[OneShot] Nutzlos.

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*** Achtung Gewaltdarstellung***

Die ganze Wohnung wackelte, die Fenster klirrten und die billigen Neonröhren an der Decke flackerten, als die Straßenbahn zwei Meter neben dem baufälligen Gebäude über die Schienen bretterte.

Amy saß in ihrer kleinen Küche, die Hände kraftlos um eine kalte Tasse Tee geschlossen.
Ein Teller fiel aus dem durchgehangen Regal und zersprang auf den kühlen Küchenfliesen, seine Scherben verteilten sich willkürlich über den Boden, prasselten vereinzelt gegen die Wände, die wenigen Möbel und Amy's nackte Füße, wie die Regentropfen an der Fensterscheibe.

Kaum merklich zuckte ihr schmächtiger Körper zusammen.

Jetzt hatte sie nur noch einen Teller übrig.

Doch eigentlich war das auch irrelevant, sie wusste ja nicht einmal mehr, wann sie zuletzt gegessen hatte. Ihre letzte Kippe jedoch, war ihr noch in Erinnerung.

Heute Morgen auf der Feuertreppe hatte sie diese in tiefen Zügen inhaliert, gehofft der darin enthaltene Teer und all das andere Gift möge sie sofort umbringen, doch noch hatte sie etwas Zeit gehabt.

Ein Fünkchen Hoffnung.

Ihr Atem beschleunigte sich bei dem Gedanken, der Tag neigte sich dem Ende und niemand hatte sie besucht. Niemand hatte sich die Zeit genommen ihr minderwertiges Dasein um einige weitere Tage zu verlängern, die unweigerlich auf ein Ereignis zusteuerten, wie ein Zug auf den Abgrund. Nun war ihre letzte Zigarette geraucht, das Päckchen leer.

Zur Ablenkung nippte sie an ihrer Tasse, nichts schmeckend, die Augen auf die kahle Betonwand neben der Holztür gerichtet, an der nur noch Fetzen von Tapete herabhingen.

Die Sonne war bereits untergegangen und kein Freier hatte ihre Dienste in Anspruch genommen, wie schon seit Wochen nicht mehr.
Doch was war eine Nutte ohne Freier? Eine Wahre, die niemand kaufte?

Nutzlos.

Amy erhob sich, Scherben und herabgefallener Mörtel schnitten in ihre Füße. Bis auf ihren String war sie nackt, wie ihre Wohnung, nachdem sie alles Verkaufbare verscherbelt hatte.

Kein Fetzen Stoff konnte nun mehr ihre wahre Natur verbergen. Ihr Körper war voller Hämatome, die Rippen nur von blasser, grauer Haut umspannt und ihr Bauch eingefallen, wie ihre Wangen. Hinzu kamen zahlreiche andere Verletzungen und Pickel.

Man sah ihr an wofür sie lebte und was ihr gleichzeitig das Leben nahm.

Die Härchen auf ihren Armen richteten sich auf und Amy zitterte gegen die Kälte an, als sie das winzige unbeheizte Bad betrat.

Es gab nicht viel, ein Klo, eine Wanne und ein winziges Waschbecken. Als Spiegel verwendete sie eine große Scherbe, die sie mit einigen anderen Habseligkeiten aus den Mülltonnen, der Bessersituierten gefischt hatte.

Amy steckte den Stöpsel in die Wanne und drehte den Hahn voll auf.

Das heraussprudelnde Wasser war eiskalt, da sie seit Wochen keine Heizkosten mehr gezahlt hatte, und leicht bräunlich, da sie im letzten Loch hauste.

Sie trat zurück zum Waschbecken und nahm ihre spitz zulaufende Spiegelscherbe in die Hand. Ihr Blick blieb an ihren eigenen trüben Augen hängen, leblose Augen, die schon länger tot waren, als ihr Körper an die Drogen gekettet.

Auf dem Weg zurück zur nunmehr  halbvollen Wanne, rutschte Amy fast auf ihren eigenen blutigen Fußabdrücken aus, doch sie schafte es, ohne hinzufallen.

Aus einem überflüssigen Impuls heraus, streifte sie ihre Unterhose ab, bevor sie beide Füße in die bräunliche Flüssigkeit setzte. Ihr Zittern wurde heftiger und die Überreste ihrer faulen Zähne klapperten, doch irgendwie schaffte Amy es, sich in die Badewanne zu legen.

Sucker for CreativityWo Geschichten leben. Entdecke jetzt