Es handelte sich um eine lange Stange aus einem gelblichen Holz, an dem ein kleines Gerät befestigt war. Ich runzelte meine Stirn und wagte mich etwas näher, um es genauer betrachten zu können. Als ich etwas nähergekommen war konnte ich das Gerät als Kamera identifizieren. Ein Räuspern lies mich zusammenfahren und ich wirbelte herum. Vor mir stand ein Mann mit schwarz-grauen Haaren, der mich mit seinem durchdringenden Blick musterte.
Meine Füße hatten tiefe Wurzeln geschlagen und so standen wir eine ganze Weile voreinander. Seine Haare waren zu einem kleinen Zopf gebunden, der ihm gerade mal bis zu den Ohren reichte. Ich schätzte ihn auf nicht jünger als 35 Jahre. Seine Kleidung bedeckte Arme und Beine und bestand aus einem sanften braun sowie einem schmutzigen Weißton. Seine Stirn war mit den Anzeichen von Falten übersät und die Augenbraue über seinem linken Auge war komplett verschwunden. Außerdem schien er eine leichte Pigmentstörung zu besitzen, denn kleine, etwas dunklere Flecken hatten sich vereinzelt in seinem Gesicht breitgemacht. Er war nicht viel größer als ich, beinahe auf meiner Augenhöhe. Nur einige Millimeter schwebten seine Augen über den meinen.
Verwundert legte ich nun meinen Kopf auf die Seite, als er sich erneut räusperte und mit einer merkwürdigerweise beruhigend kratzigen Stimme den ersten Schritt wagte: „Was macht ein Kind alleine mitten im großen Dschungel? Bist du mir gefolgt?" Nun war er es, der seinen Kopf etwas zur Seite neigte. Sofort richtete ich mich kerzengerade auf und versuchte die richtigen Worte zu finden: „Nein, also ja, ich bin ein Kind, aber ich bin alleine. Und nein ich bin Ihnen nicht gefolgt. Oder jedenfalls nicht direkt...", stammelte ich verunsichert. In meinem Mund hatte sich zu viel Spucke gesammelt und so schluckte ich, was mir selbst sehr offensichtlich vorkam. Mein Brustkorb hob sich erneut, als ich die Luft zum Weiterreden sammelte, sein Blick lag währenddessen ruhig auf mir: „Also da war diese Glasscherbe und dann bin ich ihr irgendwie bis hierher gefolgt, bis ich die Hütte gesehen habe und jetzt stehe ich hier".
Der Mann lachte kurz auf, was sich aber eher wie ein leises Grummeln anhörte: „Wieso bist du überhaupt hier? Dies ist ein gefährlicher Ort und kein Spielplatz". Obwohl ich glaubte, dass in seiner Stimme eine Art Vorwurf mitschwang, konnte ich auch die Besorgnis hören und die Freundlichkeit in seinen Augen sehen. Ich nickte und gab ihm zu Verstehen, dass ich seine Frage nachvollziehen konnte: „Ich erlebe gerne Abenteuer. Dies ist wohl mein erstes großes, welches ich alleine angetreten bin".
Er streckte seine Hand aus und wartete darauf, dass ich sie schütteln würde. Abwechselnd schaute ich zu ihm auf und dann auf die Hand. „Keine Sorge, ich habe kein Interesse daran, Kinder zu essen. Aber ich will dich auch nicht alleine hier draußen wissen, also bleib doch einige Tage. Ich habe vor einigen Wochen eine Forschungsreise angetreten, um mehr Informationen über diesen Ort herauszufinden. Nenn' mich Joel". „Sascha." Beinahe hätte ich vergessen, ihm die Hand zu schütteln. Sein Händedruck war herzlich, aber nicht allzu kräftig. Die Hand war leicht von Schweiß überzogen, was mich jedoch nicht weiter störte. „Ich nehme das Angebot, einige Tage hier zu schlafen, gerne an. Vielen Dank."
Joel wartete einen Moment auf weitere Erklärungen, hakte jedoch auch nicht weiter nach, wofür ich ihm sehr dankbar war. Er drehte sich um und winkte mich ins Innere seines „Forschungslabors". Es war ein kleiner Raum mit allerlei Tischen, Büchern, Eimern, Werkzeugen, von deren Existenz ich mir bis jetzt noch nicht einmal bewusst gewesen war, Glasbehältern und einer kleinen Tischlampe. Auf dem Boden lagen einige Decken verstreut. „Ich schätze mal du hast nichts dagegen, mit mir auf dem Boden zu schlafen? Der Platz reicht auch gut für zwei Personen aus", sprach Joel mit dem schwankenden Zeigefinger auf den Boden zeigend. Da sich die Frage in meinen Ohren eher wie eine Aussage angehört hatte, nickte ich nur kurz und blieb weiterhin stumm.
Es gab an drei Seiten ein Fenster. Neben der Türe, gegenüber von ihr und auf der Seite, von der ich nicht gekommen war. Lediglich eines besaß eine verdreckte Plastikscheibe, die Joel gefunden haben musste. Durch die Lücken zwischen den Holzbrettern kam das Licht in die Hütte und ich sah, wie kleine Staubkörner miteinander und alleine in alle Richtung tanzten, als der Forscher an ihnen vorbei lief um sich auf einen Klappstuhl zu setzen. Er beugte sich über eine Art Mikroskop während ich die Gelegenheit nutzte, alles genauer zu betrachten. Zwar gab es noch einen Schemel in dem Raum, doch ich lief zu der ersten Arbeitsfläche des Mannes auf meiner rechten Seite und betrachtete die Aufzeichnungen, die sich verstreut darauf stapelten, im Stehen. Für einige Wochen schien mir das eine ganze Menge an Unterlagen zu sein. Meine Hand griff wie von selbst auf eine braune, höchstwahrscheinlich recycelte, Pappmappe, auf der in unleserlicher Schrift etwas geschrieben war. Zuerst versuchte ich, die Überschrift zu entziffern, gab jedoch schnell auf und fing an mich durch die recht dünne Mappe zu blättern.
A: Die Seiten waren mit kleinen Bildchen und Zeichen geziert, welche dicht an dicht aneinander geschrieben waren. Und beinahe an jedem Zeichen gab es eine kleine Anweisung von der krakeligen Schrift, die genauso unleserlich waren, wie die Worte auf der Mappe selbst.
B: Mir fiel sofort das Bild des großen Baumes auf, welches auf eine Doppelseite skizziert worden war. Sogar ziemlich gut. Einige Pfeile waren darauf gerichtet und an der Seite standen zahlreiche Notizen, die ich erst gar nicht versuchte zu lesen. Auf den nächsten Seiten waren detaillierte Skizzen von verschiedenen Pflanzen und Tieren zu sehen, die ich noch nie zuvor gesehen hatte.
Lies für 'A' in 24 weiter.
Lies für 'B' in 12 weiter.
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The one who fell from the sky - [Interaktiv]
LosoweEine interaktive Geschichte für jeden, der zu viel Zeit hat. Nach jedem Kapitel kannst du dich für eine von (wahrscheinlich immer) zwei Möglichkeiten entscheiden, sodass sich die Story immer weiter variieren wird. Rechte liegen bei mir. (Momentan p...