und weißt du, ich möchte nicht... Im Internet sein, nicht auf deinem Kanal. Das ist nichts Persönliches gegen dich." Ich bin verletzt. Manuel hat es geschafft, mich mit diesem Worten zu treffen, ich weiß nicht warum. Irgendwie fühle ich mich davon angegriffen und will mich dagegen verteidigen, dabei gibt es nichts zum Verteidigen. Es ist schließlich Manuel's Entscheidung, was er will und was nicht. Trotzdem...

"Wir könnten uns kennenlernen. Ich weiß sozusagen nichts über dich.", schlage ich halb ernst vor. Was liegt es mir daran, etwas über diesem Jungen zu erfahren? Ist es wegen der Geheimnisse, die er mit sich trägt? Wegen dieser besonderen Ausstrahlung?

Manuel lächelt. Ich setze mich zu ihm.

Manuel lächelt immer noch.

"Können wir noch mal beginnen, ich will nicht, dass wir uns streiten. Ich glaube, du kannst eine echt gute Freundin sein." Er macht eine Pause, streckt mir eine Hand hin, ich ergreife sie. "Ich bin Manuel, aber nenn' mich doch Manu. Und wer bist du?"

"Melli. Hallo Manu."

"Dann sag' doch mal was über dich, woher kommst du, was machst du gerne? Lieblingsfarbe?" Vielleicht mag ich Manuel deswegen so, er nimmt die Dinge ganz anders wahr. Er lebt auf eine Art und Weise, die ich nicht kenne. Aber ich bin offen für Neues.

"Ich komme aus Magdeburg, wir sind letztens hier hergezogen, ich wohne hier in der Gegend. Und ich mache gerne YouTube, singe manchmal und ja... Meine Lieblingsfarbe ist grün."

Manu steht langsam auf, schaut mich warm an und meint: "Du hast bestimmt Hunger, wie wäre es, wenn wir zusammen Nudeln kochen?"

Ich erwidere sein Lächeln und zucke mit den Schultern. Eigentlich spricht nichts dagegen, wenn wir jetzt anfangen, können wir um etwa halb eins spätestens Essen. Das klingt gut, dann muss ich auch nicht nach Hause. Aber die Frage, die ich mir eher stelle, ist, ob Manuel überhaupt kochen kann. Ich meine, er lebt noch bei seiner Mutter und von einer Schulfreundin weiß ich, dass deren Cousin auch noch bei seinen Eltern wohnt und sich nie selbst Essen kocht, sondern mit seiner Mutter isst, oder Tiefgekühltes.

Manu scheint meine Gedanken erraten oder aus meinem Gesicht abgelesen zu haben. "Ja, ich kann kochen, nur weil ich noch bei meiner Mutter lebe, bedeutet das nicht, dass ich nicht selbstständig bin."

"Na dann bin ich aber beruhigt." Unwillkürlich frage ich mich, ob sich Manu's Eltern getrennt haben, schließlich hat er nicht einmal über ihn geredet. Aber das muss auch nichts heißen, ich kenne ihn ja noch nicht sehr lange.

Ich schaue Manu zu, wie er eine Packung Nudeln aus einem Regal nimmt und danach einen Topf hinstellt. "Wir haben auch alles für Tomatensoße hier, wollen wir die auch machen?", erkundigt er sich und hält drei Tomaten in meine Richtung.

"Wenn schon, dann richtig.", sage ich. Ein paar Minuten später beginnt das Wasser zu kochen und Manu kümmert sich um die Nudeln, während ich noch Tomaten, Zwiebeln und Knoblauch klein schneide. Dabei unterhalten wir uns über unwichtige Sachen, zum größten Teil machen wir irgendeinen unproduktiven Quatsch- wobei ein Tomatenstück durch ein 'Unglück' Manu trifft, der sich mit einer halb durchgekochten geworfenen Nudel revanchiert.

Alles in allem, wir haben Spaß. Ziemlich viel Spaß und dadurch, dass wir am Ende leckeres Essen haben, ist es noch besser. Da Manu's Mutter in etwa einer Viertelstunde wieder kommen wird, haben wir beschlossen, auf sie zu warten, genug haben wir nämlich auf jeden Fall gemacht, wenn nicht sogar zu viel.

Ich hatte die Idee, am Freitag Abend eine kleine Lesenacht zu machen, weil ihr ja so oft nach neuen Kapiteln gefragt hattet (was mich echt freut, heißt dann ja wohl, dass es euch gefällt, danke), so von 19-22 Uhr, das heißt drei Kapitel. Ja, ist 'klein', aber ich habe eben Lust darauf.
Was sagt ihr dazu, könnt ihr da und wollt ihr das auch?

Für immer- GermanLetsPlay FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt