Kapitel 12

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Patch P.O.V. :

Die kleine Wohnung sah nicht einmal so schlecht aus, auch wenn der Preis übertrieben war. Natürlich gab es nur ein Doppelbett. Jana zitterte und ich ging ins Badezimmer. Es gab sogar heißes Wasser. Schnell zündete ich eine Kerze an, denn das Licht funktionierte natürlich nicht. Vorsichtig stellte ich sie auf das Waschbecken und ging wieder zu Jana. Sie sah unglaublich aus: ihre nassen Haare, die sich schon an den Spitzen einringelten, ihre leicht geröteten Wangen und ihre strahlenden Augen. Tom hatte recht, ich muss aufpassen, dass ich nicht anfange Gefühle für sie zu entwickeln. Das wäre blöd und dumm. Aber kann man überhaupt etwas dagegen tun? Ihr Tod würde meine Auferstehung bedeuten oder auch den Untergang? Super! Jetzt werde ich schon genauso dramatisch wie Jeff!! "Du kannst dich duschen gehen. Es gibt sogar warmes Wasser.", sagte ich dann zu Jana. Ihre Miene hellte sich auf und sie schlüpfte schnell in das Zimmer und Schloss die Tür. Danach schmiss sie meinen Pulli heraus und ich musste grinsen. Dann hörte ich ein genervtes Seufzen und wie sie an der Türe rüttelte.

 

Jana P.O.V. :

Mist!!! Die Türe lässt sich nicht absperren!!!! Nach einiger Zeit gab ich es auf, deshalb rief ich: "Wenn du die Türe auf machst, bring ich dich um!" Patch lachte. "Das würde ich nur zu gerne sehen." Ich verdrehte meine Augen. Schlotternd schlüpfte ich aus den nassen Sachen und hüpfte in die Dusche. Auch wenn sie wirklich klein war, könnte ich mir nichts besseres wünschen. Meine Haut fing an zu kribbeln, als das heiße Wasser sie wieder aufwärmte. Ich schloss meine Augen und genoss den sanften Trommelregen auf meiner Haut. Ich vergaß für kurze Zeit wo ich war und was Passiert war, doch dann tauchte die tote Frau in meinem Gedächtnis wieder auf. Lustlos drehte ich den Wasserhahn wieder zu und stieg aus der Dusche. Die Handtücher waren sogar sauber!!! Als ich mich fertig abgetrocknet habe, schlüpfte ich wieder in meine Unterwäsche, denn die war noch trocken, im Gegensatz zu meinen anderen triefenden Klamotten. Wie sollte ich das überhaupt meiner Mum erklären? Ich stöhnte innerlich auf. Wann wird man die Leiche überhaupt entdecken? Nach Tagen oder sogar Monaten? Erschöpft öffnete ich die Tür einen Spalt breit und sagte: "Mach das Licht aus, dreh dich weg und mach die Augen zu." Schmunzelnd drehte Patch sich um. Schnell ging ich zum anderen Ende vom Bett und schnappte mir eine der dünneren Decken. Als ich sie gerade um meinen Körper schlang, ertappte ich Patch, wie er zu mir herüber schielte. "Nicht schauen!!", ermahnte ich ihn. Im Dämmerlicht konnte ich sehen, dass sein Oberkörper nackt war. Als ich endlich fertig war, hängte ich meine Wäsche über den Heizkörper, obwohl das sinnlos war, da es ja keinen Strom gab. Ich hörte, wie Patch die Badezimmertüre schloss und kurz darauf der Wasserhahn aufgedreht wurde. Müde sank ich an der Wand entlang auf den Boden und vergrub den Kopf in meinen Händen. So blieb ich sitzen, bis Patch neben mir auftauchte und meinen Kopf hoch hob. "Woher wusstest du, wo ich war?", wollte ich wissen. "Zufall. Und wie du gesagt hast, es war nicht mehr weit bis zur Random Straße." "Und warum warst du so schnell?" "Ich habe in der Nähe einen Freund besucht." Mit einer geschickten Bewegung zog er uns beide hoch. Ich sah ihm in die Augen und staunte wieder einmal über die Schwärze, die in ihnen herrschte. Über seine Schulter entdeckte ich einen Spiegel und in diesem sah ich seinen Rücken. Seinen schönen Rücken, der verunstaltet durch diese grausamen Narben wurde. Mit zitterndem Finger fuhr ich langsam die Kruste entlang. Sie war hart und ich konnte Muskeln und Knochen darunter spüren. Plötzlich roch ich den Geschmack von Blut. Er legte sich auf meiner Zunge ab, die sich seltsam trocken anfühlte. Dann begann sich alles um mich herum zu drehen und es fühlte sich an, als würde ich in einen elektrischen Strom gezogen. Und dann war alles vorbei. Mein Kopf pochte zwar noch und meine Sinne waren benebelt, aber der schreckliche Geruch war verschwunden. Da wir gerade bei verschwunden sind, ich konnte Patch nirgends sehen. Wo war ich überhaupt? Ich lag auf einer dunkelgrünen Wiese, die gefroren war. Am Himmel glitzerten Sterne und der Mond beleuchtete die Steine. Die Grabsteine eines Friedhofs. Erschrocken setzte ich mich auf. Ich war noch immer in die Decke gehüllt und meine nassen Haare klebten mit am Rücken. Doch ich fror nicht. Was komisch war, denn die kleine Kirche, die auf einem Hügel stand, sah wie angezuckert aus. "Patch? Wo bist du?!!", rief ich. Es antwortete mir nur mein Echo. Ich fuhr zusammen, als ein lauter Knall ertönte und der Himmel sich eigenartig verfärbte. Nein, etwas verfärbte den Himmel. Und dann sah ich sie. Als erstes stürzte Patch wie ein Meteor auf die Erde. Und dann folgten noch acht weitere. Was ging hier bitte ab?? Ist das etwa ein Traum, fragte ich mich. Schnell kniff ich mir in den Arm, was höllisch weh tat. Danach rannte ich strauchelnd zu Patch, der einen Krater in die Erdoberfläche gegraben hatte. Auf wackligen Beinen rannte ich zu ihm hinunter. Er lag am Rücken und rührte sich nicht mehr. Von seinem Rücken kam das Glühen, das aber schon wieder erlosch. Ich riss mich zusammen. Auch wenn das eine Halluzination, ein Albtraum, ein Gehirngespinst oder einfach meine Fantasie sein sollte, musste ich Patch trotzdem helfen. Ich griff nach ihm, doch es war wie in typischen Horrorfilmen. Als hätte ich mich plötzlich in einen Geist verwandelt und konnte keine Lebewesen mehr angreifen. Deshalb schrie ich: "Patch wach auf!!" Doch er rührte sich noch immer nicht. Dann, stöhnte er endlich und setzte sich auf. Ich schlug mir meine Hände vors Gesicht. Blut floss seinen Rücken hinunter und verkrustete Hautfetzen hingen in die zwei Wunden. Erde war kleben geblieben und verunreinigte die frische Wunde. "O.m.G Patch!!! Leg dich wieder hin!!", doch er ignorierte mich und stand taumelnd auf. Ich griff wieder durch ihn hindurch und schrie ihn an, aber nichts half. Dann kam ich zu dem Schluss, dass er mich gar nicht wahrnahm. Er fuhr sich durch seine Haare und schrie auf, als er die Hautfetzen weg riss. Tränen quollen aus meinen Augen und ich drehte mich weg. Was zum Teufel war hier los??!!! Verzweifelt krallte ich aus dem Loch und sah Tom. Er hatte auch solch eine merkwürdigen Narben und schrie seine Qualen in den Himmel. Drei von den anderen lachten hysterisch und ich bekam fast einen Anfall, als sich wieder alles zu drehen begann. Nun stand ich in der Spielhalle, nur dass sie anders aussah. Mein Blick fiel auf einen Kalender, der an einer Wand hing. Heute war Donnerstag im Jahre 1905. Ich erstarrte. Drehte ich nun völlig durch oder hatte Patch mir eine Droge verabreicht?!!! In diesem Moment sah ich ihn. Er lehnte über einen Billardtisch und hatte eine Zigarre im Mund, wie in den uralten Filmen. Augenblicklich musste ich lachen, bis mir auffiel, das ich ja noch immer in Bettdecke und Unterwäsche war und es mir peinlich wurde. Ich tapste Barfuß zu Patch und fragte: "Könntest du mich bitte heim bringen?" Doch auch wie zuvor, nahm weder er noch die anderen Leute mich wahr. Bitte!!! Wenn ich schon nicht hier weg kam, konnte ich mich genauso gut setzten. Ich zog einen Stuhl neben Patch und setzte mich. Das war wirklich unglaublich!!! Er sah genau gleich aus, außer dass er etwas längere Haare hatte. Und einen anderen Kleidungsstyle, denn er trug Leinenhosen und ein zerschlissenes Hemd. Patch gewann das Spiel und seine Gegner zogen mürrisch davon. Dann sagte auf einmal eine glockenhelle Stimme: "Ich wusste, dass ich dich hier finden werde." Mein Kopf fuhr herum. Eine junge Frau stand am Treppenabsatz. Ich schätzte sie auf höchstens 22. sie war größer als ich und hatte dunkelblonde Haare, die im Licht kupferfarben schimmerten. Sie reichten ihr bis zu ihren schlanken Oberschenkeln und waren zu zwei Zöpfen geflochten. "Was willst du Lavinia?", fragte Patch scharf. Ha!!! Der hatte Patch aber einen Korb verpasst!!! Moment, war ich etwa eifersüchtig?!!! Diese Lavinia zog einen Schmollmund und tänzelte dann die Treppe herunter. "Sei doch nicht so gemein. Du weißt, ich hätte deinen Sturz nicht aufhalten können." Patch seufzte. "ich weiß das. Ich habe mich schon längst an diese Welt gewöhnt." "Ach wirklich? Willst du nicht zu mir zurückkommen?" "Ich will in den Himmel zurück, aber nicht zu dir." "Patch komm schon!!! Was hast du denn? Ich habe ein großes Risiko auf mich genommen, dass ich dich besuche." Er zuckte mit seinen Schultern. Gespannt verfolgte ich ihr Gespräch, obwohl ich nichts davon verstand. Ich mein Himmel??? Häh??? "Du musst dich nur entschuldigen und deine Rückkehr anfordern.", meinte sie dann. "Und was hätte ich davon?? Das würde nochmals ein Jahrzehnt dauern und dann wäre ich so ein nichtsnutziger Schutzengel." Lavinia zog ein langes Gesicht. "Aber du könntest wieder kommen und hättest deine Flügel zurück." "Es gibt auch noch andere Wege, um an sie zukommen." Lavinia riss ihre goldenen Augen auf. "Du glaubst noch immer an das Kindermärchen?" "Es ist kein Märchen.", fuhr er sie an. "Na gut. Bist du wirklich dazu fähig, einen Unschuldigen für dein Glück zu opfern. Und dann ist es auch noch nicht sicher, ob es funktionieren wird." Patch stöhnte genervt auf. "Aber ich muss es versuchen." Lavinia sah ihn an. "Bitte. Wann wird mein Gegenstück auf dieser Welt geboren?" "Wer sagt, dass es nicht schon wieder gestorben ist?", meinte sie darauf. Patch sah sie verärgert an. "Schön. Sie wird 1997 geboren.", gab sie nach. Er grinste. "Also eine sie." Lavinia rollte mit ihren Augen. "Du könntest sie auch retten, dann steigst du wieder auf." "Retten?" "Ja retten. Sonst wird sie ihren 18-ten Geburtstag nicht mehr miterleben." "Ist das ein genaues Datum?" "Nein. Das heißt nur, dass sie im Alter von 0 bis 18 sterben wird." "Und vor wen soll ich sie dann beschützen?" "Ich sehe nur einen Schatten, der ihr nach schleicht und ihm folgen tausende davon. Warte der Schatten, ich kann ihn sehen!!!" "Wer ist es?", wollte Patch wissen. "Du bist es Patch. Du wirst sie töten." Heißt das, ich werde meine Flügel zurückbekommen?" Lavinia zuckte nun mit ihren schmalen Schultern. "Dann sag mir wenigstens ihren Namen." "Ich bin mir aber nicht sicher..." "Ist egal. Deine Vorhersagen stimmen immer, egal wie klein, verschwommen und unwichtig sie auch sind." Lavinia lächelte erfreut. Patch machte das gut. Er wickelte sie einfach so lange mit Komplimenten ein, bis sie nachgab. "Ihr Name ist Jana. Jana Flare." Dann verschwand sie spurlos, aber das war mir egal. Meine Welt brach zusammen und fing sich dann wieder zu drehen an.

Und wie gefällt euch dieses Kapitel? Ist einmal mehr am Roman orientiert!!! Dann bis zum nächsten Update!!! :)

xoxo Hannah

Ps: Heute ist schon der dritte Advent!!!!! *0* :D  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  

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