Kapitel 4

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Auf dem Weg nach Hause kreisten meine Gedanken nur um dieses einzige Thema. Gedankenverloren strich ich mit meinem Daumen immer wieder über die Stelle, die mir solche Sorgen bereitete. Ich sah zum gefühlten 100. Mal auf meine Handfläche hinab. Mein Blick schweifte über, auf den gepflasterten Steinboden. Bunte Ahornblätter zierten die nasse Straße und immer wenn ich auf eines trat, knirschten sie unter der Last meines Gewichtes.

Während ich blindlings geradeaus lief, merkte ich gar nicht, dass jemand auf mich zukam. Ich lief geradlinig, mitten auf dem Weg und wollte nur noch nach Hause. Doch dann, kam mir etwas in die Quere. Mit voller Wucht prallte ich gegen etwas Hartes. Meine Luft wurde aus meinen Körper gepresst. Mein Herz klopfte hart gegen meine Brust und ich spürte wie meine Adrenalinspiegel anstieg. Seit wann gab es denn eine Mauer auf dem Weg?, war mein erster Gedanke und ich wunderte mich warum mein Kopf nicht wehtat und warum diese mysteriöse Mauer so warm war. Doch dann erkannte ich die bittere Wahrheit und mir wurde klar, wie dumm ich gewesen bin.

Langsam schaute ich einen muskulösen Oberkörper hinauf, und schaute direkt in ein wunderschönes Gesicht. Eisblaue Augen blickten auf mich hinab und zwei einladende Lippen waren zu einem Grinsen verzogen. Mir lief ein eiskalter Schauer den Rücken hinunter. Dieses Gesicht. Auf irgendeiner Art und Weise kam mir dieses Gesicht bekannt vor. Als würde ich es schon mein Leben lang kennen. Aber ich konnte es nirgendwo einordnen, fand keinen Namen dazu...

Als ich bemerkte das ich immer noch wie in Trance an seiner Brust klebte, wich ich schnell einen Schritt zurück. Mein Gesicht wurde heiß und das Blut stieg mir in den Kopf. Beschämt, riss ich meinen klebenden Blick los und schaute verlegen zu Boden. "Na da hat's jemand eilig, was?" Diese Stimme. Auch diese Stimme hatte ich schon einmal gehört. Eine unverwechselbare Mischung aus melodisch und tief.

"Kennen wir uns?", platze ich heraus, ohne es aufhalten zu können. Wenigstens auf eine Frage an diesem verrückten Tag musste es doch eine Antwort geben. "Sie kommen mir bekannt vor", fügte ich hinzu.

Ein Schatten huschte über sein Gesicht. Er räusperte sich und nahm wieder sein Lächeln auf. "Nicht das ich wüsste."

Er log. Da war ich mir sicher. Ich weiß zwar nicht woher, aber ich wusste es. Vielleicht lag es an seiner Reaktion auf meine Frage. Oder ich wurde langsam wirklich verrückt.

"Kein Schauspieler oder irgendwen anders, den man kennen sollte...?"

Er lachte. Ein tiefes, kehliges Lachen. "Nein, aber ich nehme es mal als ein Kompliment."

"Na dann. Sorry." Ich schaute noch einmal in sein Gesicht und prägte es mir so gut es geht ein. Zum Glück war mir so gut wie nichts peinlich, sonst hätte ich diese Situation niemals überlebt.

Ich schob mich an ihm vorbei und setzte meinen Weg fort, diesmal mit dem Blick nach vorne gerichtet. Ich spürte seine bohrenden Blicke in meinem Rücken und mich überkam ein mulmiges Gefühl in der Magengrube. Und trotz seinen Beteuerungen das ich ihn auf keinen Fall kenne, wurde ich das Gefühl nicht los, das er mich in der Beziehung angelogen hat. Irgendwann, sagte ich mir, in irgendeinem doofen Moment fällt es mir bestimmt wieder ein, doch bis dahin ist er schon wieder über alle Berge.

Doch zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, das doch alles anders kommt.

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