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Die Überfahrt war mühsam und erschöpfend. Die Tage streckten sich dahin, schienen sich nach Belieben zu verkürzen und zu verlängern und quälten Padmé mit ihrer Eintönigkeit. 

Zu ihrem Elend kamen morgendliche Übelkeit und Schwermut hinzu. Sie verließ ihre Kabine nur selten und dachte über ihre Entscheidung nach. 

Anakin hatte sie im Streit verlassen. Sie hatte immer wieder an das Gute in ihm appelliert und ihm zugeredet sich bei seinem Mentor, Obi-Wan Kenobi, für sein Verhalten zu entschuldigen. 

Sie wusste, dass der ältere Jedi ihm verzeihen würde, dass vielleicht er Anakin helfen konnte einen Weg zurück aus der aufsteigenden Dunkelheit zu finden. 

Doch Anakin hatte darüber gelacht, hatte ihr gesagt, dass sein Lehrmeister noch früh genug zu ihm kommen würde und um sein Leben betteln würde, um verschont zu bleiben. 

Diese Worte hatten ihr jegliche Illusionen, von ihrem Mann, genommen. Dort stand er und redete vom Tod seines Mentors, seines Bruders - und lachte. 

Zum ersten Mal seit sie Anakin Skywalker kannte, machte sein Lachen sie nicht glücklich. Stattdessen jagte es ihr Angst ein. Dies festigte die Entscheidung, die schon länger unter der Oberfläche ihres Bewusstseins brütete. 

Ich werde ihn verlassen.

Der Gedanke war so klar, dass sie glaubte er müsse ihn gehört haben, doch Anakin hatte sich von ihr abgewandt und die Tür war mit Endgültigkeit zu geglitten. 

Was als Gedanke begonnen hatte, verwandelte sich sehr schnell in eine Idee, die sie nicht mehr los ließ und sie um ihren Schlaf brachte, bis sie ganz sicher war: Sie würde gehen. 

Als sie an diesem Morgen aufgewacht war wurde ihr klar, dass dies der Tag war. Also kleidete sie sich an, ließ sich neue Blumen für ihr Arbeitszimmer bringen, frühstückte, während sie ihre Nachrichten las, beantwortete alle geflissentlich und dann - ging sie. 

Nun kämpfte sie allerdings mit den Gedanken an die Folgen ihres Handelns. 

Was würde er tun, wenn er sie fand? Sie ging stark davon aus, das er sie bereits suchte, dass er wahrscheinlich die ganze Galaxis nach ihr absuchen ließ. 

Was würde passieren, wenn er sie fand? Würde er sie mit nach Coruscant nehmen und sie einsperren? Für den Rest ihrer Tage wie einen kleinen Vogel in einem Zimmer gefangen halten und sie manchmal besuchen? Würde sie die Nächte fürchten und die Decke enger um sich ziehen in der Hoffnung, dass er nicht kam, heute nicht? Würde sie ihr Kind wiedersehen oder würde Anakin es ihr wegnehmen und so aufziehen wie Palpatine es für richtig hielt? 

Zuvor hatte sie ihn nie wütend gemacht und er hatte es ihr mit Zärtlichkeit vergolten, doch was war nun? Sie hatte ihn gegen sich aufgebracht. Wenn er sie fand war es vorbei mit den Kosenamen und Liebesschwüren. 

Würde er sie hassen, weil sie ihm etwas weggenommen hatte das sein war, dass er haben wollte, dass er liebte? 
Diese quälenden Gedanken ließen ihre Übelkeit nie ganz abklingen.

Schließlich verbat sie sich die Gedanken an diese hoffnungslose Zukunft. Wie sonst konnte sie überleben, wenn sie ihrer Gefangennahme gewiss war? Wie sonst sollte sie an ihrer Hoffnung festhalten?

Eine kleine Hoffnung, sicherlich, aber mit jeder Meile, die sie sich von Coruscant entfernte und Naboo entgegeneilte, wuchs und gedieh dieses flüchtigste aller Gefühle, wie das Leben unter ihrem Herzen. 

Sie liefen einen Raumhafen an und blieben einige Stunden, was Padmé Zeit genug ließ, sich einige unauffällige Kleider zu kaufen und ihr eigenes blaues, mit Edelsteinen besticktes Seidenkleid, einer Frau mit drei kleinen Kindern aus Mitleid zu schenken. 

Nach einigen Tagen nahm sie sich vor, zumindest eine Stunde am Tag die beengende, graue Kabine zu verlassen und auf dem Schiff spazieren zu gehen. Der Transporter hatte nichts an Schönheit oder Eleganz zu bieten, wie die Schiffe die sie gewöhnt war. Nur noch mehr graue Flächen und Gänge, doch zumindest nahm dies Padmé ihre unbegründete Angst, die Einzige auf dieser Überfahrt zu sein. 

Jedes Mal wenn sie aufsah, schien sie ein neues einsames Gesicht zu entdecken, mit sicherlich einer ebenso traurigen Geschichte wie ihrer eigenen. Jeder Krieg bestand aus einer Reihe von unaufhaltsamen Ereignissen und sehr vielen traurigen Schicksalen die daraus hervor kamen. 

Sie fragte sich immer wieder, ob sie selbst daran schuld war, dass Anakin sich hatte verführen lassen. Wäre sie stärker gewesen, hätten sie beide nicht nachgegeben, hätte er dann auch der dunklen Seite entsagt?

Hätte es auch anders kommen können?, fragte sie sich bitter. Wie war es dazu gekommen, dass ihre Liebe der dunklen Seite den Weg geebnet hatte? Es war ihr ein Rätsel und sie war schon immer schlecht in Ratespielen gewesen. 

Als Kind war sie unausstehlich gewesen, wenn sie verloren hatte. Padmé dachte an all die Male die sie ein Spiel verloren und dann geschmollt hatte. Irgendwann war sie über diese Phase hinweg gekommen und hatte so lange gespielt bis siegewann, um dann zufrieden aufzuhören. Vielleicht hatte sie diese Eigenschaft dafür prädestiniert Politikerin zu werden. 
Sie erinnerte sich immer noch an den Tag, an dem sie Königin geworden war. An das traurige Gesicht ihrer Mutter, die sich etwas ganz Anderes für sie erhofft hatte. Vielleicht, dass sie früh heiratete, wie sie es getan hatte, Kinder bekam, sich niederließ. 

Doch Padmé hatte sich nie mit der Vorstellung eines solchen Lebens begnügt. Sie wollte mehr. Sie wollte etwas verändern. Ihr Vater hatte diesen Wunsch früh in ihr geweckt, ihr gezeigt, dass esmehr gab. 
Sie erinnerte sich klar an den Moment ihres Lebens, der sie geprägt hatte: Ihr Vater, der ihr die Schönheit ihres Landes zeigte, auf die Berge deutete und die Seen und ihr erklärte, dass dies ihr Land sei, dass sie es niemals vergessen würde. 

"All dies wird dich überdauern und noch Generationen nach dir und mir sein", sagte er und lächelte sie nachdenklich an. "Dein Volk wird an den Seen leben und Fische fangen und von der Ernte leben, die man den Frühling über gesät hat. Was aber noch viel wichtiger ist als das Land, ist dein Volk."

Sein Gesicht war das eines selbstsicheren Mannes, der wusste von was er sprach. 
"Präge dir das ein, Padmé", hatte er gesagt und die Augen gegen die Sonne geschlossen, die ihm in sein Gesicht fiel. „Die Menschen hier leben von diesem Planeten, sie bewundern und lieben ihn. Durch uns ist es. Wir sind das Land. Verstehst du das?“ 

Sie hatte vom Gesicht ihres Vaters auf das Land vor ihr geblickt und mit neuen Augen gesehen. Siewar Naboo. Durch sie und ihr Volk würde es niemals aufhören zu existieren. In diesem Moment fühlte sie sich durchströmt von einer Energie, die sie nicht erklären konnte. Sie spürte den Boden unter ihren Füßen, die Luft auf ihrer Haut und roch den süßen Duft des Wassers vor ihr und den kräftigen Geruch des Waldes hinter ihr. Als sie in das Gesicht ihres Vaters aufsah, um ihm zu sagen, dass sie es verstand lächelte er nur und sie konnte sagen, dass er es bereits wusste. 

Sie hatte diesen Moment nie vergessen. 

Gerade jetzt sehnte sie sich nach der dichten Vegetation Naboos, nach den riesigen spindeldürren Bäumen und den kristallklaren eisig blauen Bächen und Seen. 

Richte deinen Blick darauf, dachte sie liebevoll und legte die Hand auf ihren noch flachen Bauch. 

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