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,,Pass auf, wir müssen schlau vorgehen." Mary hockte hinter der Mauer die zum Rathaus runterführte und schielte über den Rand zum Marktplatz, Dean dicht neben ihr und aufmerksam beobachteten beide das Treiben, das sich an den Ständen abspielte, so dicht und voll besucht war, dass es ein leichtes war in mitten der Masse einen kleinen Apfel mitgehen zu lassen. ,,Okay, schlau.", murmelte der Blonde und sie sah ihn ernst an, leise hallte Musik zu ihnen rüber, die einer der Ärmeren auf seiner Blockflöte spielte, um so wenigstens an ein paar Kronen für ein kleines Mittagessen zu gelangen. Die Miete der Marktstände war hoch und stieg weiter und weiter an, auf Preise, die man sich nicht leicht aus der Tasche ziehen konnte, was vermutlich Grund dafür war, dass der Markt langsam zunehmend in sich zusammen schrumpfte. ,,Ich werde normal über den Platz laufen und dann, mitten im Getümmel am Obststand eine Ohnmacht vortäuschen. Aller Augen werden auf mich gerichtet sein, so dass du Zeit hast uns unser täglich Brot zu beschaffen." Sie grinste ihn stolz auf meine Idee an und er lächelte leicht, nickte langsam und seine grünen Augen blitzten voller Tatendrang - verrückt, dass sie beide hier gerade einen Diebstahl begannen und trotz allem gerade Spaß hieran hatten. Mary schätzte, sie waren einfach alle beide zu mancher Zeit kleine Kindsköpfe, die zu viel Filme gesehen und sich zu sehr davon faszinieren hatten lassen. ,,Okay, los geht's. Viel Glück", nuschelte sie Dean zu, ehe Mary aus ihrer Tarnung trat und sich unter die Leute mischte, der Musik lauschte, die der Straßenkünstler machte und die das flatterndes Herz der Dame nochmal etwas beruhigte. Sie schob sich zum Obststand durch und ihr Magen beschwerte sich knurrend, als ihre rehbraunen Augen über Bananen und Weintrauben glitten, sie sich hungrig über die vollen Lippen leckte und zu Dean sah, welcher gerade über den Rand der Mauer hinweg spähte. Leicht nickte sie ihm zu, ehe sie künstlich begann zu schwanken, sich am Tisch des Standes abstützte und sich mit verzogenem Gesicht an die Schläfe zu fasste. ,,Junge Lady, geht es Ihnen nicht gut?", hörte sie eine alte Dame neben sich fragen und sie musste sich halten, um nicht triumphierend zu grinsen. Zwei Hände legten sich auf ihre Hüfte, hinderten sie am umfallen. ,,Madam?", hörte sie einen jungen Mann fragen und setzte nun auf eine Karte, indem sie in sich zusammen sackte und der älteren Dame ein erschrockener Schrei entfuhr. ,,Zu Hilfe! Hilfe! Eine junge Frau ist zusammen gebrochen!", hörte sie, sie rufen und verkniff sich das Lachen, hing in den Armen des Mannes, welcher sie vor dem Boden schützte und hoffte, Dean hatte den Moment erkannt und uns was zu essen besorgt. ,,Madam?" Man klopfte ihr zwei mal auf die Wangen und sie zwinkerte, ihr entwich ein leises gespieltes Seufzen, ehe sie die Augen langsam öffnete. ,,Was ist passiert?", fragte sie leise, wurde noch immer gestützt und langsam wandte die schaulustige Menge sich wieder ab, der Verkäufer hinter seinem Stand war blass geworden. ,,Sie sind ohnmächtig geworden", murmelte er und sie biss sich auf die Unterlippe. ,,Ach so, das passiert öfter, ich bin schwanger. Mir geht's wieder gut", schwindelte sie, brauchte jedoch noch ein ganzes Weilchen um die Leute wirklich davon zu überzeugen, wieder wohlauf zu sein, ehe sie sich hastig aus dem Staub machte, hinter die Mauer huschte und sich grinsend neben Dean setzte. ,,Ist das gut gelaufen oder ist das gut gelaufen?", fragte sie lachend und er reichte ihr breit grinsend ein gestohlenes Brötchen, sodass ihre Augen sich weiteten. ,,Wie hast du das denn geschafft? Mir gelingt Diebstahl nur am Obststand", meinte sie, das Wasser lief ihr im Mund zusammen und sie nahm es ihm mehr als nur dankbar ab, während er ihr verschwörerisch zuzwinkerte, dann von seinem eigenen abbiss...

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,,Vertrau mir, Dean, Tina hat mir bisher jedes Mal geholfen, wenn es ums Verkleiden ging.", meinte Mary - es war spät Abend und zwei weitere Tage waren vergangen, während sie  durch die Straßen liefen, sich fürs erste sicher fühlen konnten, denn die Männer der Schriften gaben im Bunker der Gelehrten gerade eine Versammlung - auf die die Beiden jedoch gehen wollten, weshalb die Dunkelhaarige Dean nun auch zu ihrer einzigen Freundin in diesem Jahrhundert zerrte. Tina, eigentlich Tania, die Inhaberin eines kleinen Modeladens an einer kleinen Ecke der Stadtpromenade und diejenige, die ihren Ehemann damals wegen einem Werwolf-Angriff verloren hatte und Jägern nun half, wo sie nur konnte. ,,Ich bezweifle dass diese ganze Idee von wegen, dass wir uns dort einschleusen, so eine gute Idee ist.", murmelte der Blonde an ihrer Seite und seufzend blieb Mary stehen - der Laden, welcher das Ziel beider darstellte, lag direkt auf der anderen Straßenseite. ,,Dean, du bist männlich und dich kennen sie noch nicht - in der richtigen Aufmachung werden sie mich ebenfalls nicht erkennen, nichts kann schief gehen, ich bin die Frau eines Gelehrten, dir." Ernst sah sie ihn an und er atmete durch, fuhr sich durchs Haar und nickte dann, sodass die Schönheit nach seinem Unterarm griff und ihn über die Straße zog, Tina ihnen schon grinsend die Tür öffnete. ,,Maryschatz! Schön, dass du vorbeischaust." Freudig sah sie sie an und zog Mary in eine Umarmung, dann richteten ihre katzengleichen Augen sich auf Dean und sie schürzte die Lippen. ,,Netten Besuch hast du da", grinste sie und lachend trat die Dunkelhaarige ins Innere, ihr netter Besuch  folgte ihr schmunzelnd. ,,Ich will dass du ihn einkleidest, ich komm allein klar", meinte sie dann und die Augen der Schneiderin glitten über den jungen Mann an Marys Seite, ehe sie ihr zunickte. ,,Ich denke da lässt sich was machen."

Mary verschwand zufrieden hinter der Trennwand die zu eleganten Frauenkleidern führen musste und Dean blickte die Dame mittleren Alters an, die sich vom Aussehen her jedoch relativ gut gehalten hatte und ein Kleid trug, dass ihr üppiges Dekolleté in Szene setzte. Und doch gefiel sie dem Winchester nicht so sehr wie Mary es tat, auch wenn er das wohl oder übel lieber für sich behalten sollte, wenn nicht gar musste. Denn oberste Priorität hatte es jetzt zurück in seine Zeit zu kommen, nicht irgendeine Frau im siebzigsten Jahrhundert flachzulegen. ,,Okay, mein Lieber, ich denke, ihre Maße kann ich einschätzen, ohne sie nehmen zu müssen. Sie sind ein wahrer Vorzeigekerl, setzen Sie sich doch erstmal aufs Sofa, ich hole Ihnen alles." Damit verschwand sie durch eine nachtblaue Tür und Dean lehnte sich zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und starrte vor sich hin, drehte den Kopf, als er das leise Rascheln von Stoff hörte und Mary ihre Bluse gerade über die Trennwand warf, sie oben hängen blieb und ihre Hose folgte. Er schluckte und rutschte auf dem Sofa herum, wenn er könnte, er würde sie mit Sicherheit bespitzeln. Und einen Moment sah er sogar ein klein wenig ihren Hintern, als sie etwas zu weit hinter der Trennwand hervor trat und sich gerade nach etwas zu bücken schien. Räuspernd wandte er hastig wieder den Blick ab - Konzentration! Das war jetzt alles was zählte! Tina kam zurück und legte ihm einen sorgfältig zusammengelegten Stapel Kleidung auf den Schoß, deutete auf die Trennwand, gegenüber der von Mary. ,,Da können Sie sich umziehen." Kokettes Zwinkern, dann wandte sie sich zu ihrer Kasse und der Winchester erhob sich, um hinter die Wand zu treten und aus seiner Alltagskleidung und in den mehr als nur teuer wirkenden Anzug zu schlüpfen - und Dean war klar, da musste er gut drauf aufpassen, denn Tina lieh ihnen die Sachen ja bloß. Trotzdem musste er stolz grinsen, als er einen Blick in den Spiegel zu seiner Seite warf. Er sah aus wie ein reicher Edelmann aus den alten Filmstreifen. Sorgfältig richtete er seine Hemdärmel, dann zog er sich noch das Sakko über, ehe er hinter der Trennwand hervor trat, im selben Augenblick wie Mary. Und ihm blieb für den Bruchteil einer Sekunde die Luft weg.

Prisoner Of Time  [D.W|SPN]  ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt