Kapitel 8

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Das Leben zog, hinter der Regen verhängenden Fensterscheibe, an uns vorbei. Der Wagen hielt, an einer roten Ampel. Menschenmassen quetschten sich, zwischen den dünnen Streifen am Boden, über die Straße. So viele Menschen, so viele unterschiedliche Geschichten und Wege. Welchen Weg würde ich einschlagen? Welche Geschichte werde ich schreiben? Zu diesem Zeitpunkt war alles Ungewiss. Die Masse teilte sich, die eine Hälfte zog weiter, die andere musste warten und die Ampel wurde wieder grün. Immer wieder schweiften meine Gedanken zu ihm und immer wieder spielte ich die Szene ab, in der ich in das Auto eingestiegen bin:

Neugierig öffnete ich die Tür und fragte mich, was mich drinnen wohl erwarten würde. Ein paar schwere Jungs, die mir einen Sack über den Kopf ziehen, wie bei einer Entführung. Oder Menschen in Hosenanzügen, die über Politik und Wirtschaft redeten. Meiner Meinung nach, beides Horror Szenarien. Ich zog die schwere Tür auf und traute meinen Augen kaum. Da saß er wieder. Der Kein-Schauspieler-oder-sonst-irgendwen-anders-den-man-kennen-sollte-Typ. Vor meinem inneren Auge, sah ich ihn wieder, wie er mir auf der Straße gegenüberstand. Er lächelte, wahrscheinlich über das komische Gesicht, welches ich gerade zog. "Möchtest du nicht einsteigen?" Da war sie wieder. Diese melodische und zugleich tiefe Stimme, die mir so bekannt vorkam. Verwundert stellte ich fest, dass er auf dem zweiten Blick gar nicht so alt aussah, wie ich geglaubt hatte. Er war vielleicht 18, aber nicht älter. Ich räusperte mich und löste meinen Blick von seinem Gesicht. "Doch, bin dabei". Ich setzte mich auf das weiche, beigefarbene Leder, zwei Sitze entfernt von ihm. Veronica Mafesse setzte sich gegenüber von mir. Der Motor heulte auf, als der Fahrer die Zündung betätigte. Eine schwarze Glasscheibe trennte den Fahrer von unserem kleinen Trio. "Also... darf ich dir Jason Clarke vorstellen." Frau Mafesse deutete auf den Typ neben mir. "Er ist einer unserer Berichterstatter. Er hat dich 9 Monate beobachtet und hat dich studiert. Er..."

"Moment, Moment. Er hat mich BEOBACHTET?! Und STUDIERT?! NEUN MONATE?! Ist das Ihr ernst?" Wütend funkeltet ich Frau Mafesse an. "Ja, das mussten wir. Wir mussten wissen wie tickst."

"Noch lange kein Grund mich auszuspionieren und zu stalken."

"Dabei dürfen die Berichterstatter keinen Kontakt zu den ihnen zugeteilte Personen aufnehmen. Deshalb frag ich dich, hat er Kontakt zu dir aufgenommen oder hast du ihn vor dieser Begegnung jemals gesehen. Das ist streng verboten, weißt du.", fuhr Frau Mafesse unbeirrt fort. Meine Augen wanderten wieder zu Jason. Er hatte also Kontakt zu mir aufgenommen, ohne das er es durfte. Seine eisblauen Augen zuckten kaum merklich zur Seite. Und dann wusste ich was er von mir wollte. Aus irgendeinen Grund, vertraute ich ihm. Also drehte ich mich wieder zu Frau Mafesse um und sagte entschlossen: "Nein, ich habe ihn nie zuvor gesehen und er hat auch keinen Kontakt zu mir aufgenommen." Frau Mafesse lächelte. Warum hatte er es, entgegen der Regel, doch getan? Die Fragezeichen in meinem Kopf vermehrten sich von Minute zu Minute. Aber eines war klar. Er war mir eine Erklärung schuldig.

"Sehr gut. Dann wäre das schon mal geklärt. Also zum Ablauf. Wir bringen dich zu unserer Einrichtung. Dort wird Jason dich herumführen und dir alles zeigen. In Phase 2 ist er nicht mehr unser Berichterstatter, sondern dein Schutzbeauftragter. Bei weiteren Fragen wendest du dich an ihn. Wir werden in ca. 15 Minuten ankommen."

Das Auto bog in ein Industriegebietsviertel ein. Wir bogen oft ab, mal nach links mal nach rechts, sodass ich komplett meinen Orientierungssinn verlor. Schließlich hielten wir an einem großen Gebäude im Herzen des Gebiets. Es war nicht sehr hoch, vielleicht 2 oder 3 Stockwerke, aber dafür war es so breit, als würde man 5 Häuser nebeneinander aufreihen. "So, wir sind da. Willkommen bei der 'World Security Organisation Germany'". Nun bekam ich endlich den Fahrer zu Gesicht. Er sah aus wie ein typischer Security Mann und öffnete uns, wie ein Gentlemen, die Tür. Ich trat hinaus in die Kälte, und ging zusammen mit Frau Mafesse und Jason auf das Gebäude zu. Zwei riesige, bronzefarbene Flügeltüren, bildeten den Eingang. Ich drückte die Türe auf und ein warmer Luftschwall kam mir entgegen. Mein Herz fing an wie wild zu pochen und mein Adrenalinspiegel stieg fühlbar an. Was wird darin wohl mit mir passieren?

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