Ein Teufelspakt

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„Hey, Sam. Was ist die längste Zeit, die ein normaler Mensch je ohne Schlaf durchgehalten hat? Elf Tage. Hey, du wolltest immer normal sein, Sam. Wenn du es bist, bist du in einer Woche tot!"

Sam hielt mitten im Schritt inne. Er drehte sich zu Luzifer um, der die ganze Zeit ein Stück hinter ihm gelaufen war. Vergaß für einen Moment, dass er eigentlich nicht auf den gefallenen Engel reagieren sollte. "Du willst mich umbringen?"

Der Gedanke überraschte ihn. Vielleicht weil er zu sehr davon ausgegangen war, dass alles so laufen würde wie im Käfig, wo Luzifer seine Wut an Sams unsterblicher Seele ausgelassen hatte. Betonung auf unsterblich. Sam hatte irgendwie erwartet, dass der Teufel an die "guten alten Zeiten" anknüpfen wollen würde. Dass sein Leben deshalb nicht in Gefahr war, weil damit der Spaß für Luzifer endete. "Du willst mich ernsthaft umbringen?"

Luzifer verdrehte die Augen angesichts von Sams erschrockener Miene. "Warum nicht? Weil du mein Lieblingsspielzeug bist? Wenn du den Titel behalten willst, solltest du ein bisschen mehr Mühe geben. Ignoriert zu werden wird ziemlich schnell ziemlich langweilig."

Sam schnaubte. Großartig. Jetzt klang es schon so, als wäre es seine eigene Schuld, wenn der Teufel ihn um die Ecke bringen wollte.

Luzifer schnalzte mit der Zunge. "Wenn du zumindest mit mir reden würdest, Sam ..."

"Wenn ich mit dir rede, lässt du mich schlafen?" Als ob es je so einfach wäre.

Erstaunlicherweise zupfte ein Lächeln an Luzifers Mundwinkeln. "Ist das ein Angebot?"

Tief in Sams müdem Gehirn ging eine Alarmsirene los. Man verhandelte nicht mit dem Teufel. Besser wäre es, er würde nicht einmal mit ihm sprechen. Genau das hatte ihn ja überhaupt erst in diese Situation gebracht. Aber genau genommen konnte diese Situation kaum schlimmer werden. Deshalb war das Nächste, was er sagte: "Vielleicht."

Luzifers Lächeln wuchs zu einem breiten Raubtiergrinsen. "Reden wir hier von einer einzigen Unterhaltung, oder bist du bereit, jederzeit mit mir zu reden, wann immer ich will?" Wie schaffte er es nur, etwas so Harmloses leicht anzüglich klingen zu lassen?

Sam seufzte. Wer mit dem Teufel verhandelte, konnte dabei nur verlieren. Aber er war so weit jenseits von müde, dass ihm langsam alles gleichgültig wurde. "Nicht vor anderen Leuten", sagte er nur.

"Süß. Immer noch drauf bedacht, nicht komplett verrückt zu wirken, hm? Ich glaube, dafür ist es zu spät, Sam."

Sam versuchte Luzifer böse anzustarren, aber mit brennenden Augen, die vor lauter Müdigkeit kaum mehr geradeaus schauen konnten, war das schwer.

"Na gut." Luzifer tippte sich mit dem Finger gegen die Lippen, als würde er tatsächlich über einen Handel nachdenken. Sams Einschätzung nach standen die Chance ungefähr fünfzig zu fünfzig, dass er nur versuchte Hoffnungen zu wecken, die er gleich darauf wieder zerstören konnte. Sam bemühte sich, nicht auf irgendetwas zu hoffen. Immerhin war ein Handel mit dem Teufel ohnehin eine dumme Idee.

"Vier Stunden Schlaf pro Nacht." Das Angebot klang unverhältnismäßig verlockend.

"Vier Stunden?" Sam versuchte nicht so zu wirken, als wäre er bereit, alle Brotkrumen anzunehmen, die Luzifer ihm hinwarf. "Bisschen wenig."

"Fünf Stunden, wenn du bettelst." Luzifer beugte sich so weit vor, dass Sam fast heißen Atem auf seiner Wange spüren konnte. Was natürlich unmöglich war, immerhin existierte der gefallene Engel nur in seinem Kopf. Das durfte er nicht vergessen. "Auf Knien."

Das klang mehr als anzüglich. Sam machte einen Schritt nach hinten. "Keine Chance."

Luzifer zuckt mit den Schultern. "Also vier Stunden. Besser wird das Angebot nicht."

Sam versuchte nachzudenken, aber der Schlafentzug schob sich wie Nebel zwischen seine Gedanken. Es konnte wirklich nicht noch schlimmer werden, da war er fast sicher. Nun, da er ohnehin schon dafür gesorgt hatte, dass er Luzifer nicht mehr loswurde, konnte es nicht schaden, hin und wieder mit ihm zu reden, oder? Ihn ständig zu ignorieren hatte herzlich wenig gebracht. Und der Gedanke, den Teufel anfahren zu können, wenn er irgendetwas besonders Nerviges tat, hatte eindeutig etwas für sich. Trotzdem wurde er das Gefühl nicht los, dass er einen Fehler machte.

Und wenn schon? Miese Entscheidungen in Bezug auf Dämonen hatten bei ihm immerhin Tradition. "Okay", sagte er.

Mit einem Mal erinnerte Luzifer ihn sehr an eine Katze, der es gerade unbemerkt gelungen war, die Sahneschüssel auszuschlecken.

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Als er ins Motel zurückkehrte, schnarchte Dean immer noch in seinem Bett. Sam ließ sich auf seines fallen. Plötzlich war Luzifer da, drückte ihm die Parodie eine mütterlichen Kusses auf die Stirn. "Schöne Träume."

"Leck mich", murmelte Sam und schlief ein.

The Devil on your Shoulder (deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt