-1- [Jean's Sicht]

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Domino City - es ist die Stadt, die ich am meisten fürchtete und dennoch meinte es das Schicksal nicht besonders gut mit mir, denn es verschlug mich hierher. Hier, wo sich deine Firma befindet und alle anderen Gebäude mit ihrer Grösse in den Schatten stellt - die Kaiba Corporation. Dieser atemberaubende Wolkenkratzer spiegelt wohl das meiste deiner Seele wieder. Unerreichbar für diejenigen, die dir wirklich näher kommen möchten. Sieht wirklich so das Innere von Seto Kaiba aus?

Auf den ersten Blick kann dieses gläserne kaltwirkende Gebäude jedem dem Atem rauben, der davor steht - so auch mir, jedoch habe ich es mir nicht ausgesucht hierher zu kommen. Wäre mein Herz nicht gewesen, dann wäre ich immer noch im Schutz meiner vier Wände und würde fleißig an meinen Romanen schreiben, die meinen gesamten Lebensinhalt darstellen. Die Idee, die mich hierher geführt hat, nun ja, jeder gesunde Menschenverstand würde sie als total absurd bezeichnen, wenn er von ihr wüsste. Ich habe mir doch tatsächlich eingeredet,  dass der grosse Seto Kaiba soetwas, wie Gefühle besitzt und man diese nur herauskitzeln muss, wenn man sie sehen möchte. Welch ein Blödsinn! Setos Gefühle konnte nur ein Mensch in ihm hervorrufen, wenn es nicht grademal um seine geliebte Firma ging und dieser Mensch war sein jüngerer Bruder Mokuba.  Wie oft habe ich die Berichte überflogen, wo der Eisdrache ihn in kurz gefassten Sätzen erwähnte? Mehr, als genug. Meistens bin ich bei der Suche im Internet sogar vor meinem Laptop eingeschlafen. Wieso hatte ausgerechnet der grösste Eisklotz Domino's bloß mein Interesse so sehr geweckt, dass ich unbedingt als Sekretärin für ihn arbeiten wollte? Von Büchern allein konnte ich immerhin keine monatliche Miete finanzieren, denn dafür war diese zu hoch.

Außerdem setzte ich mir noch ein anderes, viel höheres Ziel, welches jedoch in diesem Moment völlig umsetzbar erschien, je näher ich auf Grossgebäude zusteuerte. Ich wollte Setos eiskalte Saphiraugen zum Lächeln bringen und seine Emotionen wieder erwecken. Dieser Mensch musste meiner Meinung nach nämlich furchtbar einsam sein.

Als ich schließlich durch die riesige Glastür einen meiner zahlreichen Schritte wagte, erschien Setos gesamter Steckbrief vor meinem inneren Auge. Falls diese Informationen aktuell waren, dann stand es gefühlsmäßig nicht besonders gut um den älteren Kaiba.

Mir wurde sogar richtig schlecht bei dem Gedanken, welche seelischen Qualen Seto durch seinen Stiefvater erleiden musste. Nur, weil er Mokubas Traum erfüllen wollte. 

Noch einmal atmete ich tief durch, bevor ich mich an die Informstionsdame wand:,, Guten Tag! Mein Name ist Jean und ich bin wegen der unbesetzten Stelle der Sekretärin hier."

Sofort musterten mich zwei graue Augen, bevor ihr Blick schnurstracks zum Computer weiter wanderte. Ohne moderne Technik lief in dieser Firma scheinbar nicht das geringste, oder täuschte ich mich bloß nur?

,,Sehr wohl. Mr. Kaiba erwartet sie bereits in der Chefetage." Die Stimme passte definitiv nicht zu dieser Frau, die vor mir saß, denn dafür klang sie viel zu monoton.  Färbte am Ende Kaida's Art und Weise auf seine Mitarbeiter so sehr ab, dass sie auch zu gefühlskalten Maschinen wurden, die nichts, als Arbeit in ihrem Leben sahen? Diesem Willen würde ich mich niemals beugen wollen, denn ein Leben ohne jegliche Gefühlsregung konnte und wollte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Ich traute mich auch nicht mehr zu fragen, wo sich diese besagte Chefetage befand, denn dieser emotionslosen Stimme wollte ich keinen Augenblick länger unnötig mein Gehör schenken.

Somit blieb mir wohl nichts anders übrig, als sie auf eigene Faust zu suchen, was sich allerdings als sehr leichtes Unterfangen herausstellte, denn wie in den meisten grossen Firmen war auch hier alles ausgeschildert. Seto Kaiba hatte wohl einmal für die Menschen mitgedacht unter die er sich freiwillig niemals mischen würde - nämlich die normalen Bürger von Domino.  Die würden sich ohne Wegbeschreibung ganz leicht in diesem Irrgarten aus Etagen verirren. Selbst mir fiel es mit Wegweiser schwer genug den Aufzug zu finden, der mich ins 11. Stockwerk befördern sollte, wo sich das Büro meines zukünftigen Chefs befand. Vorausgesetzt meine Qualifikationen waren gut genug für ihn. Seufzend ging ich nochmal meine Bewerbungsunterlagen durch. Mein Jurastudium hatte ich mit 1.0 Notendurchschnitt abgeschlossen, daran würde es also nicht scheitern. Mein Bewerbungsfoto war auch nicht schlecht getroffen. Es zeigte mich, wie ich nun mal war, wenn man mich fotografierte. Braune Augen starrten in die Kamera und ein zartes Lächeln zeichnete meine Lippen. Einige Stränen, die ich nicht unter Kontrolle bekam, fielen mir auf diesem Bild in mein Gesicht. Ansonsten hielt sich dieses Foto an die Richtlinien, die für eine Bewerbung vorgesehen waren - somit war ich schonmal auf der sicheren Seite, was das anging.

Blaue SaphireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt