Speed Dating

Fünf

„Hey!" Ich sehe mich nicht um, als ich Swan hinter mir höre, obwohl ich genau weiß, dass sie mich meint. Ich will nur noch weg von hier. „Hey! Lilly!", ruft sie. Ich ignoriere sie so lange, bis ich ihre Hand auf meiner Schulter spüre.

Seufzend bleibe ich stehen und drehe mich zu ihr um. „Was ist denn?", frage ich etwas genervt.

„Sorry...", murmelt sie leise. „Aber... ich wollte dich was fragen." Mit einer Handbewegung bedeute ich ihr, sich zu beeilen, damit ich endlich gehen kann. Adrian müsste eigentlich schon auf mich warten. „Kann ich deine Nummer haben?", fragt sie endlich.

Ich hebe die Augenbrauen. Jetzt, da dieses verdammte Speed-Dating endlich vorbei ist, will ich eigentlich nicht mehr als abhauen und einfach all das hier vergessen. „Na gut", willige ich schließlich ein, da Swan so wirkt, als ob sie nicht unbedingt schnell aufgibt, wenn sie sich etwas in ihren Kopf gesetzt hat. Außerdem – was soll schon passieren?

„Cool, danke!", sagt sie freudig. Schnell diktiere ich ihr meine Handynummer, wofür sie sich noch einmal bedankt. Als ich mich umdrehe, erblicke ich Adrian, der auf der anderen Straßenseite an seinem Auto lehnt. Ich murmele Swan noch eine kurzen Abschied zu, dann laufe ich nach einem Blick nach rechts und links über die Straße zu ihm.

Als ich näher komme, fällt mir Adrians breites Grinsen auf. „Oh, là, là, Lilly! Wer ist denn das?", fragt er mit Kopfnicken zu Swan hinüber.

Sie hat es gesehen und winkt. Ich spüre, wie ich sofort rot werde, und ziehe Adrian am Arm. „Lass uns gehen, bitte! Sie ist nur eine von den anderen Frauen, nichts besonderes!" Noch während ich das ausspreche merke ich, dass es mir schwerfällt, Swan als nicht besonders zu bezeichnen. Irgendwie ist sie nämlich besonders, allein schon wegen ihrer Haarfarbe und der Tattoos.

„Na schön, steig ein, Süße", seufzt Adrian und steigt ins Auto. Ich bin so froh, endlich von hier weg zu sein, dass ich mich nicht einmal über meinen verhassten Spitznamen aufrege. „Und? Wer ist sie?", hakt er nochmals nach, kaum dass ich die Tür hinter mir geschlossen habe.

„Wie gesagt, nur eine von den anderen."

„Die dich anscheinend ziemlich mag, hm?"

„Vielleicht. Ach, lass mich in Ruhe, ich will nichts mehr davon hören!"

„Sie erinnert mich an Maya", sagt er schlicht.

„Sag das nicht!", gifte ich. Der Abend war keine totale Katastrophe, aber nahe dran. Und auch wenn Swan ganz nett war, möchte ich eine solche Erinnerung nicht mit Maya in Verbindung bringen. Maya hat mit alledem nichts zu tun. Ich fühle wieder die gleiche, brennende Klinge in meinem Herzen wie dann, als mir Clara ihr Geschenk gegeben hat. Verzweifelt spüre ich, wie ein paar Tränen meine Wange hinab laufen. Ich wische sie wütend weg.

„Ist aber so. Wann soll ich dir eigentlich dein Tattoo stechen?", wechselt er abrupt das Thema. Ich bin ihm dankbar dafür, dass er nicht weiter über Maya redet.

„Mir egal. Eigentlich gar nicht." Vor dem Tattoo habe ich noch immer Angst, obwohl mir Adrian bereits den Entwurf gezeigt hat, den er auch Maya gestochen hat, und den ich liebend gerne auf meinem Fußgelenk tragen würde. Ich habe keine Angst mehr davor, dass es dort für immer sein wird, sondern eher vor dem Schmerz.

Adrian schweigt den Rest der Fahrt. Ich bin ihm dankbar, noch mehr Diskussionen über Maya oder den heutigen Abend würde ich nicht aushalten. „Lilly?", fragt er, als wir vor dem Mietshaus stehen, in dem ich eine Wohnung gemietet habe.

„Was?" Ich bin nicht mehr genervt, sondern einfach nur erschöpft.

„Bitte, gib dieser Frau eine Chance. Vielleicht auch nur als eine Freundin, nicht als... Geliebte. Ich kann es nicht mehr ertragen, dich ständig so zu sehen, Süße." Sein Blick ist bittend, beinahe schon flehend. Irgendwie tut er mir fast leid. Aber nur fast.

„Bitte, Süßer", imitiere ich seine Art. „Lass mich einfach in Ruhe, okay? Es ist mein Leben, ich kann machen, was ich will." Ich höre mir keine Antwort an, sondern drehe mich zum Haus um und mache mich auf den Weg in meine Wohnung.