Kapitel 21

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Stöhnend schlage ich die Augen auf.
Das erste, was ich sehe, ist Athenodoras Gesicht. Sie lächelt mich an.
"Was ist passiert?", frage ich, und reibe mir meinen schmerzenden Kopf.

"Du bist ohnmächtig geworden.", antwortet Athenodora.

"Schon wieder?"

"Ja", lacht sie.

Ich setze mich auf. Das Zimmer, in dem ich liege, ist nicht das, in dem ich bisher geschlafen habe. Es ist ziemlich kahl, und in meinem T-shirt ist mir zudem richtig kalt. Nur eine dünne Decke liegt über meinen Beinen.

"Könnte ich vielleicht noch eine Decke haben?", frage ich Athenodora, und sie gibt mir eine.

Nach und nach kommen jetzt auch die Erinnerungen zurück, was passiert ist, bevor ich in Ohnmacht gefallen bin.

"...es war im runden, großen Saal...sie haben mein Blut ausgewertet....Sulpicia ist sauer auf mich, auch wenn ich nicht weiß, wieso...", fasse ich leise murmelnd zusammen, "dann ist der schwarzhaarige Mann hereingekommen...und Caius hat gesagt...", ich stocke.

"Ist er wirklich mein Vater?", frage ich Athenodora verwirrt.

Sie mustert mich. "Ich denke schon.", sagt sie schließlich.

"Aber....was bedeutet das jetzt? Für mich?"

"Ich kann dir nicht mit Sicherheit sagen, was passieren wird. Du wirst bestimmt noch eine Weile hier bleiben müssen. Allerdings", lächelt Athenodora, "du bist Aro's Tochter. Du wirst sehen, das bringt einige Vorteile mit sich."

"Ich hab einen Vater.",
Ich kann es immer noch nicht fassen, "ich hatte nie einen, weißt du? Meine Mum und ich, wir sind immer gut alleine zurechtgekommen. Klar, sie hatte ein paar Beziehungen, aber nichts Ernstes."

"Ich hab meinen Vater nie kennengelernt.", Athenodora schaut mich ernst an. Das ist das erste Mal, dass sie etwas Persönliches von sich erzählt.

"Weißt du was?", fährt sie fort, "wir sind jetzt quasi verwandt!"

"Wirklich? Wie denn?"

"Caius und Aro sind praktisch Brüder. Nicht blutsverwandt, aber die nennen sich dennoch so. Ich bin also deine Tante.", sagt Athenodora lächelnd.

"Cool. Ich hatte nie eine Tante. Meine Mum ist Einzelkind, und ihre Eltern sind schon länger tot.", erzähle ich ihr.

"Ich bin so vergesslich, du musst sicher Hunger haben!", fällt meiner neuen Tante ein, und bei ihren Worten erinnere ich mich an etwas anderes.

"Was war das mit der Marmelade? Sangue? Das war Blut, oder?"

"Ich hol dir erstmal was zu Essen!", weicht Athenodora meiner Frage aus, und während ich noch mit offenem Mund dasitze, ist sie schon zur Tür hinausgerauscht.

Wenig später kommt sie mit einer anderen Frau zurück, mit derselben, die mir ein paar Tage zuvor schon einmal Pizza gebracht hat. Diesmal ist es Spaghetti Bolognese.
Die Frau reicht mir die Hand.
"Ich bin Gianna!", sagt sie mit deutlichem italienischen Akzent.

"Lilith.", stelle ich mich vor.

"Guten Appetit!", sagt sie und geht wieder.

"Ich bin hier in Italien, oder?", frage ich Athenodora.

"Wie kommst du darauf?"

"Ihr sprecht italienisch, das Essen ist italienisch, und Gianna redet Deutsch mit italienischem Akzent! Unsere Schule hat eine Partnerschule in Rom, ich weiß wie sich das anhört!"

Athenodora druckst ein bisschen rum, aber dann nickt sie: "Du hast recht. Wir sind in Italien."

"Und was war das jetzt mit dem Blut?"

"Kannst du dir das nicht denken?"

Ich überlege.

"Liegt es an meinem Vater? Also daran, dass er mein Vater ist? Er ist wie ihr, hab ich Recht? Ihr seid übermenschlich schnell, schön und lebt hier zurückgezogen vom Rest der Welt!"

"Es ist in deinen Genen, das stimmt. Sind dir vorher noch nie irgendwelche....Besonderheiten an dir aufgefallen?"

Jetzt fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Es sind Kleinigkeiten, gewiss, aber dennoch....ich esse schon immer gerne Rumpsteak, blutig. Blutwurst. Ich war stets die Schnellste beim Sport.

"Und was bin ich jetzt?", frage ich verzweifelt.

"Die Frage ist eher: Was sind wir, dein Vater, Caius, Jane, ich und all die anderen. Denn was immer wir sind, du bist es auch. Zumindest zur Hälfte."

"Ihr seid....", ich stocke. Im Kopf zähle noch einmal die Übermenschlichen Dinge zusammen. Dann füge ich meinen eigenen Blutdurst hinzu. Ein einziges Wort zeichnet sich klar in meinem Kopf ab.
"Ihr seid Vampire."

It's my lifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt