Gespräche

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Mein Abend bei Lukas wurde abrupt von einem Anruf von Marcel unterbrochen. Sie seien bereits ohne mich losgefahren, nachdem sie eine halbe Stunde auf mich gewartet hätten. Ich solle mich, sobald wir wieder in Bielefeld wären, mit Ben wegen der Strafzahlung besprechen.
„Verdammt, Tim, wo bist du denn überhaupt?", fragte Marcel nach einigen Minuten.
Mein Blick fiel auf Lukas' erwartungsfrohes Gesicht. „Das kommt jetzt vielleicht komisch, aber... ich... Ich bin bei dieser Frau, ich weiß auch nicht wie, aber wir hatten Sex und jetzt-"
Marcel unterbrach mich lachend. „Dein Ernst? Ich würde dir eher glauben, wenn du mir sagen würdest, du lägest in irgendeiner Gasse und hättest eine Spritze Heroin in deinem Arm stecken." Er kannte mich einfach zu gut.
„Gut, ich... ich erzähle es dir wann anders", murmelte ich betreten.
„Manchmal mache ich mir echt Sorgen um dich", waren Marcels letzte Worte, dann legte er auf.
„Macht der Captain Stress?", wollte Lukas wissen.
Ich schüttelte den Kopf. „Der ist zum Glück mit 'nem Bänderriss bei sich zuhause und weiß noch nicht, was Sache ist. Auch, wenn mich das wohl eine deftige Summe kosten wird."
Seit dem Anruf war die ursprüngliche Atmosphäre verschwunden. Lukas wirkte nervös, und auch meine Gedanken begannen zu rasen. Die ganze Zeit tippte er auf seinem Handy herum und verschwand schließlich, um zu telefonieren.
Als er zurückkam, sah er total aufgelöst aus.
„Du musst sofort gehen." Seine Stimme zitterte.
Verwundert sah ich Lukas an. „Warum? Alter, wir waren verabredet, der scheiß Bus ist schon weg, ich habe kein Auto und kein Geld!"
Lukas schob mich zur Tür und drückte mir meine Sachen in die Hand. „Los. Hau ab."
„Was ist denn wichtiger als - ich?" Bevor ich meine Frage beenden konnte, hatte er schon die Tür vor mir zugeschlagen. Kopfschüttelnd stieg ich die Stufen herab. Im Treppenhaus begegnete mir eine etwas aufreizend gekleidete Blondine.
Ach, daher wehte der Wind. Lukas hat sich irgendeine Spielerfrau angelacht. War ja sein gutes Recht, oder nicht? Aber warum ausgerechnet so eine Bitch? Ich hätte gutes Geld darauf gewettet, dass sie Unterwäschemodel oder Pornodarstellerin war.
Vor dem Haus setzte ich mich erst einmal auf den Bordstein und rief Marcel an.
„Was willst du Idiot jetzt schon wieder?", meldete er sich.
„Ich brauch' 'n Taxi."
„Na, dann hast du dich verwählt."
„Nein, warte. Ich hab' kein Geld dabei. Und Valerie soll davon besser nichts erfahren. Bitte, Marcel!"
Er seufzte. „Okay, schön. Ich hole dich ab, wenn du mir endlich sagst, was los ist mit dir. Schick mir deinen Standort", gab er sich geschlagen.
Als Marcel mich endlich abholte, dachte ich erst, er hätte die Abmachung vergessen. Er stellte keine Fragen, bis wir wieder auf der Autobahn waren.
„So, jetzt sagst du mir hier mal, was heute wichtiger als die Heimfahrt war."
Ich zögerte, im Unklaren darüber, was und wie viel ich ihm erzählen sollte. Er würde es doch sowieso erfahren, richtig?
„Ein... guter Freund von mir wohnt seit ein paar Jahren hier in Dortmund. Wir haben uns lange nicht gesehen, aber ich habe seine Hilfe gebraucht. Und als wir bei ihm waren, haben wir etwas getan, was ich nie für möglich gehalten hatte."
Ich machte eine kurze Pause, was Marcel fast zum Ausrasten brachte. „Alter, mach's doch nicht so spannend, verdammt nochmal!"
„Ich habe mit ihm meinen Heiratsantrag für Valerie geplant."
Marcel lachte. „Ernsthaft? Und das wolltest du mir nicht erzählen?"
Ich zuckte mit den Schultern. „Naja, hatte Angst, dass das irgendwie zu ihr durchsickert."
„Ich sag' ihr schon nix, keine Sorge. Aber echt geil, Mann, freut mich für dich." Er klang wirklich so, als meinte er seine Worte ernst.
„Und, wie willst du den Antrag machen? Beim Essen? Zuhause? Im Stadion?", fragte Marcel enthusiastisch weiter.
„Och, ich dachte vielleicht beim nächsten Testspiel. Nicht im Stadion, aber trotzdem beim Fußball, verstehst du?"
Ich vergaß vollständig, ihn darum zu beten, das Ganze geheim zu halten, was ich wenige Tage später bereuen sollte.

Inkompatibel [definitiv kein Timigatoah AU]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt