Kapitel 9

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Die Lobby war ein großer Raum, mit einem langen Tresen am Eingang. Rechts und links führten Gänge tiefer in das Herz des Gebäudes. Geradeaus befand sich eine bronzefarbene, mit Ornamenten verzierte Tür, hinter der ich einen Aufzugsschacht vermutete. Es herrschte ein herber Betrieb. Menschen in Anzügen liefen telefonierend hin und her und niemand nahm Notiz von uns. Einzig eine untersetzte Frau, die am Tresen saß, nahm uns wahr. Sie hatte lange, graue Haare, die ihr in Wallen über den Schultern lagen. "Frau Mafesse! Wie ich sehe waren Sie erfolgreich. Soll ich Herr Wagner Bescheid geben und die zwei unten anmelden?" Verwirrt drehte ich mich zu Jason um. "Was ist unten?", fragte ich ihn flüsternd. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen. "Das wirst du dann sehen." Ich hasste diese Geheimniskrämerei und langsam fühlte ich mich ein bisschen verarscht. "Komm schon. Hör auf mit diesen ganzen Geheimnissen. Ich werde schon den ganzen Tag vertröstet." Starr blickte er geradeaus und würdigte mich keines Blickes. "Du wirst alles noch früh genug erfahren. Sei nicht so ungeduldig. Das musst du dir abgewöhnen, wenn du hier bestehen möchtest." Wie war das denn jetzt gemeint. Das Ganze wurde immer merkwürdiger, aber ich entschied mich dafür, lieber den Mund zu halten.

"Nein ich habe dies bereits getan. Trotzdem Danke", antwortete Frau Mafesse in der Zwischenzeit kühl. Sie drehte sich zu Jason um und sagte: "Du weißt, was du zutun hast." Mit dem Blick in meine Richtung sagte sie: "Jason wird dich jetzt herumführen. Stell ihm alle deine Fragen. Wir sehen uns später." Mit diesen Worten verschwand sie in dem Gewusel der Anzugmenschen. "Komm, wir haben nur begrenzte Zeit." Jason und ich setzten uns in Bewegung in Richtung des Wahrscheinlich-Aufzuges. Er drückte auf den Knopf und wir warteten. "Also, was genau mache ich hier?" Ein lautes Bing ertönte und die Türen schoben sich zur Seite. Der Aufzug war riesig, es standen aber nur ein schlanker Mann im schwarzen Anzug (wer hätte es gedacht) und ein kleiner, etwas dickerer Mann mittleren Alters in den Ecken des Aufzugs. Desinteressiert blickten sie geradeaus, jeder in seinen Gedanken versunken. Wir betraten das Fahrzeug und die Türen schlossen sich. Eine weibliche, mechanische Stimme meldete sich: "Etagenzahl bitte". "Etage 0" Die Männer hinter uns schauten überrascht und zugleich neugierig auf. "Also...?" Forderte ich Jason erneut auf. Er beugte sich zu mir hinunter zu meinem Ohr. Sein heißer Atem verpasste mir eine Gänsehaut. "Nicht hier", raunte er mit einem Blick auf die Männer, die uns immer noch unauffällig  beobachteten. Er richtete sich wieder auf und verfiel wieder in seinem nachdenklichen Schweigen. Die Schwerkraft drückte uns gen Boden, als der Aufzug stoppte. Die Tür öffnete sich und gab die Sicht auf einen gigantischen Raum mit vielen Schränken frei. "Etage 5. Archiv" Die mechanische Stimme ertönte wieder und der schlanke Mann ging an uns vorbei, wobei er einen penetranten Geruch seines Parfums hinterließ. Ich rümpfte meine Nase und war froh als der Geruch außer Reichweite war. Die Türen schlossen sich. Die Stille war greifbar und trieb mich halb in den Wahnsinn. Dasselbe wiederholte sich in Etage 3. Dem Labor. Und endlich waren Jason und ich alleine. Die Türen schlossen sich und schon packte Jason meinen Arm, wirbelte mich zu ihm herum und schaute mich eindringlich aus seinen eisblauen Augen an.

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