Vicente

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Diego

Ich kann zwar nicht kochen, aber ich wollte Francesca wiedersehen. Nicht nur Nachhause fahren, sondern mit ihr reden, lachen, singen, was auch immer. Sie ist Fedes Schwester, aber wir machen ja nichts verbotenes. Wir unternehmen was wie zwei Freunde, da ist nichts besonderes. Ich warte schon auf Francesca auf dem Schulhof, während eine Köchin letzte Hand am Essen anlegt. Francesca gibt sich mit einfacher Pasta zufrieden. Allerdings kann ich selbst auch gerade so eine Pizza in den Ofen schieben, ohne die Wohnung abzufackeln. Aber das muss Fran nicht wissen. Da meine Köchin panische Angst vor Hunden hat und ich mich heute selbst um Vicente kümmern wollte, habe ich beschlossen ihn mitzunehmen. Gerade sitzt er auf dem Beifahrersitz und sieht mich mit einem schiefliegenden Kopf an.
"Was siehst du mich so an?" frage ich ihn und streichel durch sein weiches Fell. 
"Denkst du ich benutze dich um bei ihr zu punkten? Wenn du das denkst, dann liegst du goldrichtig, du kennst mich zu gut" lache ich und er legt sich hin. Er ist ein absoluter Faulpelz. Nachdem er mich die ganze Nacht wieder wach gehalten hat, ist es klar das er mal müde ist. Er ist wie ein kleines Kind. Als ich die anderen Schüler schon auf dem Hof sehe, steige ich langsam aus und stelle mich an die Beifahrertür. Hin und wieder drehe ich mich kurz um, um zu sehen ob Vicente sich irgendwie bewegt. Aber der liegt immer noch wie ein Stofftier auf dem Sitz. Als ich Francesca sehe, muss ich einfach Lächeln. Sie strahlt etwas so positives aus, das zwingt einen dazu, ebenfalls positiv zu denken und das auch zu zeigen. Ihr Outfit gefällt mir. Allerdings finde ich es etwas zu kurz, aber naja, wenn ihr es gefällt. Zur Begrüßung umarmen wir uns und dann nehme ich ihr den Rucksack ab. Sie macht die Beifahrertür auf und quiekt. 
"Oh mein Gott, wie putzig bist du denn" quietscht sie und ihre Stimme geht vermutlich drei Oktaven höher. Das machen Frauen immer so. Mit Babys und Tieren redet man immer in so einer hohen Stimmlage. Die Frage ist wieso? Sie hebt Vicente hoch und streichelt ihn.
"Du hast nicht gesagt das er so süß ist"
"Du weißt doch wie ich aussehe, also was erwartest du?" frage ich grinsend und gehe dann um das Auto herum um einzusteigen. Fran sitzt schon neben mir, angeschnallt und beschäftigt sich mit Vicente. Beschäftigen im Sinne von - er liegt auf ihrem Schoß und sie streichelt ihn.
"Wie heißt er?" fragt sie mich begeistert.
"Vicente"
"Das klingt aber schön. Was bedeutet der Name?"
"Siegreich" grinse ich.
"Das war so klar. Es ist ein Malteser oder?"
"Richtig, du scheinst dich ja richtig auszukennen"
"Sarkasmus?"
"Nein, eigentlich ein Kompliment, aber okay dann eben nicht" lache ich und fahre los.
"Bei dir kann ich mir nie sicher sein, ob es ein Kompliment oder eine Beleidigung ist"

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Auf dem Parkplatz schaue ich mich um, entdecke aber das Auto der Köchin Gott sei Dank nicht mehr. Wir fahren mit dem Aufzug in die Vierte Etage, wo sich meine Wohnung befindet. Ich schließe die Tür auf und lasse sie rein.
"Lass ihn einfach runter" sage ich, da Fran Vicente noch immer auf dem Arm hat. Sie bückt sich und lässt den Vierbeiner nach unten, der sofort losrennt, vermutlich in seinen Hundekorb. Wir ziehen uns die Schuhe aus und dann gebe ich ihr einen kleinen Rundgang.
"Was will man denn mit deinem Fitness- Zimmer?" fragt sie. Ich hab mir extra ein Zimmer mit Fitnessgeräten einrichten lassen, wo ich viel Zeit drin verbringe.
"Ich mag Fitnessstudios nicht. So viele Menschen, die Geräte sind total voll mit Schweiß vom Vorgänger. Hier kann ich ganz bequem einfach ins Zimmer gehen und loslegen. Ins Fitnessstudio gehe ich nur wegen Fede, aber meistens trainiere ich hier"
"Du bist merkwürdig"
"Wie charmant" lache ich und zeige ihr den Rest, bis wir in der Küche sind.
"Du hattest wohl schon vorher gekocht?"
"Ja, ich mach es nur nochmal warm kurz und dann können wir essen" lüge ich.
"Und wieso? Ich hätte dich gern mal live kochen sehen"
"Ich dachte du hast nach der Schule Hunger, da wollte ich dich nicht zu lange warten lassen"
Sie lässt es bei meiner Aussage bleiben und wechselt stattdessen das Thema.
"Wo sind Teller und Besteck? Ich will mich ein wenig nützlich machen"
Ich zeige ihr wo alles ist und sie deckt den Tisch im Wohnzimmer. Hoffentlich schmeckt das Zeug auch, denn irgendwie sieht es komisch aus. Die Köchin wird schon wissen was sie da gemacht hat. Nachdem ich das Essen warm gemacht habe bringe ich es ins Wohnzimmer. Francesca sitzt unten auf dem Teppich und spielt mit Vicente. Ich glaube ich hätte den kleinen doch lieber meiner Nachbarin geben sollen, so versessen wie Fran auf ihn ist.
"Essen ist fertig" sage ich und stelle es auf den Tisch.
"Kann ich deinen Hund bitte mitnehmen, der ist so niedlich" sagt sie und streichelt ihm nochmal durchs Fell, ehe sie sich zu mir aufs Sofa setzt.
"Der ist meiner, den bekommt niemanden" schmunzle ich.
"Ich hätte niemals gedacht das du Haustiere hast, vor allem nicht so einen süßen Hund"
"Auch ich brauche ab und zu Gesellschaft, da tut ein Hund ganz schön gut"
"Als ob du nicht jeden Abend Gesellschaft haben könntest?"
"Du schätzt mich ja wirklich nicht gut ein. Ich hatte schon lang keine Gesellschaft mehr, bis auf deinen Bruder und dich jetzt, sagt das genug aus?" frage ich etwas gereizt.
"Wieso studierst du Medizin?" wechselt sie einfach wieder das Thema, als ich dabei bin uns aufzufüllen.
"Ich weiß nicht. Als mir mit 7 Jahren die Mandeln entfernt wurden und ich im Krankenhaus war fand ich das faszinierend. Keine Ahnung wieso, aber man sagt ja auch immer Ärzte sind wie Engel, so in ihrem weißen Kittel und sie wollen nur Gutes - also meistens jedenfalls. Ich hab angefangen mich dafür zu interessieren und in der Oberstufe war ich dann total vernarrt in das Thema. Wenns um das Thema Biologie, vor allem der menschliche Körper ging, konnte mir keiner was vormachen. Ich hab auch einige Male die Lehrer korrigiert, was sie zwar nicht so toll fanden, aber ich hatte ja recht. Ich wollte den Menschen schon immer helfen, das hat sich bis jetzt noch nicht geändert" erkläre ich und beginne zu essen. Es schmeckt köstlich, absolut himmlisch.
"Bevor ich dazu was sage, muss ich gestehen das du klasse kochst, es schmeckt wirklich atemberaubend" lobt sie mich mit vollem Mund.
"Dankesehr, ich hab ja gesagt ich kanns"
"Ja das stimmt, aber zurück zu der Sache mit der Medizin. Ich finde es richtig schön das du dich so für etwas begeistern kannst, auch nach all den Jahren"
"Du machst Poledance, doch auch schon lang"
"Ja, aber das werde ich wohl kaum zu meinem Beruf machen"
"Du würdest gut verdienen" necke ich sie.
"Du spinnst wirklich" erwidert sie lachend.
"Ich hab noch immer keine Ahnung was ich machen will, am Ende werde ich einfach nur in einem kleinen Café arbeiten und mir meinen Lebensunterhalt verdienen"
"Wieso gehst du genauso leichtfertig mit deinem Potenzial um wie Fede? Eure Familie ist was das betrifft echt nicht auf dem neuesten Stand. Du bist intelligent Francesca, ich wüsste nicht wieso du nicht studieren gehen sollst? Wenn wir uns über medizinische Dinge unterhalten hast du manchmal genauso viel Ahnung wie ich. Ich wette du könntest dich für jeden Studiengang bewerben und alle würden dich mit Kusshand nehmen"
Sie gibt ein scheues Lächeln von sich und isst weiter.
"Du hast gelogen mit dem Essen" grinst sie dann.
"Was?"
"Du hast nicht selbst gekocht"
"Woher willst du das wissen?"
"Deine Auge zuckt kaum merklich, wenn du lügst. Vorhin hat es gezuckt"
Schaut sie mir so genau in die Augen?
"Na schön, du hast mich erwischt" gebe ich es dann doch zu.
"Wieso hast du gesagt du kannst kochen?"
Da sie eh weiß wenn ich lüge sage ich einfach die Wahrheit.
"Weil ich mehr Zeit mit dir verbringen wollte. Ich wollte dich nicht einfach heimfahren. Ich spreche eben gern mit dir. Ich kann über alles mit dir reden, du weißt immer Bescheid oder kannst immer was dazu sagen. Das klingt komisch, weil wir uns ja eigentlich schon ewig kennen, aber seit Montag sehe ich dich anders. Du bist nicht mehr nur Fedes kleine Schwester. Du bist Francesca - eine zielstrebige,intelligente und stets gut gelaunte junge Frau"
"Oh" sagt sie nur und ihre Wangen färben sich rot.

"Die Wahrheit ist..seit Monaten habe ich keine so tiefgründigen, aber auch gleichzeitig so lockeren Gespräche geführt, wie mit dir"
Weiterhin ohne Worte blickt sie mich an.
"Ich hoffe ich hab dich jetzt nicht irgendwie verschreckt oder sowas, aber du hast angefangen zu fragen"
"Nein, hast du nicht, ich bin einfach nur...verwundert. Ja ich glaube verwundert drückt es am besten aus"
"Wieso das?"
"Weil ich dich in Vier Tagen schon besser kenne, als die ganzen Jahre davor. Ich hab so viel über dich erfahren und ich finde es irgendwie krass, dass ich dich komplett anders eingeschätzt habe, also du eigentlich bist"
"Ich kann mir gut vorstellen wie du mich eingeschätzt hast" lockere ich die Stimmung ein wenig auf.
"Das ist ja aber verständlich. Aber den Diego, den ich jetzt immer mehr und mehr kennenlerne gefällt mir wirklich sehr"

Uhhh, kann man da schon von verhaltenem flirten reden?😏

Ich liebe den Hund von Diego und Clara, der ist so flauschig, ich will den auch. Keine Ahnung, ob es ein Malteser ist, aber für mich sieht er so aus, weswegen ich ihn in der Story als Malteser festlege. Wenns jemand weiß was es ist, dann klärt mich auf, bitte!😂😂😂

Spiel mit dem FeuerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt