VIII

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Die Gelehrten und die Zeit sind wichtiger, bedeutsamer.
Mary wusste nicht wann Worte sie zum letzten Mal so dermaßen verletzt hatten, sie hatte sich ein Grinsen aufgezwungen, ihm zugezwinkert, dann war sie im Bad verschwunden. Und hier saß sie jetzt auch immer noch - weinend unter der leise rauschenden Dusche. Wieso hatte sie sich nur in ihn verlieben müssen? Und weshalb war es für ihn bloß Sex gewesen? Es hatte doch so viel mehr bedeutet... Ihr zumindest. Ihm wohl eher weniger. Erstickt schluchzte sie in das zusammen geknüllte Handtuch hinein, nachdem sie gegriffen hatte, damit Dean vor der Tür sie nicht hörte. Das Wasser durchnässte ihre Haare und das Tuch, doch das war mir egal. Ihr Herz stach grausam, blutete. Hatte sie denn niemand vorwarnen können? Hatte ihr keiner sagen können wie weh Liebe tat? Sie hätte sich nicht darauf einlassen, sich vor ihm nicht derartige Blöße geben sollen. Jetzt stand sie da, verliebt in ihn. Und er wollte sie nicht haben. Ihr Herz brannte, es fühlte sich an, als versuchte man die zerbrochenen Teile mit einem Band zusammen zu schnürren, sodass Mary glaubte, sie stände kurz vorm Ersticken. Leise wimmernd drückte sie ihr bebendes Kreuz gegen die Duschwand, lange hatte sie sich nicht mehr derartig miserabel gefühlt. Lange hatte ihr niemand mehr derartig weh getan. Die Schwarzhaarige schniefte, ihr nasses Haar klebte ihr in der Stirn und sie streckte sich, um das Wasser abzudrehen, blieb jedoch in der Dusche sitzen und drückte ihren Hinterkopf gegen die verhältnismäßige Duschwand. Sie war viel zu sensibel, viel zu empfindlich. Das hatte sie schon damals gewusst- und sie liebte viel zu schnell und viel zu sehr. Die Dame fuhr sich übers Gesicht, zog die Nase leise hoch und kämpfte sich jetzt doch hoch, schälte sich aus den nassen Sachen und legte sie über die Duschwandkante, zog sich das Sommerkleid an, das Tina ihr Nachts auf den Schreibtisch gelegt haben musste. Es war nachtblau und wunderhübsch. Mary wusch sich das Gesicht mit kaltem Wasser, solange bis man ihr nicht mehr ansah, dass sie geweint hatte, ehe sie sich schminkte und die vorderen Strähnen ihrer dunklen Haare, die sich noch feucht leicht lockten, nach hinten steckte. So ging das wohl... Einerseits konnte sie Dean verstehen, sie war keine Schönheit, da gab es wirklich tausendfach Damen die hübscher waren als sie. Trotzdem fragte sie sich andererseits aber dann, wieso hatte er mit ihr geschlafen? Das hätte er nicht getan, würde sie ihm nicht gefallen.

Mary zerbrach sich darüber selbst noch den Kopf als sie aus dem Bad trat, dann zur Küche lief, wo Tina mit Dean am Tisch saß und sie setzte sich schweigend dazu, griff nach der Tasse Tee, die man ihr bereitgestellt hatte. Tina, die ihr gegenüber saß, ließ ihre jetzt sinken. ,,Jetzt erklärt ihr mir mal bitte genauer, wieso ihr so im Mist steckt" Ernst sah sie in die Runde und Dean sah Mary an, doch die hatte ihren Blick eisern auf ihren Teller gerichtet, sodass der Winchester leise seufzte und sich an die Schneiderin wandte. Er wusste, er hatte was Falsches gesagt und Mary sehr weh getan, er hatte sie weinen gehört und die gemeinsame Nacht sofort bereut, sie musste sich unsagbar ausgenutzt vorkommen. Etwas, das Dean keinesfalls tun wollte. Er hatte sie weder verletzen noch zu seinen Gunsten ausnutzen wollen. ,,Wir sind auf der Party aufgeflogen. Und ich hab jemanden umgebracht, der Mary umbringen wollte. Und blöderweise weiß man irgendwoher, dass wir beide es waren. Ich denke, wenn man eins und eins zusammen zählt und schlau genug ist auf zwei zu kommen, weiß man das auch", murmelte er und fuhr sich übers Gesicht, Mary neben ihm nickte. ,,Vielleicht hat uns auch ein Dritter gesehen.", fügte sie hinzu und Tina seufzte leise, sah die Beiden an und biss sich auf die weinrot geschminkten Lippen, das Gesicht der etwas molligeren Dame wurde von ebenholzbraunen Locken umrahmt, sie war eine hübsche Frau für ihr mittleres Alter. ,,Dann habt ihr euch ganz schön in Gefahr gebracht, Kinder", meinte sie und Mary nickte, hatte ihre Tasse jetzt geleert und stellte sie zurück auf den Unterteller.

,,Wir wollen dir auch keinesfalls zur Last fallen oder dich mit rein in diese Sache ziehen - danke, dass du uns hilfst, aber lange können wir nicht mehr bleiben. Vielleicht noch eine Nacht, dann müssen wir fort", murmelte sie und Dean schluckte, während Tina leicht nickte, abwesend auf den Brötchenkorb sah. Und jetzt schien jeder seinem eigenen Gedankenstrang hinterher zu hetzen - Mary dachte an Dean, Dean dachte an Mary und Tina war die Einzige in der Runde, die sich Gedanken über das machte, was eigentlich ziemlich wichtig war: wohin mit den Beiden? Wo konnten sie Schutz suchen? Die Frau wollte ihnen helfen, konnte es jedoch leider nur begrenzt. Mary seufzte leise, als sie Deans Blick einen Moment auffing und biss sich auf der Unterlippe herum, der Winchester sah jetzt hastig auf seine Tasse, nach welcher er nun wieder gegriffen hatte. ,,Ich könnte einen alten Freund fragen ob ihr euch auch etwas auf seinem Gut verstecken können - er hat die edelsten Pferde der gesamten Umgebung, ich denke, dort würde man euch nicht so schnell vermuten. Gerade weil es so einfach wirkt", meinte Tina da und Mary nickte ihr zu. ,,Wenn das nicht noch mehr Umstände macht", lächelte die Zeitreisende, griff nach einem kleinen Stück Kuchen, um wenigstens etwas zwischen den Zähnen gehabt zu haben. Wer wusste, wann sie wieder stehlen musste, um einen Apfel am Tag zu haben. Irgendwas sagte ihr, dass es nicht mehr dauern würde. Genauso wie sicher nicht mehr viel Zeit verstrich, bis Dean und sie getrennte Wege gingen. Und das mit Sicherheit immer noch innerhalb des siebzehnten Jahrhunderts - sprich, Mary würde ja sowieso nicht mehr nach Hause kommen. Da war sie sich jetzt sicher, nicht wissend, wieso eigentlich. War sie so verletzt, dass sie Dean jetzt in die Schuhe schob, er würde sie in der Vergangenheit sitzen lassen? Die Dunkelhaarige rümpfte die kribbelnde Nase. Ja, okay. Das war sie.

Prisoner Of Time  [D.W|SPN]  ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt