10. Dancing in the rain

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Erst hatte ich überlegt, zu schwänzen!  Meine Eltern waren nicht da, sie würden es also nicht bemerken und ich glaubte auch nicht, dass sie jemals bemerken würden, was in der Schule wirklich so alles abging! Nicht, das es sie nicht interessieren würde, nein, sie waren einfach nicht besonders gut im "Gefühle erraten". Außerdem hätten die sicherlich auch keine hilfreiche Lösung gefunden: Ihr ganzes Leben war perfekt verlaufen!

'Denk positiv, Jolien, denk nicht immer an Jessie', sagte ich mir, während ich kalte Milch zu meinen Cornflakes schüttete. Wow,  das bringt es jetzt auch echt! Aber gleich würde ich Alex wiedersehen! Mit seinen wunderschönen Augen, die funkelten, wie zwei Diamanten,  seinen sandfarbenen Haaren, in denen ich so gerne meine Hände vergraben hätte und den vollen Lippen, die bestimmt perfekt zum Küssen geeignet waren... Ob ich das wohl je erfahren würde? 'Ok, Jolien, hör auf! Das klingt wie eine dieser kitschigen Liebesschnulzen, die deine Oma immer guckt!'

Genervt von mir selbst kippte ich den Inhalt meiner noch vollen Müslischale in die Spüle und schleppte mich langsam die Holstufen zu meinem Zimmer hoch. Das Zähne putzen ließ ich ausfallen (ich hatte doch sowieso nichts gegessen) und so schnappte ich mir gleich meine Schultasche. Da ich viel zu früh dran war, stellte ich mich im Flur vor den Spiegel. Ich war nicht auffallend hübsch, aber auch nicht unbedingt hässlich. Ich war einfach durchschnittlich! Ein 14- jähriges Mädchen mit blonden Haaren und blau/grauen Augen. Auch meine Kleidung war nicht besonders auffallend oder elegant: eine Jeans, Turnschuhe und einen einfachen grauen Pullover. Immerhin waren meine Haare frisch gewaschen und hingen nicht in fettigen Strähnen um mein Gesicht herum, oder noch schlimmer, auf meinem Rücken! Es wäre wirklich ein Wunder, wenn Alex sich für mich interessieren würde!

Nachdem ich mich lange genug im Spiegel angestarrt hatte, öffnete ich missmutig die Haustür und wurde sofort von der Morgensonne angestrahlt. Als ich mit dem Fahrrad aus der Einfahrt fuhr, wartete Mandy schon auf ihrem. Ich wollte eigentlich sofort auf sie zurennen und sie fragen, ob sie diesen Nachmittag Lust auf einen DVD-Abend hätte, doch dann bemerkte ich, dass sie mit ihrem Fahrrad quer auf der Fahrbahn stand und sich mit einem ziemlich süßen Jungen unterhielt! Also störte ich die beiden nicht. Aber hätte ich gedacht, dass ihr romantisches Gespräch sooo lange dauerte, wäre ich gleich gefahren. Sieben Minuten vor Schulstart standen die beiden immer noch so da und schienen mich noch nicht einmal zu bemerken! Als ich Mandy anstupste,  damit ich nicht wie das kleine Opfer ohne Gesprächspartner dastand, warf sie mir einen "Wehe-du-störst-mich-jetzt-Blick" zu und damit war die Sache für sie wohl geklärt! Tja, für mich aber noch nicht! Aber nach zwei weiteren Minuten ignorieren gab ich die Sache endgültig auf und fuhr alleine los zur Schule, wo ich zwei Minuten nach dem Lehrer in den Klassenraum schlüpfte, was mir prompt Nachsitzen einhandelte.

Der restliche Tag verlief ohne große Vorkommnisse. Mandy hatte wohl angefangen, mich komplett zu ignorieren, denn sie tauchte weder auf, noch schickte sie mir eine Nachricht oder rief mich an! Wahrscheinlich machte sie sich mit Menschen Mister Love einen schönen Vormittag. In der Freistunde kippte Jessie mir den Inhalt ihrer Fanta Dose auf den Pullover, aber irgendwie nahm ich es mit Fassung und zog mir das Sportshirt aus meinem Spind über. Es war mir schon ein paar Nummern zu klein, aber es war allemal besser, als in Unterwäsche oder mit ein nassen Pullover in Erdkunde zu sitzen!  Nach den letzten beiden Stunden (Musik), stellte ich mich brav vor den Klassenraum unserer Lateinlehrerin Mrs. Blackhoper und wartete auf meine Aufgabe: Reinigen von Schulpulten mit Lappen und Scheuermilch!  Es könnte schlimmer sein! Also schrubbte ich lieb alle Tische und als ich endlich aus dem Schulgebäude kam, fühlten sich meine Finger an, als ob eine ganze Krabbelgruppe drei Stunden auf ihnen herumgekaut hätte. Außerdem hatte ich ziemlichen Hunger, mir war kalt und ich so erschöpft, dass ich ich fast im Stehen eingeschlafen wäre. Zu allem Überfluss regnete es!

Als ich durch den Regen zu meinem Fahrrad lief und mir meine Tasche über den Kopf hielt, da ich natürlich KEINE Regenkleidung mitgenommen hatte, stolperte ich über einen Stein und fiel hin. Ich schlug mir zum Glück nur eine Handfläche auf, denn ich hätte auch auf die schlammige Wiese fallen können oder in eine der riesen Pfützen, die wirkten,  als ob sie ohne Probleme die ganze Welt verschlingen könnten. Während des Aufstehens sah ich in der Ferne neben meinem Fahrrad eine Gestalt stehen. Oh nein, bitte nicht Jessie! Die würde mir bestimmt den Rest geben... Doch als ich näher kam, sah ich, dass die Gestalt ziemlich muskulös war. Mandy schied also auch aus! Dann drehte sich der Unbekannte um und mir stockte der Atem! Es war...

Alex! Er schaute mich an und als mir meine Schultasche auf den Boden und in eine Pfütze viel, gingen seine Mundwinkel leicht nach oben. Doch meine Schulsachen waren mir im Moment herzlich egal. Wie in Trance kam Alex auf mich zu und auch ich rannte, ja flog fast ( auf Wolken, versteht sich). Als sich unsere Körper bereits berührten, umfasste er meine Ellenbögen mit seinen Händen uns schaute mir in die Augen. "Ich habe auf dich gewartet", jedes andere Mädchen hätte sich jetzt sicher in seine Arme geworfen, aber ich,  das dumme Schaf guckte ihn nur doof an und fragte: "Warum?" Und jetzt weiss ich echt, dass man tausende von Worten in einen Blick fassen kann! Denn Alex nahm mich einfach nur in den Arm und wirbelte mich einmal in der Luft im Kreis herum. Ich war bis auf die Unterwäsche nass, aber auch das war mir im Moment nicht wichtig. Das Einzige was zählte war Alex. Am Anfang bewegten wir uns nur langsam zu irgendeinem Beat und er wiegte mich dabei in seinen Armen hin und her, doch nach einiger Zeit fingen wir richtig an, miteinander zu tanzen. Schon komisch, dass ich meinen ersten Tanz am Fahrradstender an unserer Schule hatte, aber darüber wollte ich mir jetzt mal keine Gedanken machen!  Ich wollte diesen Moment einfach nur geniessen...

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 03, 2017 ⏰

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