>Part 11<

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Dieses mal musste ich meinen Freunden versprechen mich alle zwei Tage bei einem von Ihnen zu melden. Ausserdem hatte Kota versprochen sich darum zu bemühen, dass ich einen Job bei der Polizei bekomme. Es wurden wohl noch immer Leute in der Verwaltung gesucht. Zum Arzt musste ich auch noch einmal wegen der Hand. Das alles änderte aber nichts, es ging mir jeden Tag ein bisschen schlechter. Ich wusste nicht warum aber erst jetzt schien die Trauer richtig einzusetzen. Ich begann noch mal genau zu recherchieren was genau damals passiert war. Schrieb mir alles genau auf, woran ich mich erinnerte. Jetzt fuhr ich auch zum ersten Mal zu ihrem Grab.

Natürlich hatten Schwiegereltern, Sato's Eltern keine Mühen und Kosten gescheut. Beide Gräber waren wunderschön, gepflegt und ordentlich. Doch zu wissen dass dort zwei geliebte Menschen unter der Erde lagen, brachte mich fast um den Verstand. Deshalb blieb ich nicht besonders lang. Ich hinterließ bei der Friedhofsverwaltung einen Brief für die beiden älteren Herrschaften in dem ich mich für alles bedankte und ihnen anbot eventuell wenn gewünscht ein paar Dinge zu zu schicken. Meiner Mutter hatte ich geschrieben, dass ich nun wieder in der alten Wohnung lebte und es mir gut ginge, doch es kam keine Antwort. Sie war wohl noch immer sauer, dass ich nicht mit zu ihr gekommen war.

Weiterhin weinte ich in jeder Nacht und auch am Tage wurde die Trauer immer mehr zu meinem Begleiter. Einfach wie aus dem Nichts begannen Tränen meine Wangen herab zu laufen. Alles ließ mich daran denken, was ich verloren hatte. Wie glücklich ich noch vor wenigen Tagen gewesen war. Jetzt lag mein Leben in Trümmern aber Ämter und das Umfeld sorgten dafür das man einfach immer weiter machen musste, auch wenn man dies gar nicht wollte. Immer wieder rastete ich komplett aus, warf etwas um mich oder schrie bis ich erschöpft einschlief. Doch nach aussen hin war ich ruhig und gelassen, wirkte fast normal.

Nach einer Woche schrieb mir Kota dann über WhatsApp, dass er endlich einen Job für mich bei der Polizei habe und ich im Club kündigen solle. Er wollte mich morgen zum ersten Schichtbeginn abholen. Es freute mich schon, dass ich nun nicht mehr in den dreckigen Nachtclub zurück musste aber irgend wie war mir auch mulmig zumute. Was war denn wenn ich meine Aufgaben nicht gut genug machte? Kota hatte ein gutes Wort für mich eingelegt. Ich durfte einfach nicht versagen und genau das machte mich unsagbar nervös. So schlief ich in dieser Nacht noch weniger und schlechter als sowieso schon und sah am kommenden Morgen eben genau so fertig aus, wie ich war. Kaum war ich in den schwarzen Kombi gestiegen wurde ich schon gemustert. "Du siehst schrecklich aus, hast du nicht geschlafen?"

"Ich bin wohl einfach etwas nervös. Ich will ja nichts falsch machen." Da war es wieder. Dieses kehlige dunkle lachen, dass mich immer mit lachen ließ obwohl die Zeiten wirklich alles andere als rosig waren. Als er sich wieder beruhigt hatte wurde er ernst. "Hör mal wir sind alle nur Menschen, auch bei der Polizei. Ich weiss du wirst es gut machen und jetzt beruhige dich." Dann war es für einige Zeit still bis Kota an den rechten Fahrbahnrand fuhr und hielt. "Hör mal, ich wusste du wirst es nicht mögen, aber ich habe einen Termin bei unserer Dienststellenpsychologin ausgemacht." Mit einem Mal war meine Laune im Keller. "Kota ich sagte dir ich würde nie wieder darüber sprechen und so hatte ich es auch gemeint." Doch er ließ nicht locker. "Du wirst dahin gehen, kleine. Es geht dir sehr schlecht und das macht mir Sorgen. Oder soll ich Kari anrufen und ihr sagen, dass du schon wieder verdrängst?"

Diese Drohung zeigte Wirkung, ich willigte ein das ein oder andere Gespräch mit der besagten Psychologin zu führen, wenn er mich dann endlich zur Arbeit fahren würde. Dort angekommen stellte er mir meinen Chef vor und half mir noch meinen Arbeitsplatz zu finden, dann machte er sich mit Makoto auf den Weg zu irgend einem Einsatz. Seit dem zweiten Anschlag, machte ich mir immer unendlich viele Sorgen um die beiden Männer und natürlich auch um ihre Kollegen. Doch nun musste ich mich auf die Arbeit konzentrieren und das tat ich auch. So verging die Zeit wie im Flug und kaum das ich mich endlich richtig eingewöhnt hatte, stand Kota schon wieder vor mir und wollte mich nach Hause bringen. "Ab morgen werde ich aber mit dem Bus fahren, du musst nicht extra herkommen und mich holen." Selbst verständlich hörte er nicht darauf was ich sagte und stand am nächsten Morgen bereits wieder vor meiner Tür.

"Kota ich sagte doch....." Er schnitt mir mitten im Satz das Wort ab. "Ja ich weiss, aber ich bestehe darauf. Die Zeiten sind unruhig und mit dem Bus zu fahren ist nicht mehr wirklich sicher." Wusste er mehr als ich? Es hatte doch gar keine Anschläge auf Busse gegeben oder? "Was meinst du damit?" Offenbar wollte er jedoch nicht darüber sprechen. "Nicht so wichtig, lass mich das einfach machen, Ok?" Na schön, er hatte gewonnen, ich war zu müde um mit ihm zu diskutieren. Immer wieder musste ich Gähnen. "Yuna, wenn du allein nicht schlafen kannst......also ich meine, du kannst dich jederzeit melden, dass weisst du." Hatte er mir gerade angeboten bei ihm zu schlafen? "Kota, ich...." Weiter kam ich jedoch nicht. "Ich weiss, dass dies mehr als unpassend ist aber wenn ich es nicht endlich sage, flippe ich aus. Die Wohnung ist viel zu still, viel zu groß, viel zu...einsam....komm doch einfach zurück."

Nicht wissend was ich dazu sagen sollte, starrte ich ihn einfach nur an. Dann sprach er weiter. "Ich weiss, ich bin ein fremder für dich und du hasst es um Hilfe zu bitten aber ich weiss das du nicht richtig schlafen kannst.......Es geht mir selbst schon seit über einem Jahr so und seit den Anschlägen war es wieder schlimmer geworden. Aber das alles war weg als du neben mir gelegen hast. Verstehst du? Nicht nur du brauchst Hilfe, ich brauche sie auch." Vor dem Gebäude der Polizei hielt er an und sah mir in die Augen. "Willst du nicht einfach zurück kommen?" Ich öffnete den Mund um etwas zu sagen und schloss ihn gleich darauf wieder, weil ich nicht wusste, was ich sagen sollte. Irgend wann schloss Kota die Augen und seufzte. "Du sollst ja eigentlich nur wissen, dass ich immer für dich da bin. Egal wie. Egal wann. Ruf mich an und ich bin da, Ok?" Immer noch Sprachlos nickte ich nur. Gerade hatte Kota mehr gesprochen als in der ganzen Zeit davor und mir gesagt, dass er selbst auch Schlafprobleme hatte. Aber wie ich damit umgehen sollte, wusste ich nicht.

Einmal Abgrund und zurückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt