>Part 12<

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Die Arbeitszeit verlief unproblematisch, ich fühlte mich wirklich wohl und vor allem sicher zwischen all den Polizisten. Ausserdem fragte mich keiner nach meiner Vergangenheit aus, denn sie wussten alle davon. Am Abend fuhr mich Kota wieder nach Hause, während der Fahrt dachte ich daran das jetzt diese große leere Wohnung auf mich warten würde und dann er genau so allein ist wie ich. Vor dem Haus angekommen, blieb ich noch einen Moment sitzen. "Du hattest heute morgen recht. Ich schlafe schlecht genau so wie du offenbar. Wenn du also....naja wenn du mit rein kommen willst, ich hätte nichts dagegen." Einen Moment lang musste er offenbar darüber nachdenken, doch dann willigte er ein und parkte den Wagen vor dem Haus.

"Bist du sicher?" Ja ich war sicher und nickte selbstbewusst. "Du warst doch schon mal bei mir und ich habe einige Zeit bei dir gewohnt, also komm schon." Jetzt nickte er und so machten wir uns auf den Weg nach oben. Ich kramte ein bisschen in den Kisten bis ich endlich das gesuchte fand. "Ich habe hier noch ungetragene Kleidung von meinem Freund. Wir hatten immer welche für eventuelle Urlaube oder Krankenhausaufenthalte. Vielleicht passt sie dir." Zwar hatte Kota sich entschieden, heute Nacht hier zu bleiben aber natürlich brauchte er Kleidung und ich hatte Gott sei dank noch nicht alles weg geworfen. Er hatte vorgeschlagen eben zu seiner Wohnung zu fahren und etwas zu holen, aber ich war mir sicher noch Kleidung verpackt hier zu haben.

Ich ging mit den Klamotten zurück ins Wohnzimmer und fand ihn auf dem Sofa. Es war ein erschreckend normaler Anblick für mich, ihn auf meinem Sofa sitzen zu sehen, wo ich einst mit meiner Familie, Fernsehabende gemacht hatte. Einen Moment lang, starrte ich ihn einfach nur an. "Mach ein Foto, Yuna, da hast du mehr davon." Wieder brachte er mich zum lachen. "Entschuldige, wie unhöflich." Dann setzte ich mich zu ihm. Einige Zeit blieb es still, bis sich sein Magen meldete. "Ich hatte für heute einen Auflauf geplant, wenn du willst kann ich ihn jetzt machen." "Ich würde sagen, wir machen ihn beide." Da wollte ich ganz sicher nicht widersprechen, also machten wir uns an die Arbeit.

Es war absolut still im Haus nur das Kochende Wasser für die Nudeln und unsere Messer beim Gemüse schneiden waren zu hören. Ich hatte eine Flasche Wein aufgemacht und weil mir die Stille unangenehm war, machte ich jetzt das Radio an. Der Radiomoderator spielte heute eine 90ziger Playlist und irgend wann konnte ich nicht anders als mit zu trällern, was Kota wohl sehr amüsant fand. Irgend wann hatten wir es dann geschafft einen ansehnlichen und leckeren Auflauf zu machen und saßen auf dem Sofa, immer noch mit Wein bewaffnet. Am späten Abend kam ein Horrorstreifen mit viel Blut und noch mehr Geschrei, bei dem ich die meiste Zeit über die Augen geschlossen hielt. Der Film endete und ich musste mal ziemlich dringend ins Bad. Als ich wieder heraus kam und Kota nicht im Wohnzimmer vorfand, begann nach ihm zu rufen.

Ich hatte noch nicht ganz die Küche, auf der Suche nach ihm, betreten, da kam er aus der Ecke gesprungen und erschreckte mich fast zu Tode. Ich kreischte auf und schlug ihm dann auf die Schulter. Aber irgend wie musste ich dann ziemlich angeheitert los kichern, weil er ein "Autsch" gequiescht hatte und dabei einen Schmollmund machte. Er spielte beleidigt und jagde mich durch die halbe Wohnung bis ich mutig stehen blieb. Er packte mich mit beiden Händen an der Hüfte und hielt mich fest. "Hab ich dich. Du bist flink wie ein Kätzchen aber leider auch genau so kratzbürstig." Wieder schlug ich ihm auf die Schulter. "Du traust dich ja was." Er bekam ein merkwürdiges Grinsen und zog mich an sich. "Ich trau mich noch mehr"....dann küsste er mich.

Einen Moment lang war ich wie in Schockstarre dann drückte ich ihn von mir weg. Aber sagen konnte ich dazu noch nichts. Was war das gewesen? Kota selbst schien ebenso so verwirrt wie ich. "Yuna, es tut mir leid. Ich fahre besser nach Hause." Erst als ich die Haustür aufgehen hörte, rannte ich los und griff nach seinem Arm. "Bist du verrückt, du hast getrunken." Er sah mich nicht an als er sprach. "Es tut mir leid. Wirklich. Das hätte nicht passieren dürfen auch wenn ich nicht behaupten werde, dass ich es bereue." Er bereute es nicht einmal? Was war denn bloß mit ihm los? "Na schön, aber du hast recht, es hätte nicht passieren dürfen und das wird es auch nie wieder.Hast du mich verstanden?" Er nickte etwas unsicher und zusammen machten wir uns wieder auf den Weg ins Wohnzimmer.

Ich bereitete ihm die Schlafsachen vor und ging dann ins Schlafzimmer. Aber trotz dieses Vorfalls blieb in dieser Nacht, der Alptraum aus. Der Morgen war sehr still, denn dieser Moment stand wie eine Mauer zwischen uns. Um so mehr freute ich mich jetzt auf die Arbeit, denn da war so einiges zu verarbeiten. Was sollte das jetzt für die Zukunft bedeuten? Oder war es bloß aus einer Laune heraus und bedeutete gar nichts? Machte ich aus einer Mücke einen Elefanten? Alles Fragen die mir letztlich nur Kota beantworten konnte, weshalb ich ihn nach der Arbeit fragen wollte, doch er ließ mich hängen. Er hatte statt dessen Makoto gebeten mich nach Hause zu fahren.

Weil dieser eben auch mein Freund war, erzählte ich ihm unterwegs die ganze Geschichte und hoffte auf einen Rat. Makoto hatte während der ganzen Zeit kein Wort gesagt und auch danach noch einige Minuten gegrübelt während ich dem Regen dabei zu sah, auf die Windschutzscheibe zu prasseln und dann von den Wischblättern des Autos weg geschoben zu werden. Vor meiner Wohnung hielt er dann und sah mich leicht grinsend an. "Weisst du Yuna ich glaube er hat dich einfach sehr gern. Vielleicht auch mehr als das. Weil er weiß, dass das alles zu viel für dich ist und viel zu früh, versucht er das zu verstecken. Vermutlich kam der Alkohol gestern einfach dazwischen. Das beste wird sein, ihr zwei sprecht darüber." Verdammt, wenn das wirklich stimmte wusste ich gar nicht damit umzugehen. Ich hatte ihn erst als fremden gesehen und dann als Freund aber nie als mehr. Natürlich nicht, mein Mann war gerade mal wenige Wochen tot.

Einmal Abgrund und zurückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt