Sieben

3.2K 149 6
                                    


„Das heißt, du ignorierst sie jetzt auch?"

„Was soll ich denn sonst tun? Ich kenne sie nicht einmal, verdammt noch eins!"

Adrian sieht mich kopfschüttelnd an, bevor er sich wieder seinem Computer zuwendet und auf die Tastatur einhackt. Mir fällt auf, dass er sich wieder die Fingernägel abgekaut hat, obwohl er mit mal versprochen hat, dass er damit aufhören würde. „Weißt du, gerade das ist doch ein Argument dafür, dass du mit ihr reden solltest. Damit du sie kennenlernen kannst."

„Wie oft noch? Ich will keinen Ersatz für Maya!" Immerhin schaffe ich es, normal von ihr zu reden, ohne gleich wieder in Tränen auszubrechen. Eigentlich hätte das schon selbstverständlich sein sollen, oder nicht? Es ist immerhin ein ganzes Jahr her, dass ich sie verloren habe...

„Du bist schon so lange alleine und..."

„Darf ich dich daran erinnern, dass du schon seit drei Jahren Single bist?", entgegne ich harsch.

„Kannst du gerne machen. Ändert aber nichts daran, dass ich – im Gegensatz zu dir – nicht ständig bei meinem einzigen Sozialkontakt auf der Arbeit rumhänge. Und wie ich bereits gesagt habe, würde ich mich schon freuen, wenn du dich wenigstens mit Swan anfreunden würdest." Er braucht gar nicht zu wiederholen, dass er sich bloß Sorgen um mich macht, denn das hat er in den letzten paar Tagen schon oft genug getan. „Ich mag ihren Namen übrigens", bemerkt er, total zusammenhanglos.

„Sie war bei einem Speed-Dating für Lesben, mach dir keine Hoffnungen." Bei seinem Blick wird auch mir klar, dass er mit seinen Nerven am Ende ist. Genau wie ich. „Adrian, bitte. Ich habe Swan zwar nicht mehr geantwortet, aber ich habe angefangen, mit Tabea zu schreiben."

Augenblicklich wechselt seine Miene von genervt zu neugierig. „Wer ist das, wenn ich fragen darf?" Hätte ich gewusst, dass ihn das wieder milde stimmt, hätte ich es schon viel früher erwähnt.

„Nummer drei von dem Speed-Dating. Bist du jetzt zufrieden?" Immer noch mischt sich ein genervter Unterton in meine Stimme, den ich beim besten Willen nicht unterdrücken kann.

„Ja, irgendwie schon. Merkst du endlich, dass das besser ist, als auf ewig alleine zu sein?" Ich vergrabe das Gesicht in den Händen. Diese ewigen Diskussionen, mit dem immer gleich bleibenden Thema, rauben mir auf Dauer den letzten Nerv und machen mich müde. Ich entscheide mich dafür, endlich zu versuchen, Maya hinter mir zu lassen. Irgendwo haben Adrian und auch Clara recht, es ist ätzend, ständig alleine zu sein und zu weinen, wegen etwas, was eigentlich schon lange in der Vergangenheit liegt.

„Aber diese Tabea... ist sie auch so wie Swan oder... anders, halt?"

Ich beginne zu kichern. „Anders. Auf jeden Fall anders." Und ob sie anders ist. Sie hat von Natur aus dunkle Locken, ist klein und zierlich und ihre Augen sind genauso blau wie der Himmel an einem schönen Sommertag. Genau wie ich liest sie für ihr Leben gern, aber das ist auch so ziemlich alles, was ich über sie weiß.

Ich weiß gar nicht, was für Hobbys Swan eigentlich hat.

Warum ist das eigentlich alles so kompliziert, ich werde noch wahnsinnig, wenn das so weitergeht. Innerlich gebe ich mir selbst das Versprechen, mit diesen ganzen chaotischen Gedanken aufzuhören. Ich werde das Kapitel Maya endgültig abschließen. Mich auf die Freundschaft mit Tabea konzentrieren.

„Und? Hast du ausnahmsweise am Wochenende was anderes vor, als in meiner Wohnung rumzuhocken?", erkundigt sich Adrian und schaltet seinen PC aus.

Ich will ihm gerade antworten, als sich mein Handy meldet. Eine neue Nachricht von Swan.

Hast du vielleicht am Wochenende Zeit? <3

Ich hebe mit leisem Zweifel die Augenbrauen. Zwar hatte ich mir vor wenigen Momenten vorgenommen, dass ich endlich wieder mehr Sozialkontakte aufbauen will, aber doch nicht, dass ich mir direkt wieder eine Beziehung suche...

Ich tippe schnell eine Antwort und sehe wieder auf, zu Adrian.

„So wie's aussieht... habe ich endlich wieder ein Date."

Speed DatingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt