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Ich machte mich so wie jeden Tag auch fertig, nahm meine Schultasche und ging los. Irgendwie hatte ich für den heutigen Tag ein gutes Gefühl, ich weiß auch nicht wieso aber es war da. In der Schule angekommen wurde ich von dem Typen, mit dem ich gestern in dem Kreis stand, angerempelt. Ich konnte mein Gleichgewicht noch halten und stand dann wieder direkt vor ihm. ,,Ach sorry, tut mir leid..." Er hatte noch irgendwas anderes zu sagen. ,,Merkt man..." Ich wollte gerade gehen als er mich an der Schulter festhielt und zurück zog. ,,Ich hab mitbekommen, dass du meiner Freundin eine Ohrfeige gegeben hast." ,,Ja, geschieht ihr auch recht." Keine Ahnung woher ich so viel Mut nahm, aber irgendwas in mir sagte, lass dich nicht unterkriegen. ,,Bist du nicht ihr Schoßhündchen?" ,,Dazu hat deine beschissene Freundin mich gemacht, ich bin es aber nicht." Der Typ schubste mich leicht nach hinten und es gab wieder ein Kreis von Schülern um uns.

Ich setzte immernoch mein gespieltes Grinsen auf, zum Glück beherrschte ich es im Gegensatz zu anderen Leuten. Anscheinend fühlte er sich, so aggressiv wie er schon ist, von mir provoziert. Der Typ schubste mich noch einmal heftig, sodass ich mit Hinterkopf gegen ein Schloss von einem Spind geknallt bin. Ich schüttelte kurz meinen Kopf damit der Schwindel weg ging und machte ein Schritt nach vorne. Der Typ schlug wieder auf mich ein, immer wieder und meistens in mein Bauch oder mein Gesicht. Ich lag auf dem Boden und es tat mir alles weh. Doch der Typ trat immernoch weiter.

Es klingelte auf einmal und der Typ trat noch einmal zu, ließ dann ab und ging zu seinem Klassenzimmer. Auch die Menschenmenge um mich herum wurde aufgelöst und ich lag da alleine herum. Irgendwann stand ich auf, nahm meine Sachen und ging einfach nach Hause. Es war mir scheiß egal, ob ich Unterricht hatte oder nicht. Was sollte ich noch da? Mir tat alles weh und an meinen Armen bildeten sich schon blaue Flecken. Ich lief weiter und versuchte die Schmerzen an den Beinen zu ignorieren, aber es klappte nicht. Deswegen humpelte ich nach Hause, plötzlich kam Jack und hielt mich noch fest. ,,Shadia?" Ich drehte mich zu ihm um und schaute ihn an. ,,Was gibt's?" Jack grinste böse und ging ein Schritt zurück. ,,Du bist ein Opfer des Internets!" Mit diesen Worten ging er und rannte zurück zur Schule.

Ich hatte mir bei diesen Worten nichts weiter gedacht, aber es sollte anders kommen. Als ich zuhause ankam, war niemand da. Ich holte mir ein Kühlakku aus der Tiefkühltruhe und stolperte fast die Treppen hoch zu meinem Zimmer. Oben angekommen legte ich mich in mein Bett, kühlte wenigstens mein Knie und war froh das mein Gesicht nichts abbekommen hatte. Wie auch immer nahm ich mein Handy und bekam eine Meldung von YouTube, dass es ein neues Video bei den Beliebtesten war. Ich klickte drauf und als ich es sah, warf ich mein Handy von meinem Bett auf den Boden.

Ich konnte nicht glauben, was ich gerade gesehen hatte. Der Typ wurde gefilmt wie er mich verprügelt hatte und nun war es auf YouTube. Ich konnte hier nicht bleiben, deswegen packte ich mir Sachen in einen Rucksack, humpelte die Treppen runter und wollte gerade die Tür aufmachen. Doch meine Tante kam mir zuvor. ,,Shadia... Wohin willst du? Ich dachte du bist in der Schule..." ,,Ehm ja... Lass mich raus, ich kann hier nicht bleiben." Ich versuchte durch zukommen, aber meine Tante ließ mich nicht durch.

,,Du bleibst schön hier!" Sie drängte mich wieder ins Haus und knallte die Tür hinter sich zu. ,,A-aber!" ,,Kein aber, hier!" Meine Tante schubste mich zur Treppe und zerrte mich nach oben, schmiss mich dann in mein Zimmer und schloss die Tür hinter mir ab. So konnte auch alles schief gehen, Opfer auf YouTube, alleine eingeschlossen im Zimmer, ach wieso sollte ich noch alles aufzählen. ,,ICH KANN DAS NICHT MEHR!" Ich schrie es aus mir raus, doch es war hoffnungslos. Mein Handy klingelte kurz und zeigte ein Kommentar bei YouTube an.
-Vielleicht ist es besser wenn sie da liegen bleibt und verreckt...
-Soll sie an ihren Wunden verrecken, niemand braucht sie!
-Hätte Alex doch nur mal fester zugeschlagen!

Ich las es mir alles nacheinander durch. Es war wirklich besser wenn ich einfach sterben würde, dann wären alle glücklich. Meine Schule wäre glücklich, meine Tante und ich wäre glücklich, weil ich bei meiner richtigen Familie wäre. Ich stand auf, ging zu meinem Schreibtisch und holte eine Klinge aus meiner Schublade. Mein Ärmel wurde hochgeschoben und ich setzte die Klinge an.

Plötzlich hatte ich nichts mehr in der Hand und auf dem Boden lag auch nichts. Ich schaute nach oben und was ich sah konnte ich nicht glauben. Ein kleines Etwas fliegte über meinem Kopf herum. ,,Was bist du?" Ich zog wieder meinen Ärmel runter und musterte es weiterhin. Das Ding flog zu mir runter und flog auf meinen Schoß, meine Augen folgten ihm dabei. ,,Ich bin Raye." Es hätte eine piepsende Stimme und schaute mich mit seinen ganz schwarzen Augen an. ,,Ich hab nicht gefragt wer du bist, sondern was du bist..." Raye nickte nur kurz, es war ja ganz süß, so klein und knuffig. ,,Ich bin dein Engelchen, dein Schutzengel."

,,W-was?" Ich staunte, aber wer wird auch schon von einem fliegendem Engelchen plötzlich auserwählt. ,,Naja ich hatte dich auch ein bisschen beobachtet und gemerkt das du hier gar nicht glücklich bist... Deswegen mach ich dir ein Angebot." Ich nickte nur und war gespannt was es wohl war. ,,Du kommst mit mir mit, zu einem Internat, man muss sagen es ist kein gewöhnliches und dafür kriegst du die Fähigkeit keine äußerlichen Schmerzen mehr zu spüren und mich." Raye guckte mich mit großen Augen, naja wenn man es Augen nennen kann, an. Ich konnte hier ja nix verlieren und schlimmer als dort konnte es sowieso nicht werden, oder doch?

,,Okay ich geh mit." Irgendwas in mir klang sicher, doch ich wusste nicht was. Raye machte einen kleinen Freudensprung nach oben und blieb dann in der Luft fliegen. ,,Nun gut, dann pack deine nötigsten Sachen ein und wir gehen los." ,,Aber wir kommen hier nicht raus, meine Tante hat mich eingeschlossen..." Ich versuchte irgendwas zuhören, aber es war alles still. ,,Das wird mein Problem... Ich kann uns hier jetzt ausnahmsweise mal teleportieren." Ich nickte nur, dass ist alles ein bisschen zu Außergewöhnlich für mich. Raye drehte sich um die eigene Achse und mein Zimmer verschwamm langsam.

Engelchen, töte!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt