Ich liege auf dem Rücken, die Beine seitlich verdreht und den Kopf auf meinen Arm gebettet. Mein Blick ist nach oben gerichtet, ich schaue wie hypnotisiert auf das gedämpfte Licht und die verzerrten Schatten, die über die Decke huschen. Ich bin in diesem Moment unendlich froh darüber, das der Krankheit nur mein rechtes Auge zum Opfer fiel, denn all das nicht zu sehen würde mir wohl schwer fallen. Die Größe des Raumes verbreitet eine erhabene Stimmung. Unter mir, weit entfernt ist die Bühne in Licht getaucht. Obwohl ich sie im Augenblick über das Meer aus leeren Sitzreihen hinweg nicht sehe, weiß ich, dass sie von hier oben aussieht, als wäre sie für Marionetten gemacht und die Schauspieler die Puppen. Das Licht strahlt über und unter den Sitzen hindurch, lässt mich im Dunkeln zwischen den Streifen aus Helligkeit. Die Stimmen der Spieler hallen, mit einem zweiten Echo, so wie ihre Schatten, die, von den vielen Lichtquellen geworfen, in alle Richtungen von ihren Besitzern absplittern und die Unwirklichkeit der Atmosphäre noch verstärken.
Theater.
Das Zusammenspiel aus Licht, Musik und.... ja was? Ich kann nicht sagen, was es ist, dennoch sehe ich es nach jeder gelungenen Vorstellung auf den, vom Bühnenlicht erleuchteten Gesichtern der Zuschauer und nicht nur das, ich spüre es selbst. Auch jetzt, wo ich ungesehen in der hintersten Sitzreihe liege und darüber nach grüble. Die Magie des Schauspiels nenne ich es. Das Gefühl, was einem noch nach dem man den Stimmung's schwangeren Saal verlassen hat und in das grelle Licht der bereits entzündeten Straßenlaternen blickt, im Nacken sitzt. Es weicht erst, wenn man das eigene Haus betritt und der Familie um einen erzählt, was man erlebt hat. Ach nein, was die Darsteller erlebt, nein gezeigt haben. So und nicht anders soll sich einer fühlen, der eines unserer Stücke gesehen hat. Pflege Vitago zu sagen. Er ist unser .... was ist er eigentlich für uns? Bühnenbildner, Schauspieler, Vorbild, der der entscheidet was, wie, wo und wann wir zu spielen haben. Der der entscheidet was richtig ist. Es stellt sich wohl die Frage ob ich ihn leiden kann, das jedoch kann ich beim besten Willen nicht beantworten. Vitago ist mir von klein auf vertraut, gleichauf kann ich nicht sagen was für ein Mensch er ist. Nur eines kann ich sicher über ihn sagen: Er ist Schauspieler mit Leib und Seele. Schauspieler der Perfektion. Sein zerfurchtes Gesicht erinnert an eine Maske, er braucht eigentlich keine Schminke, was er sich trotzdem nicht nehmen lässt. Er schreit sehr viel und ist erbarmungslos, wenn er der Meinung ist, einer von uns spiele nicht gut genug, doch ich muss mich entschuldigen, ich stelle ihn in ein schlechtes Licht. Manchmal verfluche ich ihn, wenn ich mich nachts im Wagen hin und her wälze und mich frage, ob mein Leben nicht auch ohne die Schauspielergruppe in die er mich aufnahm ganz passabel verlaufen wäre. Zweifel.
Nichts was wir uns erlauben könnten. Unsere Überzeugung ist es, die uns in der rauhen Welt der Straßenkünstler am Leben erhält. Sie dürfen wir niemals verlieren.
Niemals.
Die Musik schwappt in mein Bewusstsein und ich fahre auf wie gebissen, springe die Treppe zwischen den Reihen hinunter, denn mein Auftritt naht.
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Das Maskenmädchen
FantasíaACHTUNG: Pausiert! Eine Gruppe von Straßenkünstlern, ein gescheiterter Auftritt, die Macht des Adels und zwischen Vergangenheit und Zukunft ein Mädchen, mit dem Verlangen nach einem Leben ohne Krankheit und Verrat. Sie sagen, dass sich die Seele ei...