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"There's a difference between a great love and the right love."
Chuck Bass. Gossip Girl
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Eines der schlimmsten Dinge an der Sache war der Druck auf der Brust. Er war ständig da, weil die Angst ebenso ständig da war. Es fühlte sich an, als würde jemand auf dir sitzen, der mit aller Kraft verhindern will, dass du wieder aufstehen kannst. Und dieser jemand war stark und momentan einfach viel zu machtvoll. Denn es war schrecklich, im Drogeriemarkt mit Lexi zu sein und nur darauf zu warten, nicht mehr atmen zu können.

Sie hatte lange gebraucht, um mich zu überreden und es hatte sie viele Nerven gekostet, doch nun war ich hier und bereute es mit jeder Sekunde, die verstrich. Sorglos sah sie sich bei den Gesichtsmasken um und hatte eine Diskussion mit sich selbst, welche ihrer Haut wohl am meisten bringen würde. Alles, was ich sah, waren die Menschen um mich herum. Und es waren zu viele für meinen Geschmack. Aber ich musste meinen inneren Kampf gewinnen und das ging nur, wenn ich normale Sachen tat.

"Erde an T, ich rede mit dir", sagte sie wiederholt und warf mir einfach eine Maske gegen den Kopf. "Denk nicht über die Menschen nach, sondern darüber was wir noch alles brauchen für unseren Beauty Tag."

Unter Beauty Tag definierte Lexi, sich Fast Food und Süßigkeiten reinzustopfen und so zutun, als wäre es in Ordnung, weil man dabei Gesichtsmasken trug und teilweise Gurken auf den Augen. Weil die Masken ja natürlich alles schädliche aus dem Essen ziehen würde und man dadurch von unreiner Haut verschont blieb.

"Thea."

Ich musste mich nicht umdrehen, um zu wissen, wessen Stimme das war. Diese Stimme würde ich jederzeit unter tausenden erkennen, denn sie hatte einst mein Herz um Welten schneller schlagen lassen. Es war auch die Stimme, die es vor einigen Monaten gebrochen hatte.

Für einen Moment wollte ich so tun, als würde ich ihn nicht kennen, als wäre ich nicht Thea, denn so war es irgendwie. Ich war nicht die Thea, die er kannte. Ich drehte mich zu ihm und war enttäuscht, als absolut nichts mehr spürte.

Nichts an ihm hatte sich verändert, die warmen braunen Augen, das hellbraune Haar und auch die Art, wie er meinen Namen sagte, jedoch hatte sich zwischen uns so viel verändert.

"Emilio", presste ich nur schwer heraus und zwang mich zu einem Lächeln.

Er umarmte mich halbherzig und lächelte dann, wobei ich nicht sehen konnte, ob es echt war. Ihn zu sehen, riss Wunden auf, die noch nicht verheilt waren. Er bemühte sich, Smalltalk zu führen und ich, weiter zu atmen.

Denn in meinem Kopf spielte sich erneut die Szene von unserer Trennung ab. Unsere Beziehung hatte auf andere immer wie ein Traum gewirkt, doch sie hatten ja auch nicht hinter die Fassaden sehen können. Wir stritten uns ständig wegen Kleinigkeiten und passten nicht zueinander. Doch trotzdem hatte ich ihn geliebt, oder mich vielleicht auch nur zu sehr an ihn gewöhnt. Nachdem ich angefangen hatte, regelmäßig unter Panikattacken zu leiden und nicht mehr vor die Tür ging, sagte er, er könne die Beziehung nicht weiter führen. Er brauchte eine Freundin, die er auf seinen Partys zeigen konnte und zu den Geschäftsessen seiner Eltern mitnehmen konnte, mit der Hoffnung, das Unternehmen bald übernehmen zu können.

Auf seine eigene verkorkste Art hatte er mich geliebt, jedenfalls das Mädchen, das ich gewesen bin. Doch sich selbst hatte er viel zu sehr geliebt, um überhaupt sehen zu können, was mit mir geschah. Die Trennung war vier Monate her und nun standen wir uns zum ersten Mal seitdem gegenüber.

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