Erlebnisse im Tod

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Jedwiga P.O.V.

Kaum hat Legolas die Augen geschlossen, wird sein Atem auch schon ruhig und gleichmäßig. Seine Anspannung, die ihn seit Tagen nicht loslässt, fällt vor ihm ab wie ein Schatten sobald man ins Licht tritt. Sanft streiche ich ihm eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht und halte weiterhin seine Hand. Er hat so sehr gelitten, dass wahrscheinlich noch viel später Spuren an seinem Körper und Geist zu sehen sein werden. Es tut mir weh wenn ich daran denke wie er geschaut hat als er mich gesehen hat. Er war blass und wirkte so unglaublich verletzlich, so wie jetzt. Auch wenn die Kälte und Härte aus seinen Zügen geschwunden sind, in seinen Augen kann ich erkennen wie sehr er gelitten hat. Man hat es ihm quasi angesehen wie er langsam starb, auch wenn er erstaunlich lange durchgehalten hat.
"Jedwiga?"
Ich schrecke auf und schaue zur Tür. Aragorn steht dort und beobachtet uns.
"Gandalf will mit dir sprechen."
"Ich weiß, aber ich will ihn nicht alleine lassen. Wenn er aufwacht und ich nicht da bin, wird er sterben."
Mein Blick wandert wieder zu Legolas, der friedlich schläft, und mir wird schmerzlich bewusst dass er für immer darunter leiden wird.
"Deswegen bin ich auch hierher gekommen", höre ich da eine mir bekannte Stimme und der weiße Zauberer kommt ebenfalls ins Zimmer.
"Gandalf!"
Erfreut lächle ich ihn an und löse vorsichtig meine Hand aus der des schlafenden Elben.
"Ich freue mich dich zu sehen."
"Ich mich auch, Jedwiga."
Er lächelt mich an, allerdings sehe ich die Sorge in seinem Blick und die Zweifel und stehe auf.
"Ich wollte mit dir sprechen-"
"Ich weiß. Und es tut mir leid, aber ich habe keine Ahnung wie es Frodo geht. Aber ich habe so ein Gefühl dass alles sich zum Guten wenden wird", unterbreche ich den Zauberer bevor er weitersprechen kann, denn ich habe den Grund für sein Hiersein bereits erkannt. Aragorn hat mich schon gefragt ob ich irgendetwas erfahren habe während ich tot war, besonders wegen Arwen, aber auch ihn musste ich enttäuschen. Gandalf nickt langsam und wirkt bedrückt, da füge ich noch etwas hinzu:
"Ich sehe dass diese Frage dich quält, aber das ist unnötig. Dort wo ich war habe ich alle gesehen die gestorben sind und die ich kannte, sogar Boromir. Aber Frodo oder Sam waren nicht dabei."
Bei diesen Worten blitzt Hoffnung in den Auge des alten Mannes auf und ich lächle. 'Hoffentlich verwandele ich mich nicht in eine zweite Galadriel.'
"Ich danke dir. Es tut mir leid dass ich dich mit den Sorgen eines alten Mannes belaste, aber es tut gut dies zu wissen. Wir freuen uns aufrichtig dass du wieder unter den Lebenden weilst, und Legolas auch", sagt Gandalf mit einem kleinen Lächeln und legt mir eine Hand auf die Schulter. Ein kleines Schmunzeln huscht über meine Lippen.
"Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich glaube ich habe euch alle ganz schön erschreckt."
Er lacht.
"Oh ja. Aber genug davon, ich lasse euch mal wieder alleine."
Er neigt den Kopf und ich lächle, dann geht der weiße Zauberer aus dem Zimmer und lässt mich stehen, doch dann sehe ich Aragorn, der noch immer im Türrahmen steht.
"Kann ich noch etwas für dich tun?", frage ich und er schüttelt langsam den Kopf.
"Ich dachte nur daran dass du vom Tod zurückgekehrt bist und das vielleicht auch mit Arwen geschehen wird."
Dann neigt er ebenfalls den Kopf, verlässt den Raum und schließt die Tür hinter sich. Ich setze mich wieder zu Legolas und warte bis er wieder aufwacht. Fast fühlt es sich so an als würde ich über ihn wachen.

Es dauert bis der blonde Elb wieder aufwacht, aber ich warte geduldig bis er sich bewegt und die Augen öffnet. Einen Moment schaut er mich an, dann breitet sich ein Lächeln auf seinen Lippen aus. 'Er sieht definitiv gesünder aus als vorher.'
"Du bist noch hier", flüstert er und ich nicke.
"Natürlich. Warum sollte ich auch weggehen?"
"Keine Ahnung", antwortet er und schaut mich schweigend an. Da streckt er seine Hand aus und streicht mir sanft über die Wange.
"Wo warst du?", fragt er und ich erinnere mich an das was ich erlebt habe.
"Nachdem ich gestorben bin meinst du?"
Er nickt und setzt sich aufrecht hin.
"Ich habe keine Ahnung wie der Ort heißt oder wo das war, aber alles strahlte in einem hellen Licht und nichts war mir vertraut. Allerdings konnte ich nicht wirklich sehen wo ich war, alles schien verschwommen und nicht richtig vorhanden."
Meine Stimme verliert sich während ich mich an den Ort erinnere, an das erinnere was ich gesehen habe.
"Ich habe aber keine Angst gehabt, auch nicht als es plötzlich heller wurde. Du errätst nie was ich gesehen habe."
Aufmerksam schaut Legolas mich an und ich lächle.
"Meine Familie war da. Derian, Angathel und Bahel, sowie eine Elbe die sich mir als meine Mutter vorgestellt hat. Sie waren alle glücklich mich zu sehen, es war wundervoll. Bahel hat gelacht und ist um mich herum gelaufen, Derian und Angathel haben mir gesagt wie stolz sie auf mich sind und dass sie mich lieben, egal was passiert. Ich kann gar nicht sagen wie sehr ich mich gefreut habe, vorallem als ich hörte dass es ihnen gut geht. Sie sind mir nicht böse dass ich ihnen nicht helfen konnte, oder nicht da war. Und sie meinten, ich solle Elrond danken dass er mich so liebevoll aufgenommen hat. Erst wollte ich da gar nicht weg, allerdings meinte meine Mutter dass ich zurückmüsste weil du mich brauchst. Dann wollte ich nichts sehnlicher als wieder zurück, auch wenn ich nicht wusste wie ich das anstellen sollte. Doch auf einmal verschwanden alle langsam und ich fiel in Dunkelheit. Ich bin aufgewacht, hatte Schmerzen, aber ich lebte. Und ich war noch nie so glücklich Aragorn zu sehen, du hättest ihn sehen sollen. Er schaute mich an als wäre ich soeben durch die Wand gekommen."
Ich muss lachen und Legolas zieht mich lächelnd an sich.
"So hätte ich wahrscheinlich auch geschaut", meint er und legt seinen Kopf auf meine Schulter.
"Wahrscheinlich. Aber weißt du was das Schönste war?"
"Nein, was denn?", erkundigt sich mein Verlobter und hebt den Kopf wieder.
"Bahel und ich haben gespielt, als er plötzlich mich ganz ernst anschaute und stehen blieb. Er berührte mit einer Hand meinen Bauch und ich habe etwas gespürt, was sich wie ein Kribbeln anfühlte. Fast als würde dort bald ein Kind wachsen. Und Bahel hat gelächelt. Er sagte er würde sich schon auf den Düsterwald freuen, da wurde mir ganz warm."
Ich lächle und schließe die Augen, da legt Legolas eine Hand auf meinen Bauch und ich muss grinsen.
"Es wird unser Kind sein", flüstert er an meinem Ohr und küsst mich auf die Wange.
"Auf jeden Fall", antworte ich und lehne mich gegen ihn.
"Aber erst müssen wir Sauron besiegen."
'Und das werden wir schaffen, da bin ich mir ganz sicher.'
Eine Weile lang bleiben wir so sitzen, da merke ich dass ich Hunger habe und öffne die Augen.
"Lass uns etwas essen gehen", schlage ich vor und Legolas nickt. Gemeinsam gehen wir zum Speisesaal und ich lächle die ganze Zeit über während ich mit Legolas rede. Die Menschen die uns entgegenkommen schauen mich überrascht an. Alle haben mich für tot gehalten, nur wenige wissen bisher von meiner Heilung.
Im Speisesaal verstummen allmählich die Gespräche als wir eintreten und die Blicke auf uns fallen. Ein wenig unangenehm ist mir das schon, aber ich ignoriere diese Tatsache einfach und Legolas führt mich zu Gimli und Aragorn an einen Tisch. Der Zwerg war einer der Ersten der meinte ich sollte zu Legolas gehen, doch Gandalf und Aragorn wollten kein Risiko eingehen. Also musste ich länger als nötig im Haus der Heiler bleiben.
"Legolas, Jedwiga! Schön euch gesund und munter zu sehen", begrüßt uns Gimli herzlich und unter seiner groben Art wirkt er wirklich erfreut. Legolas lächelt und wir setzen uns zu den Beiden. 
Lachend unterhalten wir uns und allmählich hören die Anderen im Saal auf zu starren und widmen sich wieder ihren eigenen Gesprächen. Doch irgendwann kommt Èomer an unserem Tisch vorbei und reißt überrascht die Augen auf als er mich sieht.
"Guten Abend Èomer, setzt euch doch zu uns", lade ich ihn grinsend ein, doch er schüttelt den Kopf und geht schnell weg.
"Was hat er denn?", frage ich belustigt und schaue zu Legolas, der ebenfalls grinst.
"Wahrscheinlich bereut er es mich wegen dir angesprochen zu haben."
"Ach hat er das?"
Aragorn lacht.
"Legolas hat ihn fast verprügelt", meint er und trinkt einen Schluck aus seinem Krug. Überrascht schaue ich meinen Verlobten an, der leicht lächelt.
"So schnell wird der mich nicht mehr ansprechen."
Der Rest des Abends verläuft ähnlich fröhlich und ich genieße diese Atmosphäre. Fast fühlt es sich so an als wäre alles in Ordnung, aber schon morgen werden wir beraten was wir als nächstes tun werden. 

Die Geschichte von JedwigaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt