Haymitch Sicht:
Oh Gott, ich vermisse den Alkohol. Es gibt zwar ein paar Typen, die illegal in ihrem Zimmer Schnaps brauen, aber an den zukommen ist gefährlich und kostspielig. Ich bin auf kaltem Entzug. Noch dazu vertraut man mir hier immer weniger seit Katniss weg ist. Ich wurde gebraucht um sie zu ködern, jetzt wo sie weg ist, steh ich nur noch im Weg. Der kleine Vorfall gestern hat das Ganze auch nicht gerade besser gemacht.
Es war ein Fehler, Coin so nahe auf die Pelle zu rücken. Ich habe sie aufgeschreckt und es ist klar, dass ich auf Katniss Seite stehe. Mir gefallen die Blicke nicht, die mir von den treuen Untergebenen unserer "ach so gnädigen Präsidentin" zugeworfen werden.
Ich sitze gerade beim Mittagessen und würge den grauen Schleim hinunter, der uns aufgetischt wurde, als Effie rauschend vor Zorn ihr Tablett neben mich knallt. „Schau dir das an. Wie soll ich denn bei so einer Mahlzeit meine Figur halten! Ich meine dir würde es nicht schaden ein paar Kilos abzunehmen", sie würft mir einen tadelnden Blick von der Seite zu und reflexartig ziehe ich meinen Bauch ein.
„Aber abnehmen tut man immer zuerst an den Brüsten", fährt sie fort. Ich folge ihrem unglücklichen Blick hinunter zu ihrem Dekolleté. „Ich weiß nicht, was du hast, ich finde du hast schöne Brüste." „Du bist ein Schwein, Haymitch Abernathy." Unbekümmert wende ich mich wieder der Grütze zu. Da knallt das nächste Tablett scheppernd auf den Tisch. Diesmal gehört er Johanna. „Der Funkkontakt ist abgebrochen. Zu fast allen Einheiten." Ich reiße den Kopf hoch. „Was?!". „Es muss ein riesen Chaos am Rand des Kapitols gegeben haben. Mehrere Kapseln wurden gleichzeitig ausgelöst und es gab eine Kettenreaktion. Wir haben keine Kontrolle mehr über die Lage."
Effies Hand krampft sich unter dem Tisch schmerzhaft um meine. Ihr Gesicht ist aschfahl. „Und jetzt?" Johanna schüttelt verbittert den Kopf. „Die einzige Quelle die wir noch haben, sind die Nachrichten aus dem Kapitol". Ich drückte Effies Hand sanft, ich weiß nicht ob ich sie oder mich damit beruhigen möchte. „Peeta, Katniss und Finick?", Johanna schaut mich schon fast mitfühlend an, „Kein Signal. Ich sollte gehen und Anni Bescheid sagen." Ohne ihr Essen auch nur anzurühren, steht sie auf und geht.
Bedrückt sitzen wir nebeneinander, bis Effie nach einer gefühlten Ewigkeit das Schweigen bricht: „Glaubst du es geht ihnen gut?". „Ich hoffe es." Sanft lege ich ihr eine Hand auf die Schulter. „Wir sollten auch gehen."
Ich lehne an der Wand des großen Abstellraums für die Trainingsgeräte der Ausbildungstruppen und beobachte Effie, wie sie nervös an einem Loch in einer Weichbodenmatte rumpuhlt. Jetzt wo alle Einheiten im Kapitol sind ist dieses Geschoss meist Menschen leer. „Wir müssen ihnen doch irgendwie helfen können", wütend reißt Effie ein großen Fetzen Schaumstoff aus der Matte. Ich schnaube verächtlich: „Wie denn? Es gibt keine Möglichkeiten Kontakt aufzunehmen." „Wir könnten Verstärkung schicken." „Coin würde das nicht zulassen." „Johanna mit einer Ladung Sprengstoff in den Präsidentenpalast schleusen." „Ernsthaft Effie?!" „Beetee dazu bringen sich ins Kapitol System zuhacken!" „Was hätten wir davon?"
Plötzlich wirkte Effie ungewöhnlich wütend. Sie springt zornig auf. „Könntest du bitte aufhören so pessimistisch zu sein?!" „Ich bin nicht pessimistisch, ich bin realistisch", antworte ich gereizt. „Wir können ihnen vor Ort nicht helfen." „Vielleich vor Ort nicht, aber hier!", ihre Stimme wird lauter, „Indem wir etwas gegen Coin unternehmen!" „Ach Effie hör auf!", ich lache verbittert auf, „verstehst du nicht, dass wir nichts machen können?! Verstehst du nicht das wir hier in einem scheiß Spiel, mit scheiß Regeln, in einer scheiß Welt leben! Dazu da, zu spielen und zu sterben!"
„Wirklich, Haymitch!", Effie ist jetzt wirklich in Fahrt, sie schreit mich aus voller Kehle an, „ist es das, woran du glaubst?! Das du hier bist, um einfach die Regeln von irgendwelchen Arschlöchern zu befolgen. Du bist ein Feigling Haymitch Abernathy, denn du wehrst dich nicht mal." Autsch. Das hat gesessen, aber auch ich bin jetzt wütend und brülle zurück: „Ach ja! Und wer hat mir kürzlich noch die Ohren vollgeheult, er sei ein Monster und könne eh nichts anrichten."
Für einen kurzen Moment ist es still, dann stürzt sich Effie gegen die Wand. „Ich habe nie gesagt, dass ich ein guter Mensch bin, oder die Fehler die ich begangen habe, irgendwie rückgängig gemacht werden können. Aber ich kann dafür sorgen, dass ich nicht noch mehr begehe, denn ich glaube daran, dass die Welt, genauso wie wir ändern kann! Dass sie nicht nur schrecklich ist! Ich glaube daran, dass sie in Wahrheit etwas wunderschönes ist und weißt du wer mir beigebracht hat daran zu glauben? Ein 14-jähriger Junge, der wusste, dass es hier irgendwo etwas Gutes gibt! Dieser Junge hatte an eine bessere Welt geglaubt und ich dachte es gibt ihn noch...", plötzlich schimmern Tränen in Effies Augen, „Aber ich fürchte, du hast ihn umgebracht."
Ich antwortete nicht. Im Dämmerlicht der Kammer erkenne ich nur Effies Umrisse. Plötzlich wird mir bewusst, wie nah sie mir eigentlich vor mir steht. Ich spüre ihren Atem auf meiner Haut und ihre Finger die sich in meine Schultern krallen. In der Aufregung sind ihr ein paar Haarsträhnen aus dem Kopftuch gerutscht. Ich will sie ihr hinters Ohr streichen, ihr die Tränen von den Wangen wischen und ihr sagen, dass alles wieder gut wird. Aber ich kann nicht, denn ich bin der Grund warum sie weint.
Und sie hat recht. Ich habe einmal daran geglaubt, dass die Menschen im Stande sind gutes zutun. Ich habe an eine bessere Welt geglaubt. Dann kam ich in die Spiele und habe diesen Glauben dort verloren. Ich habe dort Dinge getan die mich den Glauben an das Gute vergessen ließen. Aber warum? Weil ich nach den Spielregeln gespielt habe.
Es ist solange her, dass ich an den Jungen von damals gedacht hatte, dass ich glaubte ihn vergessen zu haben. Effie nicht, sie hat über all die Jahre an ihn geglaubt, geglaubt dass er die Spiele gewinnen würde. Und in dem Moment, indem er zu verlieren schien, hat sie sich an ihn erinnert.
Meine Hand legt sich auf ihre Wange. Ich habe das unwiderstehliche Gefühl, sie küssen zu müssen. Zu spüren, dass diese Welt noch so etwas wie Wärme, Glück und Liebe hat. Sie riecht nach Zitronen, ihre Haut ist ganz zart. Ihre Finger, die jetzt auf meiner Brust liegen, sind sanft und weich und ich spüre sie leicht, durch mein Hemd durch, zittern. „Haymitch?" „Ich erinnere mich", flüstere ich. Dann, ohne zu überlegen was für Konsequenzen das mit sich bringen wird, lege ich meine Lippen auf ihre. Von dort wo Effie mich berührt, durchzucken heiße Stromschläge meinen Körper. Sie durchströmen mich, erfüllen mich mit Wärme und mir wird klar, dass ich mich nicht nur erinnere. Ich weiß, dass ich recht hatte. Diese Welt, dieses Leben, ist imstande schön zu sein, sogar wunderschön.
Plötzlich geht die Tür zu Lagerraum auf. Ein heller Lichtstrahl durchflutet den Raum und zwei Soldaten stürmen herein.
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Hayffie
FanfictionHaymitch und Effie sind in Distrikt 13, während Katniss und die anderen ins Kapitol einmarschieren, müssen die beiden lernen ihr Leben neu zu sortieren und mit ihren Fehlern zurecht zukommen. Aber dann kommen Sie Coin auf die Schliche und entwickeln...