Ein Schock und die Trauer um einen alten Freund

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Während Peter schuldbewusst zu Boden schaut und die anderen so tun als hätten sie die Konversation nicht verfolgt, schießt mir nur ein Gedanke durch den Kopf: Sie haben es gewusst! Warum hat mir nie jemand etwas gesagt? Denken die, ich hätte ihnen den Kopf abgerissen? Er will etwas sagen, lässt es aber dann doch bleiben. Bitte! Mein Leben steht nicht gerade Kopf! Nein, in ihm es wurde nur durchgemixt wie ein Kuchenteig in der Rührschüssel! Das Reicht! Ohne noch ein Wort stehe ich auf, drehe mich um und will nur so weit weg wie möglich von hier. Doch ich werde von einer Hand, die sich um meine schließt gehindert. Ich drehe mich um und erblicke Peters blaue Augen: „Was? Willst du mir noch etwas erzählen, was du mir vorenthalten hast?“ „Es… Es tut mir leid! Vielleicht…“, doch ich lasse ihn nicht ausreden und fahre dazwischen: „Ja, schön dass es dir leid tut. Mir tut es auch leid, dass ich euch vertraut habe!“ Dann reise ich mich von seiner Hand los und renne einfach in irgendeine Richtung davon. Ich werde nicht mehr zurückgehen. Nicht Heute!

Ich weiß nicht, wie lange ich schon so dahin laufe, oder wo ich überhaupt bin als ich bemerke, dass mir heiße, salzige Tränen die Wange herunter laufen. Doch ich ignoriere sie und rase weiter in den Wald hinein. Irgendwann bleibe ich stehen und lasse mich an der knorrigen Rinde eines Baumes auf den grünen, moosbedeckten Boden gleiten. Es ist alles zu viel! Und jetzt gebe ich meinen Gefühlen und den Tränen, die sie mit sich bringen freie Bahn. Ein Schluchzen durchzuckt mich. Und dann noch eines. Ich weine so lange, bis mir vor Erschöpfung die Augen zufallen.

Etwas weckt mich. Ein rhythmisches stampfen. Ein poltern. Gelächter. Es ist nur ganz schwach, doch ich kann es hören. Mittlerweile ist schon tiefste Nacht. Als ich meinen Kopf in die Richtung drehe aus der die Geräusche kommen, sehe ich Licht wie von Fackeln. Ich beschließe der Sache auf den Grund zu gehen. Ich komme näher an das Geschehen heran und bemerke eine Menge von Schattengestalten und in ihrer Mitte Jadis vor einem steinernen Tisch, in ein rabenschwarzes Kleid gehüllt. Was geht da vor sich? Einen Busch benutze ich als Versteck. Ich will wissen, was meine „Mutter“ diesmal ausheckt. 

Dann sehe ich ihn. Am anderen Ende der Lichtung tritt Aslan aus dem Wald heraus mitten in die Menge hinein. Mit gesenktem Haupt schreitet er auf Jadis zu. Er sieht schon fast traurig aus. Die Menge macht ihm Platz. Sie spotten und schreien als er vorüber geht. Kurz bevor er bei ihr ist, fängt Jadis an zu sprechen: „Seht nur, der große Löwe!“ Woraufhin die Menge nur noch mehr zu brüllen beginnt. Ein Minotaurus stapft auf Aslan zu, sieht dann nochmal zu Jadis, ehe er ihn mit einem kräftigen Hieb auf den Boden schlägt. „Fesselt seine Pranken!“, brüllt die weise Hexe nun einen neuen Befehl. Und dem wird nachgekommen. Ein Seil wird um seine Pfoten und über seinen Körper geschlungen. Nun fährt Jadis fort: „Bringt ihn zu mir!“ An dem Seil, das um ihn geschlungen ist wird der Löwe unsanft auf den Tisch gezerrt, auf dem Jadis mit einem Dolch bereit steht. Die Schattengestalten jubeln noch lauter als zuvor schon, doch mit einem Handzeichen bringt die Hexe ihre Gefolgschaft zum Schweigen. Doch dann fängt sie wieder an Krach zu machen. Dieses Mal nur in einem Rhythmus. Stöcke schlagen auf den Boden, Wölfe heulen. Sie beugt sich zu dem Gepeinigten hinunter und es scheint so, als würde sie ihm etwas sagen. Ehe sie sich wieder erhebt und zu ihrem Gefolge brüllt: „Heute Nacht, wird der tiefe Zauber ein letztes Mal erstrahlen. Aber morgen schon, werden wir Narnia für alle Zeiten… UNTERWERFEEEEENN!!!!“ Und noch einmal jubelt die Menge um sie herum. Nun wendet sie sich lautstark den Löwen zu: „Und mit dieser Gewissheit. Verzweifle“, nun hebt sie ihren Dolch an, „Und STIIIIRRRB!!“ Sie rammt die Waffe in den gefesselten Körper des Löwen. Vor schock schnaufe ich einmal laut auf. Sie hat ihn getötet! Sie hat Aslan getötet! „Die große Katze, ist TOOOTTT!!“ „NEEEEEIIIIINNNN!!!“, ich schreie mir die Kehle aus dem Leib und erschrocken fahren die Schattengestalten zu mir herum. „NEIN!“, noch einmal leiser. Aslan kann nicht tot sein! Er hat so viel für mich getan. Er kann nicht tot sein! Er war da, als mein Vater starb. Zwar in einer anderen Gestalt, aber er hat mich aus dem Abgrund geholt. Mein Vater. Dieses Mal kann ich das Bild, das mir in den Kopf schießt nicht ausblenden. Vater, blutüberströmt am Boden liegend. Ein Dolch in seinem Herzen. Nein! Ich rappele mich auf. Mittlerweile stürmen die Gestalten mit erhobenen Waffen auf mich zu. Tränen rinnen zum wiederholten Male meine Wangen hinab. Dann drehe ich mich um und renne. Ich laufe schneller als ich es jemals getan habe. Ich will nur noch weg hier, weg aus Narnia und zurück zu meiner Großmutter, zurück nach Hause. Äste werden gegen mein Gesicht geschlagen. Eigentlich sollten sie wehtun, doch ich spüre sie gar nicht. Ich renne einfach nur weiter auf meinem Weg ohne Ziel. Nach einer Weile höre ich die Menge hinter mir nicht mehr. Unterm laufen drehe ich mich um, ich will sehen ob mir noch jemand gefolgt ist. Doch das war ein Fehler, denn ich stolpere über eine Wurzel und lande auf allen vieren am Boden. Ich schüttele meinen Kopf und will mich aufrichten doch ich halte in meiner Bewegung inne, als ich den Saum eines schwarzen Kleides vor mir ausmache. Mein Blick gleitet ganz langsam nach oben.

„Ich kann dir helfen!“

Könige und Retter von NarniaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt