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[And Hansel said to Gretel: Let us drop these bread crumbs so that together we can find our way home. Because losing our way would be the most cruel of things. This year I lost my way]                                                           Lucas Scott. one tree hill

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Manchmal, wenn es mir nicht gut ging und alles zu viel wurde, hatte ich diese Tage, an denen ich mich einfach in mein Bett legte und stundenlang Serien schaute. Proviant wurde neben dem Bett gebunkert und aufgestanden wurde nur, wenn es auch wirklich sein musste und die Blase drückte. Ich liebte diese Tage. Denn für diesen einen Tag setzte ich die Welt auf Pause und versank in meine eigene. Am nächsten Tag führte ich mein Leben wieder normal weiter und sehnte mich nach dem nächsten Tag, an dem es nur meine Serien und mich geben würde.

Diese Tage häuften sich jedoch und daraus wurden Wochen, in denen ich nicht fähig war, das Haus zu verlassen. Denn 2016 wurde nicht mein Jahr, was sich nach nur vier Monaten bereits zeigte.

Anfang Februar wurde ich das erste Mal damit konfrontiert. Es war, als Lexi und ich ein stink normales Einkaufscenter betraten und der Druck auf meiner Brust das erste Mal auftauchte. Wir waren nicht mal fünf Minuten drinnen gewesen und ich konnte nur auf die Menschen achten. Es waren so viele Menschen gewesen, dass es mir den Verstand raubte. Langsam vergrößerte sich der Druck und ich wusste nicht mehr wie, aber ich fand einen Weg aus dem Center. Atmen war nicht mehr möglich, egal, wie sehr ich es versuchte. Ich rang nach Luft, hatte das Gefühl dieser Augenblick würde mein letzter sein, bis es langsam aufhörte.

Denn ich hatte nichts mehr mitbekommen, als wäre ich auf Drogen gewesen. Plötzlich gelang es mir langsam wieder, zu atmen. Doch meine Brust tat so höllisch weh und mein Gesicht war nass. Lexi stand nur neben mir und konnte nicht fassen, was gerade eben geschehen war. Wie denn auch, ich konnte es ja selbst nicht fassen. Als wäre es einer völlig fremden Person passiert.

Später erst konnte ich realisieren, dass es eine Panikattacke gewesen war. Die erste von vielen. Denn die Angst begleitete mich von diesem Moment an überall hin. Es folgten etliche Panikattacken, die mich so auslaugten, dass ich mich dazu entschloss, das Haus nicht mehr zu verlassen.

Meine Mutter bekam relativ spät von allem mit und war der Meinung, mit ein bisschen beten wäre alles erledigt. Aber nicht mal das Gebet half mir. Und ich bete wirklich Tag und Nacht, doch ich schien nicht erhört zu werden. Später ignorierte sie einfach, dass ich nur noch im Haus war und schob es auf eine Phase. Sie regte sich nur auf, dass ich die Universität nicht mehr besuchte, aber wie denn auch? Es war mir nicht mal mehr möglich einen simplen Supermarkt zu betreten.

Anfang März hatte ich gemerkt, dass es in Phasen auftrat. In manchen Phasen schien es unmöglich, die Straße zu betreten und in anderen, selteneren konnte ich halbwegs normale Dinge erledigen, ohne eine Attacke zu erleiden. Es bestimmte meinen Alltag und nach unzählig Nächten und Panikattacken, lernte ich irgendwie, mich daran anzupassen.

Es war mitten in der Nacht, ich wusste nicht, welcher Tag und wollte es ehrlich gesagt auch nicht wissen. Ich lag im Bett, neben mir die Pizza, die ich nicht einmal angerührt hatte und mein Laptop, auf dem ein Film lief, dessen Namen ich nicht kannte. Vorhin hatte ich mir zwar die Pizza in den Ofen geschoben, doch dann auch wieder vergessen und somit war diese völlig verbrannt, was mich irgendwie nicht störte. Wovon er handelte wusste ich auch nicht, denn meine Gedanken waren so viel lauter, als die Stimmen der Schauspieler.

Als es an der Tür klopfte, zuckte ich ein wenig zusammen und begann, nervös zu werden. Meine Mutter war für diese Woche geschäftlich auf Reise und mein Vater würde sich auch nie im Leben die Mühe machen, vorbeizukommen.

"Mach schon auf, T. Ich weiß genau, dass du da bist."

Erleichterung war das erste, was ich spürte, als ich Lexi's Stimme hörte und begann, mich wieder zu entspannen. Schnell öffnete ich ihr die Tür und sie lief auf direktem Wege in mein Zimmer, ohne mir große Beachtung zu schenken. Ihr Blick wanderte von der Pizza zu mir und wieder zurück.

"Du Miststück! Ich wusste, dass du wieder nichts gegessen hast, deshalb hab ich uns auf dem Weg hier her was bestellt", teilte sie mir stolz mit.

"Lex, wer liefert denn überhaupt noch mitten in der Nacht?" Sie sah mich an, als hätte ich ihr gesagt, sie könnte nie wieder Sex haben.

"Wir sind in London, Thea, nicht in der Pampa. Du wirst zu jeder Uhrzeit irgendetwas finden, um zu bestellen." Sie machte eine kurze Pause. "Die Dinge sind dann nicht immer wirklich genießbar, aber das ist dann eine andere Sache."

"Was hat er getan?"

"Woh-", weiter ließ ich sie nicht sprechen.

"Du isst so spät nur noch, wenn du sauer bist. Außerdem wolltest du gerade an deinen Nägeln knabbern, was ja nicht geht, da du sie wahrscheinlich erst gestern machen lassen hast und warst frustriert darüber. Der einzige, der dich momentan so aufregen könnte ist Liam. Also erzähl schon."

Sie atmete tief durch, schob sich eine Strähne aus dem Gesicht und fing an zu erzählen, dass er ihr lediglich gesagt hätte, er fände die Farbe ihrer Nägel nicht schön. Das reichte, um Lexi zum Ausrasten zu bringen. Wahrscheinlich hatte sie ihn daraufhin angekeift, was zu einem riesigen Streit führte. Ich fand es nicht heraus, denn es klingelte bereits an der Tür. Lexi warf mir nur ihr Portmonee zu und flehte, dass ich sie holen ging.

Seufzend warf ich ihr ihre Geldbörse zurück und lief zur Tür. Während ich sie öffnete, kramte ich nach meinem Portmonee. Vielleicht ließ mich die Stimme des Lieferanten deshalb so zusammenzucken. Ich drehte mich zu ihm und brauchte einen Moment um zu verstehen, weshalb er mich so breit angrinste. Mein erster Gedanke war, dass er irgendein Psycho war, erst dann erinnerte ich mich an Silvester. Es war der Typ, der halbnackt auf dem Boden gelegen hatte und dessen Notiz in meiner Tasche gewesen war.

"Hast dich prächtig von Silvester erholt", sagte er amüsiert.

"Und du hast wohl den Wackelpudding aus deinen Haaren entfernt", gab ich zurück und wollte eigentlich nur wieder zurück ins Zimmer. Gespräche mit Leuten zu führen, die ich nicht kannte, gehörte nicht zu meinen Stärken.

"Ich fand ja, dass er meine Augen hervorragend zur Geltung gebracht hat."

"Auf jeden Fall", murmelte ich und wartete noch immer auf die Bestellung, um endlich die Tür schließen zu können.

Er sagte, bei der Rechnung wäre ein kleiner Fehler unterlaufen und kritzelte etwas rauf. Ich achtete nicht drauf und wartete nur, dass er gehen würde. Die Situation war mir mehr als unangenehm, da wahrscheinlich genau so aussah, wie an dem Morgen nach Silvester - nämlich Scheiße.

Als ich ihm das Geld geben wollte, schüttelte er den Kopf. "Geht auf mich." Er zwinkerte und ging einfach, bevor ich darauf bestehen konnte, das Essen selbst zu bezahlen.

Er hatte auf die Rechnung seine Nummer geschrieben und den zu zahlenden Betrag einfach durchgestrichen. Darunter stand nur seine Nummer und sein Name. Alec.

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Hab ne weile mit dem Update gewartet, da ich eigentlich warten wollte, bis ich ein geeignetes Cover hab, da ich den Titel der Geschichte ändern werde. Auch war ich mir lange sehr unsicher, ob ich wirklich auf diese Thematik eingehen soll, aber hab mich im Endeffekt dafür entschlossen, da ich finde sie könnte interessant sein.

Würd mich unheimlich freuen, wenn du mir einfach deine Meinung zu dem Kapitel sagst und was du dir vielleicht fürs nächste wünscht.

Werde sobald die Änderungen vorgenommen wurden, die ich geplant habe, das hier zu meinem Hauptwerk machen.

holy sinner Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt